netSCHOOL Denken, Lernen, Selbstlernen

  Denken, Lernen, Selbstlernen

aus : Arbeitsgemeinschaft Lernmethodik, "Gewusst wie",
Sparkassen Schul Service, Deutscher Sparkassen Verlag, Stuttgart, 1998 (S. 50f) (Fortsetzung)

  An eigene Erfolge anknüpfen  (voriger Abschnitt)

Die verschiedenen Lerntypen

Unterschiedliche Lernarten 

Wie du sicher weißt, gibt es verschiedene Arten des Lernens. Für jeden Menschen ist jede Art des Lernens möglich, doch die Fähigkeiten zu den einzelnen Arten sind verschieden stark ausgebildet. Claudia lernt am besten durch Lesen, du vielleicht am besten durch Zuhören oder Sehen.

Wir unterscheiden der Einfachheit halber drei Lerntypen:

  1. Lerntyp Lesen
  2. Lerntyp Hören
  3. Lerntyp Sehen
Vielfalt der Lerntypen 

Diese drei Lerntypen kommen in reiner Form natürlich nie vor. In jedem gesunden Menschen sind unter anderen immer alle drei Anlagen vorhanden.
Sicher möchtest du nun gern wissen, zu welchem Lerntyp du am meisten neigst, welche Lernwege du am liebsten benutzt und welche Lernarten dir den größten Erfolg bringen.

Solltest auch du zu den Leuten gehören, die besonders gut durch Lesen lernen können, ist es für dich besonders nützlich die im Unterricht besprochenen Stoffgebiete durch Lesen von Artikeln aus Zeitschriften und Sachbüchern zu ergänzen. Was in der Schule besprochen wurde, solltest du zu Hause nochmals genau im Buch nachlesen.

Radiosendungen auswählen 

Wenn du zum Lerntyp Hören zählst, nimm dir einmal eine Programmzeitschriftvor und sieh nach, was der Schul- und Jugendfunk alles zu bieten hat. Du wirst überrascht sein, wie abwechslungsreich und spannend Lernen durch Hören sein kann. Wer Gehörtes leicht behalten kann, ist in der Schule oft im Vorteil, da dort sehr viel durch die Erklärungen des Lehrers gelernt wird.

Lernstoff hörbar machen, laut lesen, Tonband einsetzen

Wer zum Lerntyp Hörenzählt, soll versuchen, seinen Lernstoff überwiegend durch Hören aufzunehmen.
Das fängt schon damit an, dass man das Kapitel über die Biene, das morgen abgefragt wird, laut und deutlich liest. Schneidet man dabei gleichzeitig auf Tonband mit, kann man sich später beim Abspielen des Bandes ganz auf Hören einstellen. Kommt man beispielsweise mit einer Rechenaufgabe nicht zurecht, ist es für den Lerntyp Hören besser, sich die Aufgabe von einem Mitschüler in dessen eigenen Worten erklären zu lassen, als immer wieder die Rechenregel im Mathebuch nachzulesen.

Skizzen anfertigen   Bildliches Vorstellungsvermögen schulen

Für den Lerntyp Sehen ist es besonders wichtig, Skizzen und Zeichnungen im Schulbuch eingehend zu betrachten und auch selbst solche anzufertigen. Ebenso sollten Bilder, Filme und Dias als Lernhilfen eingebaut werden. Sollte Sehen ein besonders wirkungsvoller Lernweg für dich sein, sieht es in der Schule nicht so günstig für dich aus. Obwohl Filme, Dias, Folien und Modelle verstärkt eingesetzt werden, musst du trotzdem hauptsächlich durch Hören und Lesen lernen.
 Deshalb musst du dir selbst ein bisschen weiterhelfen. Versuche, dir bei den Erklärungen des Lehrers die Dinge und Vorgänge, von denen er spricht, vorzustellen.

Begriffe mit originellen Bildern verbinden

Mache dir in Gedanken ein Bild. Beim Vokabellernen kannst du dir zu den einzelnen Wörtern lustige originelle Bilder ausdenken. Sicherlich fallen dir genügend lustige Eselsbrücken ein.

Eigene Modelle entwickeln 

Wenn du dir in Mathematik den Schnitt durch eine Kugel nicht vorstellen kannst, nimm doch als Kugelersatz einen Apfel und schneide ihn durch. Und schon ist  auch für den Lerntyp Sehen der Schnitt durch eine Kugel kein Problem mehr, weil der Lernstoff für den Lernweg Sehen aufbereitet wurde.
Benutze künftig besonders die Lernwege, die deinen Lerntyp prägen.
(S. 19f)

 

Das Lernplakat

Was nicht im Gedächtnis bleibt

Kennst du die Quälerei mit einigen Vokabeln, die du immer wieder verwechselst,die du schon wie oft in Tests falsch geschrieben und anschließend verbessert hast, die dir aber einfach nicht ins Langzeitgedächtnis, das heißt für lange Zeit
ins Gedächtnis gelangen?
Wahrscheinlich sind dir diese Wörter nicht häufig genug begegnet, es sind noch keine alten Bekannten geworden. Je häufiger man jemanden trifft, umso besser wird dieser Jemand zu einem alten Bekannten. Und so lassen wir jetzt schwierige Lernstoffe zu alten Bekannten werden: durch das Lernplakat.

Die Plakatidee: Schwieriger Lernstoff in Kurzfassung auf ein Lernplakat

Das Lernplakat ist ein großer Zettel, ein Bogen Packpapier oder ein Stück einer Tapetenrolle. Auf dieses Papier schreibst du mit dicken Filzstiften solche Vokabeln, Formeln, Geschichtszahlen oder was sonst dir als schwieriger Paukstoff erscheint. Wenn du noch Lust und Zeit hast, malst du ein Strichmännchen dazu, klebst ein passendes Foto auf oder zeichnest etwas, was dir zu diesem Lernstoff  einfällt. Fertig ist dein Lernplakat.

Aufgehängt am rechten Ort

Jetzt hängst du es an deinem Arbeitsplatz auf, über deinem Bett, neben dem Spiegel oder auf der Toilettentür - von innen allerdings. Kurz, an einer Stelle, an der du dich regelmäßig aufhältst oder die dir oft ins Auge fällt.
Jedes Mal, wenn du das Plakat siehst, wirst du an den Lernstoff erinnert, fragst dich dadurch spontan wieder ab, wiederholst dabei bereits Vergessenes und begegnest den Lerninhalten so oft, dass sie innerhalb von zwei bis drei Wochen zu alten Bekannten werden.

Nach drei Wochen wechseln

Spätestens nach drei Wochen wechselst du das Plakat aus, denn nach dieser Zeit verliert es die Wirkung; außerdem sollen ja weitere Lerninhalte ins Langzeitgedächtnis wandern können.

Top-Stars helfen beim Lernen

Du kannst auch deine Top-Star-Plakate zu Lernplakaten umgestalten. Wenn zum Beispiel dein Favorit aus dem Fußball- oder Showgeschäft von dir eine Sprechblase erhält, durch die er dir schwierige mathematische, physikalische oder chemische Formeln zuflüstert oder deine allerliebsten Vokabeln aufsagt, wirst du deutlich spüren, wie wirkungsvoll solche Lernplakate sind. Ganz besonders, wenn bei dir der Lernweg Sehen gut ausgeprägt ist.

Am besten, du probierst es aus und malst dir ein Probier-Plakat. Vielleicht hast du auch weitere und bessere Plakatideen!
(S. 23)

 

Der Lerneinstieg

Thomas sitzt vor seinen Hausaufgaben und döst vor sich hin. Da geht die Tür auf, und Mutter ruft: »Hast du denn immer noch nicht angefangen!? Du könntest doch schon fast fertig sein!«
Kommt dir so etwas bekannt vor? Sicherlich hast auch du dich schon oft dabei ertappt, dass es dir schwer fiel, mit den Hausaufgaben anzufangen. Da sitzt du vor deinen Büchern und spielst mit dem Radiergummi, blickst durchs Fenster, malst Männchen ins Erdkundebuch, träumst vor dich hin oder fängst gar erst einmal damit an, das Micky-Maus-Heft durchzulesen, das zufällig in deiner Englischgrammatik liegt.

Umstellen auf Lernen

Diese Schwierigkeit, möglichst gleich nach dem Hinsetzen mit den Hausaufgaben anzufangen, ist ganz natürlich und lässt sich leicht erklären.
Zunächst einmal muss sich das Gehirn überhaupt auf Lernen einstellen. Es muss sich lösen von dem, was du kurz vorher getan hast, ob das nun Musikhören, Einkaufen oder Schwimmen war. Diese Umstellung kann nicht schlagartig erfolgen, sondern braucht Zeit.

Wie du weißt, auch Sportler können nicht gleich Höchstleistungen erbringen, sondern benötigen eine Anwärmzeit.

Genauso sollten wir beim Lernen eine Anwärmzeit berücksichtigen und bewusst einplanen, die unser Gehirn in Hochform bringt. Wissenschaftler haben festgestellt, dass wir in der ersten Viertelstunde verhältnismäßig wenig leisten können, wie folgendes Schaubild zeigt:

Anfangs geringe Leistungsfähigkeit

An der senkrechten Achse kannst du die Leistungsfähigkeit ablesen, an der waagerechten die Zeit in Minuten. Während der ersten Minuten zeigt die Kurve eine geringe Leistungsfähigkeit an, die schnell steigt und nach fünfzehn Minuten einen hohen Stand erreicht.

Zehn bis fünfzehn Minuten Anwärmzeit

Jetzt sagen zwar viele Leute: »Erledige zuerst das Schwierigste, dann hast du's anschließend um so leichter!« Aber, weil du nun weißt, dass du in den ersten fünfzehn Minuten noch nicht besonders leistungsfähig bist, musst du für diese Anwärmzeit einen geeigneten Lernstoff aussuchen - nämlich einen möglichst leichten. Außerdem sollte dieser Lernstoff für dich persönlich interessant sein, z.B. aus dem Fach, das dir besonders Spaß macht.

So überforderst du dich nicht und schaffst dir dadurch einen gelungenen Lerneinstieg und bist nun in der Lage, auch schwierigere Aufgaben zügig zu lösen.


Einteilung der Hausaufgaben in Portionen

Schwierigkeiten, die Menge der Aufgaben zu bewältigen 

Nachdem du in der vorigen Etappe erfahren hast, warum du beim Lernen immer mit etwas Leichtem beginnen sollst, bekommst du nun in der dritten Etappe eine weitere wichtige Hilfe für den Lerneinstieg.

Heute ist wieder einmal ein schlimmer Tag für Thomas. Er hat so viele Hausaufgaben zu machen und stöhnt: »Bis ich damit fertig bin ... « Kennst du nicht auch dieses unangenehme Gefühl, wenn du überhaupt kein Weiterkommen,  kein Ende siehst, weil dir der Berg der Aufgaben fast unüberwindlich erscheint? 

Halten wir uns einmal das wohl berühmteste Radrennen der Weit vor Augen, die Tour de France. Es umfasst eine Gesamtstrecke von einigen tausend Kilometern Länge. Kein Fahrer wird auch nur im Traum daran denken, diese
Strecke in einem Stück abzufahren. Vielmehr hat die Rennleitung die ganze Tour in zwar anstrengende, aber machbare Tagesetappen eingeteilt. Der Fahrer weiß also ganz genau, wie viel Kilometer in jeder einzelnen Etappe zu
bewältigen sind.

Aufgaben in Portionen einteilen 

In ähnliche Etappen oder Portionen solltest auch du deine Hausaufgaben regelmäßig einteilen. Dazu nimmst du dir zuerst einmal dein Hausaufgaben heft vor und überlegst, wie sich diese Aufgaben in sinnvolle und überschaubare Portionen einteilen lassen. 

Arbeitszeit pro Portion 15-30 Minuten

Dabei sollte jede Portion so gewählt werden, dass sie in etwa fünfzehn bis dreißig Minuten Arbeitszeit zu schaffen ist. Hierfür schreibst du jede einzelne Aufgabe auf einen Zettel, der etwa so groß istwie eine halbe Postkarte. Auf diesem Zettel steht aber nicht nur z.B. »Englisch«, sondern wenn du vielleicht Vokabeln zu lernen hast, eine Übersetzung schreiben musst und ein Grammatikkapitel durchlesen sollst, so sind allein dies drei einzelne Aufgaben, also auch drei Zettel:
Englisch: Vokabeln Lektion 7a
Englisch: Übersetzen L 11, Satz 6-10
Englisch: Grammatik § 4, Seite 12

Portionen auf Zettel schreiben und an Pinwand hängen

Keinesfalls kommt es hier auf möglichst schön beschriftete oder millimetergenau geschnittene Zettelchen an. Dieser Lerntipp soll ja helfen, die Arbeitszeit zu verkürzen und die Lernfähigkeit zu verbessern.
 Damit nun diese Zettel zwischen all den Büchern auf dem Schreibtisch nicht verloren gehen, sondern jederzeit gut sichtbar und überschaubar sind, befestigen wir sie mit großen Stecknadeln an einer Pinwand. Das ist eine Tafel aus dicker Pappe, Kork oder Styropor und sollte etwa so groß sein wie dein aufgeklappter Schulatlas. Portionen einteilen, aufschreiben und an die Pinwand hängen sollte zusammen höchstens fünf bis acht Minuten dauern.

Sobald du dann eine dieser Portionen erledigt hast, nimm den entsprechenden Zettel von deiner Pinwand ab. Dabei kannst du dir dann sagen: »So, das ist geschafft!« Normalerweise wird dabei ein kleines Erfolgserlebnis zu spüren sein, genau so wie im großen beim Radrennfahrer, der eine Tagesetappe hinter sich gebracht hat. Dieses Erfolgserlebnis ist äußerst wichtig, weil es dich zum Weiterarbeiten anspornt.

Sichtbare Erfolge spornen an

Besorge dir nun im Laufe des Tages eine Pinwand und Stecknadeln und schneide dir gleich schon die nötigen Zettel zurecht. Die Aufgaben, die du für morgen  erledigen musst, kannst du dann gleich in Portionen eingeteilt auf die Zettel schreiben.

Natürlich ist das ein Trick mit Selbstüberlistung; aber er funktioniert. Du solltest das einmal testen! (S. 11f)

 

Reihenfolge der Hausaufgaben

Arbeitsablauf in drei Phasen

Jeder Arbeitsablauf ist in drei Phasen, d.h. Abschnitte gegliedert. Man unterscheidet die Einstiegsphase, die Hauptarbeits- oder Konzentrationsphase und  die Schluss- oder Endspurtphase.

Leichte und schwierige Aufgaben ordnen 

In der mittleren Phase (nach zirka fünfzehn Minuten Anwärmzeit) sollten die schwierigsten Aufgaben erledigt werden, gegen Ende wieder etwas leichtere  und zum Schluss noch einmal eine etwas härtere Nuss. So kannst du in der Schlussphase die berühmte Endspurtsituation besser ausnutzen.

Bei der Reihenfolge der Hausaufgaben muss aber noch etwas anderes berücksichtigt werden. Verfolge einmal dieses Gespräch

Mutter: »So, Thomas, auf ins Bett! Morgen ist wieder ein anstrengender Schultag.«
Thomas: »Ich muss aber erst noch Geschichte und Erdkunde durchlesen und die Vokabeln kurz wiederholen!«
Mutter: »Wie bitte? Ich denke, du hast alles fertig?! Bevor du ins Kino gegangen bist, hast du mir doch erzählt, du hättest alle Aufgaben gemacht!?«
Thomas: » Ja, hab' ich auch. Ich habe alles Schriftliche längst fertig. Und das bisschen Mündliche geht doch jetzt ganz schnell!«

Mündliches oft wichtiger als Schriftliches

Bekannt? Ja, die mündlichen Aufgaben werden gern als weniger wichtige Beigabe auf später verschoben. Man macht sie am Abend oder morgens im Schulbus oder ab und zu auch gar nicht - in der Hoffnung, dass der Lehrer schon einen anderen dran nimmt.
Ist das Mündliche tatsächlich weniger wichtig als das Schriftliche, und ist es wirklich sinnvoll, das Schriftliche und Mündliche als zwei getrennte Blöcke anzusehen, so, als hätten sie nichts miteinander zu tun?
Zunächst fällt doch auf, wie eintönig eine solche Arbeitsweise ist: Zuerst werden Vokabeln geschrieben, dann der Aufsatz geschrieben, eine Übersetzung geschrieben - kurz, es wird in einem fort geschrieben.
Um dem abzuhelfen, gibt es einen verblüffend einfachen Tipp, dessen Anwendung fast immer eine sichtbare Leistungssteigerung zur Folge hat: die SM-Formel!

Mündliches und Schriftliches abwechseln

Hierbei steht »S« für Schriftliches und »M«  für Mündliches. Diese S und M werden in die Arbeitsverlaufkurve eingesetzt. Die Größe der Buchstaben soll anzeigen, wie schwierig und umfangreich eine Aufgabe ist.

(Fortsetzung)      Klassenarbeiten sinnvoll vorbereiten

 zurück zu Denken, Lernen, Selbstlernen


E-Mail:   netSCHOOL Redaktion ; 2000