Denken, Lernen, Selbstlernen | |||
Als Schaltzentrale unseres Körpers, als Ort unseres Bewusstseins und als Versteck unseres Unterbewusstseins und unserer Gefühle, kurz, als Zentrum von Körper, Geist und Seele empfinden und kennen wir unser Gehirn. Nur: "kennen" ist wohl schon zuviel gesagt, denn wir kennen es nicht wirklich. Wir können es auch nicht wirklich kennen, weil es tatsächlich viel zu kompliziert und komplex, also äußerst schwer zu verstehen und zu vielschichtig aufgebaut ist und funktioniert. Tausende von Wissenschaftlern in aller Welt forschen heute, um uns immer besser verstehen zu lassen, wie das menschliche Gehirn arbeitet, was es alles kann und von welchen Bedingungen das alles abhängt. Sie werden noch lange forschen müssen, bis die meisten Rätsel entschlüsselt werden können, wahrscheinlich werden immer einige Geheimnisse erhalten bleiben.
Wir wissen aber natürlich schon heute sehr viel, was uns vor allem als Schüler und Lehrer sehr interessiert, weil es uns helfen kann unser Lernen und Lehren zu verstehen und zu verbessern.
Wenn wir uns den äußeren Aufbau des Gehirns ansehen, erkennen wir seine wallnussartige zweigeteilte Form und viele Furchen und Windungen, die die Oberfläche des Gehirns auf ca. 2,5 m2 vergrößern. | ||
In jeder Hälfte (Hemisphere) gibt es sogenannte Lappen, die nach ihrer Lage zu den Schädelknochen als Stirnlappen, Scheitellappen, Schläfenlappen und Hinterhauptslappen bezeichnet werden. | ||
Die Rindenfelder des Großhirns sind je nach Lage für unterschiedliche Funktionen verantwortlich. In der linken Gerhirnhälfte sind dies: (1) Bewegungen des Rumpfes und der Beine, (2) Bewegungen der Arme und Hände, (3) Bewegung des Kopfes, (4) Sprechen, (5) Hören, (6) Tasten, (7) Lesen, (8) Sehen und (9) Schreiben. |
Die 2,5 m2 große Oberfläche des Großhirns, die Hirnrinde (Kortex) ist nur wenige Millimeter dick und wird von unseren "grauen Zellen" gebildet, die zu vielen verschiedenen Zentren für Denken, Fühlen, Sehen, Hören, Erinnern und so weiter zusammengefasst sind. Eine "Gehirnlandkarte" gibt uns Informationen über die Aufgabenteilung in unserem Gehirn. Sie gibt uns Anhaltspunkte dafür, dass eine Spezialisierung innerhalb des Gehirns stattgefunden hat.
Links auf dem Bild erkennt man die Aufgabenfelder des Gehirns, rechts wird gezeigt, dass der Hörsinn zwar ein Zentrum hat, aber auch in 11 weiteren Hirnbereichen vorhanden ist!
Entscheidend für das Funktionieren unseres Gehirns ist jedoch nicht die Schwerpunktbildung für bestimmte Fähigkeiten in bestimmten Teilen des Gehirns, sondern die Fähigkeit des Gehirns viele Gehirnabschnitte zeitlich parallel miteinander zu vernetzen und gleichzeitig verschiedene Informationsspeicher und -filter (Ultra-Kurzzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis mit Bewertung nach sachlicher und gefühlsmäßiger Bedeutung aufgrund unserer Erfahrung) zu benutzen.
Wenn man sich vorstellt, dass unser Gehirn ca. 14 - 15 Milliarden Gehirnzellen (Neuronen) besitzt, von denen jede einzelne 1000 bis 10.000 Kontaktstellen (Synapsen) mit anderen Neuronen hat und das über diese ca. 100 Billionen Synapsen, die beliebig kombiniert werden können, ständig auf elektrischem und elektro-chemischen Weg über Botenstoffe (Neutransmitter) Signale ausgetauscht werden, dann kann man eigentlich nur noch ahnen, zu welchen Leistungen unser Gehirn fähig ist. Die ungeheueren Vernetzungsmöglichkeiten übersteigen unser Vorstellungsvermögen!
Der Vergleich mit einem Computer drängt sich einerseits zwar
auf, muss aber später entscheidend eingeschränkt werden. Riesige Datenmengen
muss und kann das Gehirn aufnehmen und verarbeiten. Beim Hören nehmen wir
(auditiv) beispielsweise pro Sekunde ca. 1 Million Bit auf und unterscheiden
dabei Töne, Klänge, Geräusche, sprachliche Äußerungen, Nuancen in Stimmen usw.
Die Größenordnung dieser Informationsmenge wird deutlich, wenn man weiß, dass
ca. 15.000 Bit einer Schreibmaschinenseite entsprechen.
Um ein Vielfaches größer wird die Datenmenge beim Sehen. 50 Milliarden Bit
können pro Sekunde über die Augen (visuell) wahrgenommen werden.
Die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme
nimmt aber ab, je tiefer die Information im Langzeitgedächtnis gespeichert wird.
10 bis 20 Sekunden, dabei teilweise nur Bruchteile von Sekunden, werden mit ca. 180 - 200 Bit pro Sekunde
im Ultrakurzzeitgedächtnis gespeichert. Ins Kurzzeitgedächtnis weitergeleitet oder ganz oder teilweise durch neue
Daten gelöscht wird nach einer Bewertung der Informationen 0,5 - 0,7 Bit pro
Sekunde für Stunden oder Tage eine Menge von ca. 1000 - 10000 Bit. Nach einer
weiteren Bewertung der Daten werden mit 0,05 Bit pro Sekunde ca. 1 Billion Daten
für Jahre im Langzeitgedächtnis gespeichert. Die Zwischenablage und der Lese- und Arbeitsspeicher (RAM)
müssen eine hohe Kapazität und Schnelligkeit haben, da wir ja ständig mit
unseren 5 Sinnen Kontakt zur Außenwelt haben und alle Informationen
gleichzeitig aufgenommen und verarbeitet oder nicht verarbeitet werden müssen,
bevor sie als Informationsnetz auf unserer Gehirn-Hardware, der Festplatte, im Langzeitgedächtnis
gespeichert werden.
Zusätzlich ist der Mensch das einzige Lebewesen, dessen Gehirn-Software, nämlich seine Vernetzungstechnik, auch externe Datenträger wie zum Beispiel Bücher, Radio, TV und Informationen anderer Menschen in sein Datennetz einbeziehen kann. Dieses zusätzliche "externe Gedächtnis" bietet heute im Zeichen des Internet - und auch zum Beispiel durch netSCHOOL - weitere Möglichkeiten Informationen zu bekommen und zu nutzen.
Der Vergleich unseres Gehirns mit einem Computer ist zwar
interessant, er muss aber eindeutig zu Gunsten unseres Gehirns ausgehen,
da der Computer als Maschine nur nach vorgegebenen Programmschemata arbeiten
kann, der Mensch mit seinem Gehirn jedoch kreativ (gestalterisch) denken, abstrahieren (von Beispielen
Allgemeines ableiten) und nach Fakten, Gefühlen und Erfahrungen bewerten und entscheiden kann, wie er mit
allen Informationen umgehen will.
(Vergleiche dazu: künstliche Intelligenz;
D.L.Schacter "Wir sind Erinnerung"; H. Ehlers,
"Lernen statt Pauken")
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