netSCHOOL - Die Laborschule Bielefeld
  netSCHOOL    
Eine neue Schule für alle
 

... mehr ...
30 Jahre Laborschule
Warum ist die Laborschule anders?
Pädagogische Leitlinien
Andere Vorstellung von Integration
Eine Vorstellung, Lernen ≠ Lernen


 

Hartmut von Hentig

Die Laborschule Bielefeld

Der Gründer der Laborschule und des benachbarten Oberstufen-Kollegs ist Hartmut von Hentig. Als er 1970 an die neu gegründete Universität Bielefeld berufen wurde, brachte er den Plan mit, zwei Schulen auf deren Gelände zu errichten. Sie sollten eng mit der Universität verbunden sein.

Folgende Ziele waren mit der Gründung einer Laborschule verbunden und bestimmen bis heute ihr Programm:

 

Angstfrei
lernen

In der Laborschule Bielefeld macht Schülern der Unterricht Spaß

Schüler, die gerne zur Schule gehen, die gerne lernen, die freiwillig den ganzen Tag an der Schule bleiben - das ist kein Witz. Das gibt es sogar in Deutschland, um genau zu sein, in Bielefeld. Laborschule nennt sich die wundersame Einrichtung und ist ein Experimentierfeld für Erziehungswissenschaftler der ansässigen Universität.

"Mir macht die Schule sehr viel Spaß. Wir haben auch sehr nette Lehrer, und wir haben auch ganz guten Unterricht", meint eine der Schülerinnen, die zu den Versuchskaninchen des Experiments gehört. Die Laborschule hat verwirklicht, was manche Bildungspolitiker seit der Pisa-Schlappe gerne an allen Schulen einführen würden: Sie ist eine Ganztagsschule mit mehr gemeinsamer Zeit - nicht nur für das Lernen, sondern auch für das Waffelbacken in der Pause. Der Unterricht beginnt später, um 8.30 Uhr. Die Laborschule sortiert die Kinder nicht nach Leistungen - die Guten aufs Gymnasium, die Schlechten auf die Hauptschule. Denn das dreigliedrige Schulsystem gibt es hier nicht. Und das aus gutem Grund, wie der wissenschaftliche Leiter, Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann, versichert: "Das ist deshalb gut und richtig, weil sich in solchen gemischten Gruppen die Schüler wechselseitig befruchten können. Sie fördern und helfen sich gegenseitig. Insbesondere schwache Schüler profitieren so mehr, als wenn wir sie mit anderen schwachen Schülern zusammen packen würden."
 

Migrantenkinder erwünscht

Wissenschaftlicher Leiter der Laborschule, Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann

Die Laborschule beginnt in der Vorschule und geht bis zur zehnten Klasse. Es gibt vier Stufen: Nullte, erste und zweite Klasse lernen zusammen, Dritt- mit Viertklässlern, fünfte, sechste und siebte Klasse sowie achte, neunte und zehnte Klasse bilden jeweils eine Jahrgangsstufe. Eigentlich sollen die Kinder der Zusammensetzung von Bielefelds Bevölkerung entsprechen. Doch dazu fehlt es noch mehr an Kindern aus bildungsfernen Milieus. "Wir kriegen es nicht hin, weil die Schule für linksliberale Eltern sehr attraktiv ist, für Leute, die hier an der Uni arbeiten", erläutert Tillmann. "Den Anteil an Arbeiter- und Migrantenkindern bekommen wir nicht hin. Das ist nicht unser Wunsch, aber das ist das Schicksal aller Reformschulen, dass sie bestimmte Leute anziehen, während sie anderen eher fremd bleiben."

 

Keine Hausaufgaben, keine Zensuren

Die zentralen Themen der Regelschulen existieren hier nicht: Es gibt keine Hausaufgaben, denn in der Ganztagsschule bleibt genug Zeit, um Wissen zu vertiefen. Eine Schulstunde dauert 60 Minuten statt 45, Pausen 30 bis 60 Minuten - Kuscheln mit den Tieren ist ein Pausen-Event. Es gibt kein Sitzenbleiben, keine Zensuren. Schulrektorin Prof. Dr. Susanne Thurn zählt die Vorteile ihrer Einrichtung auf: "Man lernt gerne, wenn man angstfrei lernt, und es ist besser, wenn man für sich selber lernt. Das ist mit einer ganz anderen Einstellung verbunden. Wenn man nur für den nächsten Test lernt und den Sinn dahinter nicht erkennen kann, dann ist es schwer, die Freude am Lernen zu erhalten."

Der Erfolg dieses Systems zeigt sich im Pisa-Test. Die Laborschüler lesen genauso gut und verstehen so viel von Naturwissenschaften wie ihre Kollegen an deutschen Regelschulen. Nur in der Mathematik haben sie schlechter abgeschnitten. Nun ist die Wissenschaft gefordert. Jeder Lehrer hat eine Aus-Zeit für Forschung - also auch um den Mathematikunterricht neu zu erfinden. "Wir haben festgestellt, dass die Jungen in der Pubertät höhere Leistungseinbrüche haben, und forschen nach, ob das an den Inhalten oder dem Arrangement dieser Schule liegt. Wir erproben alternative Konzepte", sagt Tillmann.

Flexibles Schulsystem

Praktisches Lernen gehört auch dazu

Die enge Verzahnung von Uni und Laborschule - beide auf dem gleichen Campus angesiedelt - bedeutet gegenseitige Befruchtung. So entstehen neue Schulkonzepte für eine sich ständig wandelnde Gesellschaft. Die Schule ist flexibel und reagiert auf Veränderungen. Die Laborschüler sind zwar Versuchskaninchen, doch nur die Ideen, die im Projekt ausgetestet sind, werden für alle eingeführt. Die Laborschule endet nach der zehnten Klasse. Wer Abitur machen will, muss an eine weiterführende Schule wechseln, die er zuvor in einem Praktikum kennenlernt. Schulsprecherin Jana Holz hat das schon hinter sich und schildert ihren Eindruck: "Auf mich wirkte es sehr schulisch. Die Schüler bekommen von den Lehrern Aufgaben, machen sie dann, bekommen neue Aufgaben, machen sie dann auch, aber es wird, so wie ich das wahrgenommen habe, nicht sehr viel darauf eingegangen, was sie da eigentlich tun."

Laut Pisa sind 40 Prozent der 15-Jährigen bereits einmal in ihrem Leben schulisch gescheitert: Später eingeschult, sitzengeblieben, vom Gymnasium auf die Realschule geschickt worden. Die Selektion sorgt für Frust. Trotzdem gilt das Gymnasium immer noch als Kaderschmiede. Tillmann äußert sich kritisch zu dieser Verfahrensweise: "Auf das Gymnasium sollen nur die Besten und mein Kind - so nach dem Motto. Alle anderen sollen möglichst draußen bleiben, damit die Lernbedingungen für diese Kinder angeblich besser werden. Dies alles zusammen genommen ist die ideologische Unterfütterung des gegliederten Schulsystems, und die ist politisch so vehement, dass sie bisher nicht wegzukriegen war. Und das, obwohl die pädagogischen Argumente immer auf der anderen Seite gestanden haben."

Mut zum Lernen

Laborschulrektorin Susanne Thurn

In Deutschland ist das Vertrauen in die Schüler geschwächt. Lernen aus Angst vor dem Abstieg scheint der größte Leistungsanreiz zu sein. Laborschüler kennen dieses Gefühl nicht. Sie haben genügend Selbstvertrauen, auch später nach Herausforderungen zu suchen. Eine Tatsache, auf die Thurn als Schulleiterin besonders stolz ist: "Auch unsere Abgängerstudien zeigen als ein ganz wesentliches Merkmal, dass unsere Schüler nach Beendigung ihrer Schulzeit bei uns auch sehr viel Mut haben, weiter zu lernen, die sagen, 'lernen macht mir Spaß, ich möchte weiterlernen'."

Keine Sortierung von starken und schwachen Schülern, mehr Lernzeit in Ganztagsschulen - das schafft eine gute Lernsituation, wie sie die Pisa-Sieger in Skandinavien schon lange haben. Ein Umbau des deutschen Schulsystems ist überfällig.

 

 Eine neue Schule für alle

 

30 Jahre Bielefelder Laborschule 

 

oben home Inhalt:   Werner Plack web design:   hp maly 2007 zurück