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Laborschule Bielefeld

 

 

 

 

Was jetzt auf dem Stundenplan steht
Warum Fünfer eine schwere Wahl treffen müssen
Wie Kinder zu „Forschern“ werden können
Wie die ersten Schritte in die „große Welt“ aussehen
Was sie von dieser Stufe mitnehmen

Stufe für Stufe – III

Zwei Kinder auf dem Weg durch die Schule

Die Grenzen zwischen den Stufen II und III sind, wie im vorigen Abschnitt beschrieben, fließend geworden. Die „Fünfer“ nehmen das Betreten einer neuen Stufe nicht als einschneidendes Erlebnis wahr. Sie bleiben ja in ihrer vertrauten Gruppe. Zugleich beginnt für sie viel Neues.

Der Schulalltag und der Unterricht

Äußerlich ändert sich der Tagesablauf für Ronja und Harry nicht: Der Unterrichtsbeginn, die Dauer der Stunden, die Pausen, der Nachmittag - das alles ist ihnen vertraut.

Auf Ronjas Stundenplan aber stehen jetzt andere Bezeichnungen, die der Erfahrungsbereiche. Sie wurden bereits vorgestellt. Da die ausführlichen Bezeichnungen zu lang sind, haben sich in der Alltagssprache Kürzel eingebürgert:

Sowi   Sozialwissenschaft - Umgang von Menschen mit Menschen
Nawi Naturwissenschaft - Umgang mit Sachen: beobachtend, messend, experimentierend
WuG Wahrnehmen und Gestalten - Umgang mit Sachen: erfindend, gestaltend, spielend
Sport Körpererziehung, Sport und Spiel

Weiterhin stehen auf dem Stundenplan Deutsch, Englisch und Mathematik. Neu sind zwei eingetragene Stunden, die vorher keine festgelegten Zeiten hatten: Betreuung (immer am Montag in der 1. Stunde) und Eigenarbeit. Neu ist auch die Bezeichnung WGK für „Wahlgrundkurs“. Davon wird gleich die Rede sein.

So sieht ein Stundenplan im Jahrgang 6 beispielsweise aus:

ZeitMontagDienstagMittwochDonnerstagFreitag
1BetreuungDeutsch/SowiMatheWGK 2Deutsch/Sowi
2Mathe NawiEnglischDeutsch/SowiNawi
 
3WuGEnglischSportEnglischWGK 1
4WuGWGK 2WGK 1SportSport
 
5Nawi Deutsch/SowiEigenarbeitMathe
6WGK 2 Deutsch/SowiWGK 1 

Zu den großen Veränderungen, die die Kinder im 5. Schuljahr erleben, gehört der Beginn des Wahlunterrichts. Er ist an der Laborschule von zentraler Bedeutung. Er tritt an die Stelle der sonst üblichen Differenzierung der Kinder nach Leistungen. Die Laborschule vermeidet es konsequent, Kinder auf diese Weise zu „sortieren“. Statt dessen werden die Angebote differenziert. So ist es möglich, dass alle Kinder geeignete Angebote finden und sich nach und nach ein eigenes Leistungsprofil aufbauen können.

In der Stufe III sind dafür zwei Kurse vorgesehen, die Wahlgrundkurse. Sie liegen in zwei verschiedenen Bändern. Jedes Kind wählt also zwei solcher Kurse. Sie dauern ein Jahr. Insgesamt kann ein Kind also in den drei Jahren der Stufe III sechs verschiedene Kurse wählen. Damit die Auswahl möglichst groß sein kann, werden diese Kurse für die ganze Stufe (Jahrgang 5, 6 und 7) angeboten. Mit anderen Worten: Im Wahlbereich wird die Jahrgangsmischung fortgeführt.

Nun müssen die „Fünfer“ also zwei Entscheidungen treffen. Dazu gehört auch die Wahl einer zweiten Fremdsprache. Französisch und Latein gehören zu den Kursangeboten. Wer sich dafür entscheidet, legt sich vorher fest und hat dann also nur noch eine weitere Wahl. Kinder, die nicht Französisch oder Latein lernen möchten, entscheiden sich für zwei andere Angebote. Für Harry und Ronja gibt es jetzt also eine reiche Auswahl an Kursen. Sie sieht beispielsweise so aus:

Für die „Fünfer“, die das System noch nicht kennen, ist so ein Angebot nicht nur verlockend, sondern am Anfang auch verwirrend. Darum werden sie ausführlich über alle Kurse informiert, mündlich und schriftlich. Natürlich wird die Wahl intensiv mit den Eltern beraten.

Besonders gilt das für die Frage der Wahl einer zweiten Fremdsprache. Soll Harry Latein wählen? Viele seiner Freunde tun es und raten ihm zu. Er selbst ist unsicher. Für Ronja ist die Sache klar: Sie will jetzt noch keine zweite Fremdsprache lernen. Vielleicht später.

Die Latein- und Französischkurse gehen bis zum Jahrgang 10. Man kann natürlich vorher „aussteigen“, aber dann gilt der Kurs nicht als abgeschlossen. Ausführlichere Informationen zu diesem Thema werden den Eltern jährlich mitgeteilt. An dieser Stelle nur noch ein wichtiger Hinweis: Wenn Ihr Kind später Abitur machen soll, muss es spätestens in der Oberstufe (Sek. II) eine zweite Fremdsprache lernen.

Das kann also auch in einer dreijährigen Oberstufe geschehen. Mit anderen Worten: Auch wenn Ihr Kind an der Laborschule keine zweite Fremdsprache lernt, kann es später Abitur machen. Es kann eine vernünftige und gute Entscheidung sein, dass es hier eine Fremdsprache wirklich gründlich und gut lernt (Englisch vom 3. bis zum 10. Schuljahr) und sich nicht mit einer weiteren belastet oder erst später damit beginnt. Ab Jg. 8 wird Spanisch angeboten. Alle Schülerinnen und Schüler können also ein individuelles Fremsprachenprofil aufbauen. Darum ist es wichtig, für das 5. Schuljahr so zu entscheiden, wie es den Fähigkeiten und der Lernentwicklung Ihres Kindes entspricht.

Angenommen, Harry und Ronja haben ihre Wahl getroffen und gewöhnen sich nun an den Wahlunterricht im 5. Schuljahr. Dazu gehört, dass sie mit neuen Kindern und Erwachsenen zu tun haben. Die Mitglieder der Wahlgrundkurs-Gruppen kommen ja meist aus drei verschiedenen Jahrgängen, also bis zu neun verschiedenen Stammgruppen. Harry hat sich nach vielem Hin und Her für Latein und Technik entschieden, Ronja für Musik und Computer. Nicht nur in diesen Kursen haben sie neue Lehrerinnen und Lehrer, sondern im 6. Schuljahr auch im Unterricht ihrer Stammgruppe. Denn jetzt ist der Lernstoff ja nach Erfahrungsbereichen gegliedert, wird also mehr und mehr von Fachlehrerinnen und -lehrern erteilt.

Jahresunterrichtsplan
Jahresunterrichtsplan für ein 7. Schuljahr

Auch in der Stufe III arbeiten die Kinder oft über längere Zeit an größeren Themen, wie sie es in der Stufe II kennen gelernt haben. Vor Beginn des Schuljahrs planen die Lehrerinnen und Lehrer gemeinsam das Jahr. Zuerst werden besondere Erlebnisse und Ereignisse in den Jahresplan eingetragen: die Reise, die Schulprojektwoche, vielleicht eine Theateraufführung, Feste und Veranstaltungen. Dann werden die größeren Themen und Unterrichtseinheiten mit ihren Fachanteilen festgelegt, wie im nebenstehenden Jahresunterrichtsplan zu sehen ist, und erst zum Schluss die fachbezogenen Inhalte auf die verbleibende Zeit verteilt.

Dabei arbeiten einige Erfahrungsbereiche sehr eng zusammen. Das gilt vor allem für Sozialwissenschaft und Deutsch und ebenso für Naturwissenschaft und Mathematik. Deutsch und Mathematik sollen nicht bloß in isolierten Fachstunden unterrichtet werden, sondern im Zusammenhang mit den Sachen, für die sie wichtig sind. Eigentlich müsste also jeder Unterricht zugleich auch Deutsch- und Mathematikunterricht sein. Im Alltag funktioniert das nicht immer gut. Sehr bewährt hat sich aber die enge Verbindung von Sozialwissenschaft und Deutsch. Der Unterricht liegt deshalb meistens in einer Hand, und für Mathematik und Naturwissenschaft wird das ebenso angestrebt.

Ein Beispiel. Auf dem Plan steht eine Geografie-Einheit: Orientierung in Deutschland und Europa, also ein Sowi-Thema. Die Kinder lernen, mit dem Atlas umzugehen, und erwerben viele fachliche Grundkenntnisse. Das Thema soll zugleich, wie jeder Unterricht an der Laborschule, viel mit Anschauung und eigener Tätigkeit zu tun haben. Beispielsweise schreiben die Kinder Reisebilder: Sie wählen sich ein Reiseziel, suchen den Weg dorthin und alle wichtigen Informationen aus dem Atlas und aus Fachbüchern heraus und beschreiben dann, wie ihre gedachte Reise verläuft. Ronja will Alaska kennen lernen, wo eines ihrer Lieblingsbücher „Julie von den Wölfen“ spielt. Harry fährt auf den Spuren von Charles Darwin zu den Osterinseln. Diese „Reisebilder“ werden später ausgestellt oder zu einem Buch zusammengefügt. So kann aus „trockener“ Information aktive Aneignung werden. Oder: Die Kinder denken sich Geografie-Spiele aus, in denen möglichst viel Wissen vorkommt. Natürlich sollen die Spiele auch spannend sein und schön aussehen. Und sie brauchen eine gut verständliche und möglichst pfiffige Spielanleitung. Jetzt ist die Phantasie und Kreativität der Gruppen gefragt. Am Ende sollen die Spiele öffentlich präsentiert werden, und eine Jury verteilt Preise.

Dass das Ganze etwas mit Deutsch zu tun hat, ist den Kindern zumeist nicht bewusst. Das soll auch so sein. Die Sache selbst mit ihren Anforderungen soll das sprachliche Lernen herausfordern und fördern. Es ist sehr schwer, beispielsweise eine gute Spielanleitung zu schreiben. Im Unterricht anderer Schulen wird diese Textsorte irgendwann auch geübt, hier aber steht sie im lebendigen Zusammenhang mit einer eigenen, selbst verantworteten und darum besonders wichtigen Sache. Solche Lernerfahrungen werden nicht vergessen, sie sind, wie man heute sagt, nachhaltig.

Auf diese Weise kann auch die Mathematik lebendig, anschaulich und nachhaltig gelernt werden. Fast alle Unterrichtsthemen sind mehr oder weniger „mathematikhaltig“, nicht nur naturwissenschaftliche wie „Licht und Leben“, „Wetter“, „Entstehung des Planeten Erde“, die in der Stufe III vorkommen, sondern auch sozialwissenschaftliche wie „Umgang mit dem Atlas“, „Umgang mit Geld“ und auch geschichtliche wie „Ägypten“ oder Kunst-Themen wie „Perspektiven“.

Daneben braucht der Mathematikunterricht, ebenso wie Deutsch, viel Zeit zum Üben und auch für spezielle Inhalte. Darum bestehen an der Laborschule die beiden Unterrichtsformen nebeneinander: der eigenständige Deutsch- und Mathematikunterricht und der integrierte, d.h. mit anderen Erfahrungsbereichen verbundene. Harry und Ronja werden also „Sowi/Deutsch“ und „Mathe/Nawi“ als eng verbundene Fächer erleben.

In zwei Wochenstunden steht „Wahrnehmen und Gestalten“ auf dem Plan. Natürlich haben Ronja und Harry auch schon vorher Kunst- und Musikunterricht gehabt. Jetzt lernen sie beispielsweise, wie man mit Klanghölzern, Trommeln und Rasseln Melodien rhythmisch begleitet oder verschiedene Stimmen des Orchesters nachspielt oder sie experimentieren mit Farben und Formen.

Bewegung Sport ist für beide ein Lieblingsfach, wie für fast alle Kinder. Aber auch dort ändert sich vieles. Sie lernen und üben jetzt verschiedene Disziplinen, zum Beispiel Sprints, Ausdauerlauf und Hürdenlauf, Weitsprung, Werfen, Baseball, Kletttern, Tanzen und Rollerskaten, sie haben aber auch Gymnastik, Fitnesstraining, Boden- und Geräteturnen. Sehr beliebt ist die Verfügungsstunde, in der die Kinder sich nach eigenem Wunsch betätigen. Dazu gehört, dass man sich die Halle teilt, Geräte mit auf- und abbaut...

Besondere Erlebnisse und Lernerfahrungen

In dieser Altersstufe durchlaufen die Kinder die vielleicht schwierigste Umbruchphase ihrer Entwicklung. Die Schule legt sehr viel Wert darauf, sie dabei möglichst gut zu begleiten.

Die Kinder erleben von Klein auf, wie wichtig das gute Zusammenleben der Gruppe ist. Für Harry und Ronja waren die täglichen Versammlungen schon eine selbstverständliche Gewohnheit, als sie noch zu den „Nullern“ gehörten. Im Lauf der Jahre haben sie gelernt, was die Gruppe tun kann und beachten muss, damit alle gut miteinander auskommen. Schon immer war das schwierig wegen der ständig wechselnden Freundschafts- und Beziehungsprobleme und der Konflikte, die sie mit sich bringen. Jetzt entwickeln sich die Jungen und Mädchen auseinander, und oft werden dabei alle Beziehungen durcheinander gewirbelt. Das Gleichgewicht der Gruppe wird auf die Probe gestellt.

Das Thema „Liebe, Freundschaft, Sexualität“ wird an der Laborschule nicht in der Art des vielfach üblichen „Aufklärungsunterrichts“ abgehandelt. Die Kinder sollen ohne Angst oder Angeberei über Fragen reden können, die ihnen wichtig sind, und ihnen in Ruhe nachgehen können. Das braucht viel Zeit, die die Schule für besonders wichtig hält. Manchmal finden auch besondere Unternehmungen statt, zum Beispiel ein Saunabesuch oder ein Massagekurs. Ein ganz anderes Unternehmen hat sich so bewährt, dass es mittlerweile in fast allen Gruppen durchgeführt wird: Die Kinder erforschen ihre eigene Biographie. Harry fragt seine Eltern, wie er als kleiner Junge war, Ronja will wissen, wie ihre Mutter die Schwangerschaft und die Geburt erlebt hat, beide schreiben ihre bisherige Lebensgeschichte auf, illustrieren sie mit Fotos, und zum Abschluss dieses Themas wird eine Revue aufgeführt, bei der Harry, Ronja und andere Auszüge aus ihren Texten vorlesen. Auch Liebesszenen werden gespielt, die Kinder sich ausgedacht haben, Tänze werden vorgeführt, eine selbst erfundene Soap und eine Fernseh-Show. Natürlich ist das Thema „Liebe, Freundschaft, Sexualität“ damit nicht „erledigt“. Aber es wird produktiv verarbeitet und nicht in ein Fach „abgeschoben“. Vor allem wird alles zugelassen und aufgegriffen, was die Kinder beschäftigt.

Zu den festen Einrichtungen der Gruppe gehören auch die sogenannten Mädchen- und Jungenkonferenzen. Sie sollen keineswegs die gewohnten Versammlungen der ganzen Gruppe ersetzen, wohl aber von Zeit zu Zeit ergänzen. Es gibt Themen, über die Jungen und Mädchen freier und darum auch besser und lieber reden, wenn sie unter sich sind. Sie müssen sich dann nicht vor dem anderen Geschlecht in Szene setzen, dürfen sich so geben, wie sie sind, auch Schwächen zeigen oder persönliche Dinge ansprechen. Darum sind diese Gespräche absolut vertraulich und finden an einem geschützten Ort statt.

Auf ganz andere Weise sind die Jungen als Jungen und die Mädchen als Mädchen gefordert, wenn sie ihr erstes Praktikum machen. Im Jahrgang 7 verbringen alle Schülerinnen und Schüler eine Woche in einer Kita. Sie sind selbst (fast) noch Kinder, aber von den Kleinen werden sie als „Große“ angesehen und müssen nun mit diesen sehr unterschiedlichen Rollen fertig werden. Zugleich stellt sich vielleicht zum ersten Mal ernsthaft die Frage nach der Zukunft: Wie werde ich leben? Werde ich eine eigene Familie haben? Wie werde ich meiner Rolle als Vater oder als Mutter gerecht?
Lehrer helfen
Ein besonderes „Highlight“ der Stufe III ist die Sportreise im 7. Schuljahr. Fast immer ist das Ziel eine Hütte in Österreich, wo man für zwei Wochen auf engstem Raum und ohne den gewohnten Komfort lebt, die Berge und den Schnee genießt. Harry und Ronja, die beide begeisterte Sportler sind, freuen sich schon Monate vorher darauf wie fast alle aus ihrer Gruppe. Und einige Ängstliche, die sich vor dem Skifahren oder vor dem Heimweh fürchten, werden von den anderen „angewärmt“, spätestens dann, wenn sie das von der Kleingruppe geplante Essen vorkochen. Denn diese Fahrt wird zum absoluten Ernstfall der Selbstversorgung: Eine missratene Mahlzeit wäre schlimm, wenn man hungrig und müde von der Piste kommt.

Am Ende der Stufe III finden sogenannte Übergangskonferenzen statt. Die Lehrerinnen und Lehrer beraten über jede Schülerin und jeden Schüler. Wie hat er oder sie sich in den letzten drei Jahren entwickelt? Wie wird es voraussichtlich weiter gehen?

Was rät man Ronja, Harry und den anderen? Welche Hilfen braucht wer?

Natürlich sind die Unterschiede zwischen den Einzelnen nicht geringer geworden. Begabungen und Schwächen sind deutlicher hervorgetreten, künftige Entwicklungen zeichnen sich ab. Alle aber haben in den vergangenen drei Jahren ihren „Koffer“ reichlich gefüllt.

So sieht er für Harry und Ronja aus:

 
STUFENKOFFER III

 

 

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Stufe für Stufe - IV

Lernen ist nicht gleich Lernen
Stufe für Stufe - I
Stufe für Stufe - II

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