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Europäische Union   [ zurück zu WIRTSCHAFT Titelseite ]
  Überblick

VIII. Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)

Grundlage für die EWWU bildet der EU-Vertrag (1993). Am 1.1.1999 traten elf EU-Staaten in die Endstufe der EWWU ein: In Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien wurde der Euro als neue gemeinsame eigenständige Währung eingeführt. Griechenland schließt sich der Euro-Zone am 1.1.2001 an. Dänemark, Großbritannien und Schweden nehmen vorerst nicht an der Europäischen Währungsunion teil. Dänemark und Großbritannien machten von der nur diesen beiden Staaten im EU-Vertrag eingeräumten »Opting-out«-Klausel Gebrauch und verzichten zunächst auf eine Teilnahme; in Dänemark wird am 28.9.2000 eine Volksabstimmung zur Einführung des Euro stattfinden (bilateraler Leitkurs gegenüber dem Euro: 1  = 7,46038 dkr). Schweden erfüllt zwar vier der fünf Konvergenzkriterien, ist jedoch im Gegensatz zu Dänemark dem Wechselkursmechanismus, der die Währungen von EU-Staaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, an diesen bindet (EWS II), noch nicht beigetreten.

Der Euro (EUR, ) tritt vorerst nur im bargeldlosen Zahlungsverkehr an die Stelle der nationalen Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Die Verantwortlichkeit für die Geldpolitik in der Europäischen Währungsunion wurde von den nationalen Zentralbanken der teilnehmenden EU-Staaten auf die unabhängige EZB übertragen, die zusammen mit den unabhängigen nationalen Zentralbanken das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) bildet. Mit einer einheitlichen Geld- und Währungspolitik verfolgen beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität (von der EZB definiert durch einen anhaltenden Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindexes für das Eurogebiet von unter 2% im Jahr). Die Wirtschafts- und Finanzpolitik bleiben grundsätzlich in nationaler Verantwortung, müssen aber gemeinsame Interessen beachten; bei übermäßigen Haushaltsdefiziten drohen den Mitgliedstaaten Sanktionen.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der am 1.1.1999 in Kraft trat, hat zum Ziel, eine dauerhafte Stabilitätsorientierung der auch nach Einführung des Euro in nationaler Kompetenz verbleibenden Finanzpolitik zu erreichen; die Mitgliedstaaten verpflichten sich, mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Überschuss anzustreben. Gegen einen an der dritten Stufe der EWWU teilnehmenden Mitgliedstaat, dessen Neuverschuldung 3% des BIP übersteigt und der die notwendigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung innerhalb bestimmter Fristen nicht ergreift, kann der Rat (nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion ohne Stimmrecht des betroffenen Staats) mit Zweidrittelmehrheit Sanktionen verhängen. – Die EZB kritisierte im Berichtszeitraum 1999 / 2000 wiederholt die strukturellen Rigiditäten auf den EU-Arbeitsmärkten, die zögerlichen Strukturreformen und die ungenügende Konsolidierung der öffentlichen Finanzen in mehreren Mitgliedstaaten.

Ab 1.1.2002 werden Euro-Noten (5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500 Euro) und Euro-Münzen (1, 2, 5, 10, 20 und 50 Cent sowie 1 und 2 Euro; 1 Euro = 100 Cent) ausgegeben. Spätestens am 1.7.2002 wird die Übergangszeit enden; die nationalen Noten und Münzen werden ihre Gültigkeit verlieren, und der Euro wird zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel.

Der ER beschloss am 19.6.2000, dass Griechenland am 1.1.2001 als 12. EU-Staat der Europäischen Währungsunion beitreten kann. Griechenland, das 1998 noch keinem der fünf finanzpolitischen und monetären Konvergenzkriterien genügte, erfüllt diese nach den von Kommission und EZB am 3.5.2000 vorgelegten Konvergenzberichten nun formal. Bezweifelt wird jedoch, dass Griechenland bereits eine auf Dauer tragbare Finanzlage erreicht hat; gefordert werden eine nachhaltige Inflationsbekämpfung, eine restriktivere Fiskalpolitik und weitere Strukturreformen. Der Anstieg der Verbraucherpreise und die langfristigen Zinssätze lagen im Zwölfmonatszeitraum bis einschließlich März 2000 im Durchschnitt bei 2,0% bzw. 6,4% und damit unter den entsprechenden Referenzwerten von 2,4% bzw. 7,2%. Das Defizit im Staatshaushalt konnte 1999 auf 1,6% des BIP (Referenzwert 3%) gesenkt werden. Die EZB äußerte Besorgnis, ob das Verhältnis von öffentlicher Verschuldung zum BIP (1999: 104,4%) hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert von 60% nähert. Auf Antrag Griechenlands wurde der Leitkurs der Drachme gegenüber dem Euro am 15.1.2000 um 3,5% aufgewertet: neuer Leitkurs und unwiderruflicher Umrechnungskurs für den Euro bei dessen Einführung: 1  = 340,750 Dr. Die Drachme nimmt seit 16.3.1998 am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems (EWS) bzw. seit 1.1.1999 am EWS II teil.

Kursentwicklung des Euro: Der Euro ist gegenüber den Währungen von Drittstaaten (einschließlich dkr, Gr., £ und skr) flexibel. Der Wechselkurs der am 1.1.1999 eingeführten Gemeinschaftswährung hat sich bei einer vorübergehenden relativen Erholung im 3. Quartal 1999 bis Mai 2000 gegenüber den Währungen der meisten Handelspartner des Eurogebiets deutlich abgeschwächt, insbesondere gegenüber dem US- $ (am 19.5.2000: -32,8%), Yen (-39,8% unter zeitweise recht starken Schwankungen) und £ (am 3.5.2000: -24,5%). Seither gewann er gegenüber allen wichtigen Währungen wieder an Wert. Im Juni war die Entwicklung an den Devisenmärkten durch beträchtliche Schwankungen des Euro ohne klar erkennbaren Trend gekennzeichnet. Gemessen an dem von der EZB ermittelten nominalen effektiven Wechselkursindikator, der als gewogener Durchschnitt bilateraler Wechselkurse die Entwicklung des Außenwerts des Euro gegenüber den Währungen der 13 wichtigsten Handelspartner der EWWU-Staaten zusammenfassend darstellt, betrug die nominale effektive Abwertung des Euro seit seiner Einführung im Mai 2000 15,5% und im Juni 12,6%. Die reale effektive Abwertung des Euro auf der Basis von relativen Verbraucherpreisen, Erzeugerpreisen oder Lohnstückkosten im Verarbeitenden Gewerbe, die ein Maß für die preisliche und kostenmäßige Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums darstellt, entwickelte sich ähnlich wie die nominale effektive Abwertung und hat etwa dieselbe Größenordnung. Die reale Abwertung des Euro erhöhte die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter im Eurogebiet und trug zu einer vom Export ausgelösten konjunkturellen Erholung in den EWWU-Staaten bei. Die EZB verwies wiederholt auf den hohen Binnenwert des Euro (Preisstabilität im Euroraum), äußerte aber zunehmend auch Besorgnis über deren schwachen Außenwert. Der EZB-Rat erhöhte zwischen 4.11.1999 und 8.6.2000 in fünf Schritten die Zinssätze für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (von 2,5 auf 4,25%), Einlagenfazilität (von 1,5 auf 3,25%) und Spitzenrefinanzierungsfazilität (von 3,5 auf 5,25%). Begründet wird die Erhöhung der Leitzinsen mit den zunehmenden Risiken für die Preisstabilität auf mittlere Frist: Das Wachstum der Geldmenge M3 (Bargeldumlauf, täglich fällige und sonstige kurzfristige Einlagen sowie marktfähige Finanzinstrumente), das deutlich über dem Referenzwert von 4,5% pro Jahr liegt, und die starke Ausweitung der Kredite an den privaten Sektor weisen auf eine reichliche Liquiditätsversorgung im Euroraum hin; zugleich verstärkten die hohen Preise für Erdöl und andere Rohstoffe sowie die Abwertung des Euro bei gleichzeitig kräftiger konjunktureller Erholung über den Anstieg der Einfuhrpreise im Eurogebiet den Inflationsdruck. Die Zinssätze sind in den USA weiterhin höher als im Euroraum. Gemessen an den ökonomischen Fundamentaldaten im Eurogebiet gilt der Euro als unterbewertet. Die Abwertung des Euro gegenüber dem US- $ wird vor allem auf die im Vergleich zu den EWWU-Staaten deutlich höhere, seit Jahren anhaltende wirtschaftliche Dynamik in den USA zurückgeführt. Als Gründe für die Nettokapitalabflüsse aus dem Euroraum werden auch die zögerlichen Strukturreformen in den EWWU-Staaten genannt. Zudem wird die Informationspolitik der EZB kritisiert; ihrer geldpolitischen Strategie fehlten Transparenz und Berechenbarkeit. Bei verbesserten Konjunkturaussichten für das Euro-Währungsgebiet führten die sich im Frühjahr 2000 verstärkenden Anzeichen, dass sich das Expansionstempo der US-Wirtschaft auf hohem Niveau zunehmend verlangsamt – damit verbunden sind reduzierte Erwartungen der Märkte auf weitere Leitzinserhöhungen in den USA – und sich das Wachstumsgefälle zwischen den USA und dem Euro-Gebiet verringern könnte, zu einer nachlassenden Dollarstärke.
 

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