Oberstufe: Differential- und Integralrechnung |
Oberstufenskript Differential- und Integralrechnung für Grund- und Leistungskurse von Jürgen Rohde |
zurück zum INHALT |
10. Eigenschaften L-stetiger Funktionen
Man vergegenwärtige sich noch einmal die lokale und globale Definition der L-Stetigkeit von Funktionen und wiederhole elementare Eigenschaften L-stetiger Funktionen. (siehe Definitionen in 9.2)
Weil die Sekanten-Steigungen L-stetiger Funktionen beschränkt sind, ist der folgende Satz plausibel:
Satz 1 | Wenn f über [ a | b ] L-stetig, so auch beschränkt. |
---|
| f (x) - f (a) | L · | x - a | L · ( b - a )
ist. Hieraus folgt
f (a) - L ( b - a ) f (x) f (a) + L ( b - a )
womit der Beweis fertig ist, denn links und rechts stehen feste Zahlen (Konstante).
Es wird hier der angekündigte Beweis von Satz 1 in 9.2 nachgeholt.
Satz 2 | Wenn f L-differenzierbar in [ a | b ] , so auch L-stetig. |
---|
Beweis: | Nach Voraussetzung gibt es eine Konstante K ,
so dass für alle x und x0 aus [ a | b ] gilt:
| f (x) - f (x0) - f ' (x0) · ( x - x0 ) | K · ( x - x0 )² Nach der Dreiecksungleichung folgt ( vergleiche Satz 11 in 1.2 ) | f (x) - f (x0) | - | f ' (x0) | · | x - x0 | K · | x - x0 |² und weiter | f (x) - f (x0) | [ | f ' (x0) | + K · | x - x0 | ] · | x - x0 | und | f (x) - f (x0) | | Sf ' + K · ( b - a ) | · | x - x0 | , wobei Sf ' eine Schranke für | f ' | ist, welche nach dem folgenden Satz 3 existiert. |
Satz 3 | Wenn die Funktion f L-differenzierbar ist in [ a | b ] , dann ist die Ableitungsfunktion f ' in [ a | b ] L-stetig. |
---|
Beweis: | Für je zwei Zahlen u, v aus I
gilt nach Voraussetzung für ein K > 0
f ' (u) · ( v - u ) = f (v) - f (u) - R1 (u,v) mit | R1 | K ( v - u )² und f ' (v) · ( u - v ) = f (u) - f (v) - R2 (u,v) mit | R2 | K ( u - v )² . Durch Addition der Gleichungen erhält man [ f ' (u) - f ' (v) ] · ( v - u ) = - ( R1 + R2 ) und hieraus | f ' (u) - f ' (v) | 2 K · | u - v | für u v . Da die Ungleichung für u = v ohnehin richtig ist, ist damit die L-Stetigkeit von f ' bewiesen. |
Bemerkung: | Aus Satz 3 folgt natürlich: Wenn f ' existiert, dann ist f ' auch beschränkt. ( Vergleiche Satz 2 ) |
L-Stetigkeit verhindert, dass Funktionskurven Sprünge haben.
Daher ist zu vermuten, dass der Wertbereich einer L-stetigen Funktion lückenlos ist,
wenn es der Definitionsbereich ist.
Etwas genauer: Jeder Zwischenwert zwischen f (a) und f (b) ist auch Funktionswert
über [ a | b ] .
Es werde in der folgenden Form bewiesen:
Satz 4 | ( Nullstellensatz ) | |
---|---|---|
Die Funktion sei in [ a | b ] L-stetig
und f (a) · f (b) < 0 .
Dann gibt es eine Stelle z ] a | b [ mit f (z) = 0 . |
Beweis | Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei f (a) < 0 und f (b) > 0 . | ||
Fig. 1 | Fig. 2 | Fig. 3 | |
m sei die Mitte von [ a | b ] , also m = ½( a + b ) .
Wenn f (m) = 0 , ist m Nullstelle und der Beweis fertig. Wenn f (m) > 0 , betrachten wir das Intervall [ a | m ] . (Fig. 1) Wenn f (m) < 0 , betrachten wir das Intervall [ m | b ] . (Fig. 2) Dieses Verfahren setzen wir fort. Entweder findet man nach endlich vielen Schritten zufällig eine Nullstelle, oder man erhält eine unendliche Folge ineinandergeschachtelter Intervalle, deren Länge ( b - a ) / 2n-1 beliebig klein wird. Nach dem Axiom der Intervallschachtelung gibt es genau eine reelle Zahl z , die in allen Intervallen enthalten ist. Es ist noch zu zeigen, dass f (z) = 0 ist. Dazu erinnere man sich daran, dass die Intervalle der Schachtelung so ausgewählt wurden, dass der Funktionswert am linken Intervallende negativ, am rechten positiv ist. Wäre nun f (z) > 0 , so gäbe es wegen der L-Stetigkeit von f eine Umgebung U (z) , worüber f (x) > 0 ist. Weil aber die Länge der Intervalle der Schachtelung beliebig klein wird, gibt es ein Intervall [ an | bn ] der Schachtelung, welches (mit allen folgenden Intervallen) ganz in U (z) liegt. Dann ist aber f (an) < 0 nach Kontruktion im Widerspruch zu f (x) < 0 in ganz U (z) . Ebenso widerlegt man f (z) < 0 |
Satz 5 | Zwischenwertsatz | |
---|---|---|
Die Funktion f sei über [ a | b ] L-stetig
und Y eine Zahl zwischen f (a) und f (b) .
Dann gibt es eine Zahl Z mit f (Z) = Y . |
Beweis von Satz 5 siehe Aufgabe 9.
weiter zu
11. Mittelwertsätze