netSCHOOL     zurück zu Laborschule Bielefeld  
Eine neue Schule für alle
 
Laborschule Bielefeld

 

 

 

 

Was heißt es, ins dritte Schuljahr überzugehen
Wie die Kinder sich in der neuen Lernumwelt zurechtfinden lernen
Wie der Unterrichtsalltag aussieht
Was Kinder in Projekten lernen können
Was sie von dieser Stufe mitnehmen
Warum der Jahrgang 5 zu zwei Stufen gehört

Stufe für Stufe – II

Beginn Stufe II
Beginn Stufe II

Zwei Kinder auf dem Weg durch die Schule

Wenn Ronja und Harry in die nächste Stufe übergehen, wird wieder ein Fest gefeiert. Eigentlich sind es zwei: in ihrer „alten Heimat“, dem Haus 1, werden sie verabschiedet, und in der „neuen Heimat“, dem Haus 2, willkommen geheißen. In einer Polonaise ziehen sie mit Musik durch das große Haus, damit alle merken: Die neuen „Dreier“ sind da und gehören jetzt dazu. Auch die Größten, die „Neuner“ und „Zehner“, unterbrechen dann ihren Unterricht und begrüßen den Zug mit Applaus.

Das große Haus ist den Kindern schon vertraut; sie haben ja jahrelang die Mensa, die Bibliothek und andere Räume genutzt. Trotzdem ist dieser Übergang ein großer Schritt in ihrem Leben. Sie müssen die vertraute Umgebung, die Gruppe, die Lehrerin verlassen und sich an sehr viel Neues gewöhnen: an eine neue Lehrerin oder einen neuen Lehrer, an weitere Erwachsene, vor allem aber an die größere Gruppe (20-23 Kinder), ihre Stammgruppe. Es ist auch schwer, sich in dem neuen Haus zurechtzufinden, wo so viele Größere sind. Und der Tag läuft jetzt anders ab als bisher gewohnt.

Der Schulalltag und der Unterricht

Auch in der Stufe II leben und lernen die Kinder seit dem Schuljahr 2006/07 in jahrgangsgemischten Gruppen. Die neuen Drittklässler werden also gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des 4. und des 5. Schuljahrs in einer Stammgruppe betreut und unterrichtet.

Ein Vorteil der Altersmischung ist hierbei, dass die Kinder in eine schon bestehende Gruppe kommen. Sie werden dort außerdem viele ihrer „alten“ Freundinnen und Freunde wiedertreffen. Sie werden sich also schnell einleben.

Der Unterricht beginnt um 8.30 Uhr. Es gibt jetzt auch einen Stundenplan an Stelle der bisherigen Tagespläne. Jede Stunde dauert 60 Minuten. Die Pausen liegen zwischen 10.30 und 11 Uhr und zwischen 13 und 14 Uhr. Die Kinder der Stufe II haben an zwei bis drei Nachmittagen Unterricht bis 15 Uhr und an den übrigen Nachmittagen Lernort-Angebote.

Viele Gewohnheiten aus der Eingangsstufe werden fortgesetzt. So beginnt wiederum jeder Tag mit einer Morgenversammlung der Gruppe. Dann wird besprochen, was heute anliegt, und die Kinder gehen an die Arbeit.

 MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitag
1. StundeLernzeitLernzeitLernzeitEnglischKunst/WGK*
2. StundeGymnastikEnglischEnglischComputerThema
Frühstück     
3. StundeThemaLernzeitMusikLernzeitLernzeit
4. StundeLernzeit/WGK*Lernzeit/WGK*Lernzeit/WGK*SchwimmenVersammlung
Mittagspause     
5. StundeTechnik/5er* AngeboteNaWi (5er)*Sport
6. StundeFranzösisch*  NaWi (5er)*Latein

Auch das ist ihnen vertraut: In der Lernzeit arbeiten alle Kinder an ihren Aufgaben aus dem Bereich der Kulturtechniken. Die sind unterschiedlich, das Prinzip der Individualisierung wird also fortgesetzt: Die Lehrerinnen und Lehrer beobachten, wo die einzelnen Kinder stehen, und geben ihnen geeignete Hilfen zum Weiterlernen. Natürlich wissen sie, welche Stufen von allen durchlaufen werden müssen. Darum setzen sie sehr unterschiedliche Materialien und Hilfen ein, um jedes Kind individuell fördern zu können.

Angenommen, Ronja hat sich zu einer begeisterten Leserin entwickelt und ist auch schon im Schreiben recht weit. Viele Übungen zur Rechtschreibung sind unter ihrem Niveau. Also setzt sie dort an, wo sie gefordert ist. Und Harry, der schnelle Rechner, braucht einfache Übungen zur Multiplikation nicht mehr zu machen, weil er schon weiter ist. Beide Kinder arbeiten also an unterschiedlichen, manchmal aber auch an gleichen Aufgaben. Beide erproben ihr Können beispielsweise an Rechengeschichten, in denen sowohl mathematisches Denken als auch sprachliches Verständnis geschult wird.

Zugleich wird großer Wert auf die Gemeinsamkeit des Lernens gelegt. Alle Aufgaben werden in der Gruppe besprochen. Wichtige Lernschritte werden für alle eingeführt und erklärt. Vor allem aber wird das, was die Kinder in Kleingruppen erarbeitet haben, immer wieder in der Gesamtgruppe vorgetragen und besprochen. Das geschieht in den regelmäßig stattfindenden Versammlungen. Sie bieten Zeit für alles, was der Gruppe wichtig ist. Häufig kommt es vor, dass gemeinsame Angelegenheiten zu besprechen oder Konflikte zu klären sind. Vor allem im ersten Jahr der Stufe II ist es für die Kinder oft noch schwer, dies in einer größeren Gruppe zu tun und sich an gemeinsame Regeln zu halten. Sie lernen das um so leichter, je mehr sie die Versammlung als ihre Zeit erleben, wo jeder zu Wort kommt und wo es auf jeden ankommt.

Die Themen und Inhalte des Unterrichts sind natürlich von größter Wichtigkeit und für alle Kinder gemeinsam. Literatur spielt eine große Rolle. Die Tradition des Vorlesens wird fortgesetzt und zugleich entwickelt sich eine andere weiter: das freie Schreiben. Kinder dieser Altersstufe schreiben oft wochenlang an Geschichten. Immer wieder werden die schon fertigen Teile in der Versammlung vorgelesen und besprochen. Solche Gespräche und Rückmeldungen der Gruppe führen dazu, dass die Kinder ihre Texte zunehmend bewusst gestalten und dabei hohe Ansprüche an sich selbst stellen. Manchmal werden diese Geschichten, ins Reine geschrieben, mit eigenen Bildern illustriert und schön gestaltet, ausgestellt oder öffentlich vorgelesen.

Lesen, Schreiben und Rechnen stehen also jeden Tag auf dem Programm, und es gibt dafür viel Übungszeit. Die aber wird von den einzelnen Kindern auf ihre Weise unterschiedlich gestaltet.

Dazu gehört auch die Beschäftigung mit Themen der eigenen Wahl. Die meisten Kinder interessieren sich sehr für Tiere. Sie dürfen sich ein Lieblingstier aussuchen. Es kann aber auch ein anderes Thema sein, etwa Autos oder Flugzeuge oder Fußball oder Indianer. In ihrem Themenheft tragen sie nun alles zusammen, was sie dazu finden. So lernen sie, Informationen aus Fachbüchern oder anderen Quellen zu entnehmen, ihr Heft zu gestalten, eine sinnvolle Reihenfolge zu entwerfen, Abbildungen zu beschriften, eigene Sachtexte zu schreiben. So lernen sie zugleich schon sehr früh, eine größere Arbeit zu planen und zu gestalten und werden darin von Stufe zu Stufe sicherer bis hin zu den großen Jahresarbeiten, die sie später schreiben werden.

Neu ist für alle der regelmäßige Unterricht in der ersten Fremdsprache. Drei mal in der Woche haben die Kinder jetzt Englisch. Sie bekommen englische Namen, begrüßen sich in der Fremdsprache, lernen die ersten Lieder. Schnell gewöhnen sie sich an die Aussprache und können bald in einfachen kleinen Sätzen und über Gegenstände des Alltags reden. Schritt für Schritt erweitert sich dieses Wissen. Sie lernen die neue Sprache an Themen des Alltags: Familie, Schule, Mahlzeiten, Spiele, Einkaufen usw. Aus den einfachen kleinen Sätze werden Dialoge, die in unterschiedlichen Varianten immer wieder geübt werden. So können auch kleine Theaterstücke entstehen. Das Ziel ist, dass alle Kinder sich in solchen Alltagssituationen und über sie verständigen können und dabei Englisch „wie von selbst“ sprechen. Dieses Lernen ist also spielerisch und ganz auf mündliche Kommunikation konzentriert. Intensive Übungen zur Rechtschreibung und Grammatik setzen erst später ein. Aber schon von Anfang an wird die Schreibweise der Wörter sozusagen nebenbei eingeführt. Die Kinder haben ein eigenes Übungsheft mit vielen Bildern, die sie benennen, „lesen“, anmalen, beschriften. Ständig erweitern die Lehrerinnen und Lehrer diesen Material-Vorrat, um allen Kindern gerecht zu werden. Denn ihr Lernen ist - in diesem und allen anderen Fächern - so unterschiedlich wie sie selbst.

Neu in dieser Stufe ist auch der Werkstattunterricht. Hier lernen alle Kinder das „kleine Einmaleins“ des Arbeitens mit Holz und Metall. Sie fertigen einfache Gegenstände an, die sie beispielsweise zu Weihnachten verschenken können, und lernen dabei grundlegende Techniken. Auf ihnen baut der spätere Technik-Unterricht auf.

Drei mal in der Woche steht „Sport“ auf dem Stundenplan. Die Kinder gehen dazu in die Hallen oder zum Schwimmen, wie sie es schon in der Stufe I getan haben. In spielerischer Form lernen sie jetzt, ihrem Körper mehr zuzumuten und sich nach und nach an schwierigere Übungen heranzuwagen. Was im Unterricht anderer Grundschulen Sachunterricht heißt, steht hier unter der Bezeichnung Projekt auf dem Stundenplan. Dahinter steht die Vorstellung, dass Sachthemen an dieser Schule und in dieser Altersstufe immer an Anschauung, Erfahrung, praktisches Handeln gebunden sein sollen. Solches Lernen nimmt im Unterricht der Stufe II einen großen Raum ein und spielt eine zentrale Rolle. Nicht immer mündet es in Produkte oder Vorführungen, was streng genommen zu einem Projekt gehört. Immer aber stehen in dieser Zeit Themen auf dem Programm, an denen die Gruppe für längere Zeit arbeitet, die mit eigenen Lernerfahrungen verbunden sind und an denen wichtige Kenntnisse erworben werden.

Pausen Ein Beispiel. Es geht um das Thema „Körper, Ernährung, Gesundheit“. Die Kinder vergleichen: Was essen wir wann? Sie gehen der Frage nach: Was passiert in unserem Körper, wenn wir eine Tafel Schokolade gegessen haben oder ein Käsebrot oder einen Apfel? Sie lernen dabei, welche Organe wie zusammenwirken, was der Körper braucht und wie Nahrung und Gesundheit zusammenhängen. Sie lernen (in Grundzügen), welche Nahrungsmittel was enthalten. Dazu gehört viel Sachwissen. In einem Projektheft werden Informationen, Übungen und eigene Arbeiten zusammengefasst: zum Körperbau, zur Funktion der Organe, zu den Eigenschaften von Nahrungsmitteln, zu Gesundheit und Krankheit. Dazu gehört aber auch eigenes Handeln und Erproben. Die Kinder bereiten Mahlzeiten in der Schulküche. Sie essen zusammen, und dazu gehört auch, den Tisch schön zu decken, das Essen als gemeinsame Tätigkeit zu genießen, Umgangsformen zu beachten. Wenn das Thema abgeschlossen ist, findet ein Eltern-Kind-Nachmittag statt, bei dem die Kinder ihren Eltern zeigen, was sie in den letzten Wochen getan haben. Oft gehört dazu eine Ausstellung oder eine Vorführung.

Ein wichtiger Bestandteil des Schultages sind auch die Pausen. In diesen Zeiten gibt es verschiedene Angebote. Eine von Kindern und Erwachsenen betriebene Teestube bietet gesunde Nahrung. Viele Kinder verbringen die Pausen mit ihren Tieren im Schulzoo. Andere bleiben auf ihren Flächen. Sie können aber auch nach draußen gehen. Dort steht ihnen das Spielgelände offen und eine besondere Attraktion: der Bauspielplatz, wo sie nach Belieben Bretterbuden bauen können. So lernen sie die besonderen Möglichkeiten der Lernorte zu nutzen. Viele von ihnen werden sie auch im Fachunterricht kennen und intensiv zu nutzen lernen, etwa die Bibliothek, die Sporthallen, den Musikraum, die Werkstätten und Labore, den Garten, die Computerräume.

Besondere Erlebnisse und Lernerfahrungen

Manchmal tun sich mehrere Gruppen zusammen, um große Aufführungen vorzubereiten. Das kann beispielsweise eine Zirkusvorstellung sein oder eine Revue oder eine Theatervorführung. Wochenlang sind dann alle Kinder und Erwachsenen im Einsatz, sind ihre Kräfte oft bis an die Grenze gefordert. Am Ende steht eine Vorführung, zu der die gesamte Schulöffentlichkeit eingeladen ist und natürlich Eltern, Freunde und Bekannten. Oft stehen solche Unternehmungen im Zusammenhang mit der jährlichen Projektwoche der Schule, in der alle Gruppen aller Stufen sich auf ein Thema konzentrieren.

Bei solchen Unternehmungen kommt es auf jedes einzelne Kind an, noch mehr aber auf den Zusammenhalt der Gruppe. Gerade dieses schwierige „Lernpensum“, das Zusammenwachsen der neuen Gruppe, kann durch solche gemeinsame Anstrengungen und Erlebnisse entscheidend gefördert werden.

Das gilt natürlich auch für die Reisen, die die Kinder in dieser Stufe machen. Sie sollen im Zusammenhang mit dem stehen, was die Kinder im Unterricht gelernt und erfahren haben. Ein Ziel kann zum Beispiel ein Bauernhof sein. Dann dienen die Wochen vor der Reise der Vorbereitung, und die gemeinsamen Erlebnisse werden danach gemeinsam verarbeitet. Manchmal führen solche Reisen auch weiter weg, zum Beispiel an die Nordsee, wenn man sich vorher mit dem Leben am Meer beschäftigt hat. Das Reiseziel kann aber auch ein nahe gelegenes Haus sein, wo die Kinder sich selbst versorgen und alles anwenden, was sie über Ernährung und Kochen gelernt haben.

Für alle Kinder der Stufe II steht der Fahrradführerschein auf dem Programm. Natürlich werden dabei die Sicherheitsvorschriften und die Verkehrsregeln intensiv eingeübt. Die Kinder lernen auch, wie man ein Loch im Schlauch flickt, welches Werkzeug man dafür braucht, wie man es handhabt und andere kleine Reparaturen ausführt. In der Nähe der Schule gibt es einen Fahrradparcours zum Üben. Ein Polizist nimmt die Prüfung ab.

Meistens steht dieses Projekt im Zusammenhang mit einem anderen, das mehrere Wochen dauert und an dessen Ende alle Kinder den Haushaltspass absolvieren. Dazu gehören alle Grundtätigkeiten der Haushaltsführung: einkaufen, kochen, Tisch decken und abwaschen, bügeln, waschen, nähen. Die Kinder lernen, wie man mit Nadel und Faden umgeht, z. B. einen Knopf annäht. Wichtig ist dabei, dass alle Kinder alle Tätigkeiten ausführen. Die üblichen Rollenzuweisungen - Mädchen tun das und Jungen das - sollen gar nicht erst aufkommen oder, wo sie in den Köpfen schon vorhanden sind, korrigiert werden. Auch Gartenarbeit gehört zu dieser „Prüfung“: Die Kinder lernen, wie man ein Beet anlegt und pflegt. Und ebenso, wie man einfache Reparaturen im Haushalt ausführt.

Zwischen zwei Stufen: der Jahrgang 5

Mit dem 5. Schuljahr beginnt normalerweise die Sekundarstufe. Die Kinder verlassen die vertraute Grundschule und kommen in ein völlig neues System. Für viele von ihnen ist dieser Übergang schwer zu verkraften, weil er zu viele Veränderungen auf einmal mit sich bringt.

Die Laborschule will diesen abrupten Bruch zwischen zwei Stufen durch einen fließenden Übergang ersetzen: Die „Fünfer“ gehören in ihrer jahrgangsgemischten Gruppe noch zur Stufe II, also zur Primarstufe, zugleich aber auch schon zur Stufe III und damit zur Sekundarstufe. Sie bleiben noch in der vertrauten Lernumgebung, müssen sie aber stundenweise verlassen.

Dazu gehört die Wahl von zwei "Wahlgrundkursen", die im nächsten Kapitel näher dargestellt werden. Sie umfassen je zwei Wochenstunden (oder drei, wenn die Kinder Französisch oder Latein lernen). Dazu gehören außerdem drei Wochenstunden, in denen die "Fünfer" unter sich sind und die darum auch "Fünfer-Stunden" genannt werden. So wachsen sie allmählich zu einer Gruppe zusammen, die vom 6. Schuljahr an ihre Stammgruppe sein wird.

Ronja und Harry haben also am Ende der Stufe II viel gelernt und im letzten Jahr sozusagen schon mit einem Bein in der Stufe III gestanden. An den Lerninhalten zeichnen sich schon deutlicher die Grenzen der Erfahrungsbereiche ab, auch wenn deren Namen den Kindern kaum bekannt sind. So sieht ihr „Stufenkoffer“ jetzt aus:

 
STUFENKOFFER II

 

 

hier geht's weiter:
Stufe für Stufe - III
Stufe für Stufe - IV

Lernen ist nicht gleich Lernen
Stufe für Stufe - I

Laborschule Bielefeld
Laborschule des Landes Nordrhein- Westfalen an der Universität Bielefeld
Primarstufe und Sekundarstufe I
Unesco-Projektschule

Postfach 100131
33501 Bielefeld

Universitätsstr. 25
33615 Bielefeld

Tel.: 0521 106-6990
Fax: 0521 106-6041
www.laborschule.de

oben