SPORT-Geschichte Wintersport |
Stefanie Arlt:
"Von den Nordischen Spielen über die olympischen Wintersportwettbewerbe |
4 Kandidaten für die Internationale Wintersportwoche 1924
Die Internationale Wintersportwoche fand in der Zeit vom 25. Januar bis 5. Februar 1924
in dem französischen Alpenort Chamonix Mont-Blanc statt.
Die Zustimmung der IOC-Mitglieder für eine solche Veranstaltung zu finden,
gestaltete sich für die beiden französischen IOC-Mitglieder, den Grafen Clary und den Marquis von Polignac,
auf der IOC-Tagung vom 2. bis 6. Juni 1921, als sehr schwierig.
Waren 1920 in Antwerpen die olympischen Eissportwettbewerbe mit Erfolg durchgeführt worden
und hatte das erste olympische Eishockeyturnier den Anhängern des Wintersports neuen Auftrieb gegeben,
so gingen jedoch, wie auch in den Jahren zuvor, die Ansichten über dieses Thema auseinander.
Selbst eine beratende Konferenz über den Wintersport, die am 26. und 27. Mai des selben Jahres tagte,
hatte es nicht geschafft, das Projekt Winterspiele entsprechend vorzubereiten
und ein günstiges Verhandlungsklima zu schaffen.
Sehr treffend beschreibt Pierre de Coubertin die Situation in seinen Olympischen Erinnerungen:
"An erster Stelle stand das Problem der "Winterspiele". Die Skandinavier wollten nichts von ihnen wissen. Schlittschuhlaufen war 1894 bei der Aufzählung der wünschenswerten Wettbewerbe mit inbegriffen gewesen. London, das einen "Eispalast" besaß, hatte 1908 befriedigende Wettbewerbe organisieren können. Aber 1912 hatte Stockholm mit Eifer den Vorwand, daß es keine besäße, ergriffen, um sich von dieser Nummer zu befreien. In fünfundzwanzig Jahren hatte sich der Wintersport jedoch nicht nur in einer Menge anderer Länder verbreitet, sondern er zeigte auch einen Amateurcharakter von solcher freien, reinen Würde, daß ein völliges Ausschließen vom olympischen Programm ihm viel von seiner Kraft und seinem Wert genommen hätte. Wie sollte man andererseits vorgehen? Außer dem skandinavischen Widerstand gab es noch die doppelte Sorge, daß der Wintersport weder zur selben Zeit, noch an dem selben Ort wie die Spiele stattfinden konnte. Man macht wohl künstliches Eis, aber man kann keinen Schnee und noch weniger Berge herstellen. Würde man 1928 von den Holländern verlangen, daß sie eine Gebirgskette als Gelegenheitskauf erstehen oder sich auf Maß eine machen lassen sollten? Eine Art selbständigen, aber trotzdem mit seinem älteren Bruder verbundenen Zyklus zu schaffen, war augenscheinlich die einzige Lösung, die aber auch viel Unbequemes in sich barg." |
COUBERTIN, P. de: Olympische Erinnerungen. Hrsg. und eingeleitet von C. Diem.
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Schließlich kam man überein, Frankreich, dem Ausrichter der Olympischen Spiele der VIII. Olympiade, die Organisation einer Wintersportwoche zu gestatten, denn "placées sur un pied d'égalité, elles (die Winterspiele; der Verfasser) avaient le même droit de figurer au programme olympique."
"C'est ce que confirme M. Edström, lequel déclare ne nullement s'opposer à ce que le Comité International accorde son patronage à la semaine des Sports d'hiver, qui aurait lieu à Chamonix en 1924." |
PROCÈS-VERBAL de la Session de Lausanne, |
Nachdem nun auch die Skandinavier sich als einsichtig erwiesen und einlenkten, faßte man folgenden Beschluß:
"[...] il est décidé que le Comité International Olympique accordera son patronage à la semaine des Sports d'hiver, qui aurait lieu à Chamonix en 1924, à l'occasion de la VIIIe Olympiade, mais sans faire partie integrante des Jeux Olympiques." |
PROCÈS-VERBAL de la Session de Lausanne, |
Während man aus diesem Zitat, das aus dem Bericht der IOC-Tagung von 1921 stammt, den Zuschlag für den französischen Wintersportort Chamonix herauslesen kann, datierte Coubertin die Wahl von Chamonix hingegen auf einen späteren Zeitpunkt.
"[...] und man kam schließlich überein, daß Frankreich, wenn es bestimmt würde (es war es noch nicht, würde es aber, ohne jeden Zweifel werden), das Recht haben würde, 1924 in Chamonix eine Wintersportwoche zu organisieren, [...]." |
COUBERTIN, P. de: Olympische Erinnerungen. Hrsg. und eingeleitet von C. Diem. |
Auch Pallière datiert die Kandidatur Chamonix als Austragungsort für die Wintersportwoche auf einen späteren Zeitpunkt, nämlich den 29. Dezember 1921.
"Plusieurs stations s'étaient d'ailleurs immédiatement mises sur les rangs; mais,
certaines conditions climatériques et matérielles indispensables à
une organisation régulière s'imposaient en même temps:
nécessité de disposer d'une patinoire irréprochable; obligation
de trouver de la neige en quantité suffisante pour les épreuves de ski et de bobsleigh; enfin,
certitude de trouver des facilités de logement.
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COMITÉ OLYMPIQUE FRANÇAIS (Hrsg.): Les Jeux de la VIIIe Olympiade Paris 1924.
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Lediglich Mugnier und Pallière können genauere Angaben zu den sich mitbewerbenden anderen französischer Skistationen machen:
"Plusieurs stations posèrent leur candidature (Gérardmer dans les Vosges, Luchon-Superbagnères dans les Pyrénées) [...]." |
MUGNIER, R.: Les sports d'hiver à travers les Jeux Olympiques de Chamonix Mont-Blanc en 1924.
In: Comité Des Travaux historiques et scientifiques
(Hrsg.): Actes du 116e Congrès national des sociétés savantes (Chambery 1991).
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"La candidature de Luchon- Superbagnères était déjà écartée et seule, Gérardmer, dans les Vosges, qui avait encore des partisans, présentait une ménace." |
Vgl. PALLIÈRE, J.: Les Premiers Jeux d'Hiver de 1924. |
4.1 Vergabe der Internationalen Wintersportwoche an Chamonix
Ziel des Pariser Sportkongresses, der vom 12. bis 14. Juni 1922 abgehalten wurde, war es, den Ort, die Sportarten und den Termin für die dem Ausrichterland zugebilligte Wintersportwoche festzusetzen. Eingeladen waren die internationalen Fachverbände und die Kommissionen des Wintersports.
"Die Beschlußfassung erfolgte (...) im Sinne einer probeweisen Durchführung der olympischen Wintersport-Konkurrenzen. Auf Grund der Erfahrungen soll dann entschieden werden, ob die Winterspiele beibehalten und als integrierender Bestandteil ins ordentliche Programm aufzunehmen seien." |
WAGNER, J./EICHENBERGER, G.:
Die Olympischen Spiele Paris 1924 veranstaltet unter dem Protektorat des Internationalen Olympischen Komitees
durch das Französische Olympische Komitee.
Erinnerungswerk unter dem Patronat des Schweizerischen Olympischen Komitees.
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Im Rahmen des Kongresses wurden ebenfalls entscheidende Beschlüsse in bezug
auf die zur Austragung kommenden Sportarten und die jeweiligen Teilnehmer in den unterschiedlichen Disziplinen gefasst.
Während bereits im Juni 1922 der Gemeinde Chamonix die Veranstaltung der Internationalen Wintersportwoche
zugesichert wurde, vergingen weitere acht Monate bis es schließlich zu einer Vertragsunterzeichnung
zwischen Chamonix und dem Französischen Olympischen Komitee (COF) kam.
Nachdem der Bürgermeister der Gemeinde Chamonix, Herr Lavaivre, Doktor Angel,
Präsident des Fremdenverkehrsvereins, und der Sekretär des COF, Herr Frantz Reichel,
am 24. Januar 1923 zusammenkamen, wurde der Vertrag am 20. Februar 1923 von beiden Seiten unterzeichnet.
Es vergingen insgesamt knapp zwei Jahre, geprägt von schwierigen Verhandlungen,
bis Chamonix schließlich die Veranstaltung der Internationalen Wintersportwoche zugesagt bekam.
Wie aus dem folgenden Zitat hervorgeht, erhoffte sich Chamonix,
mit der Ausrichtung der Internationalen Wintersportwoche eine Bekanntheit über die Landesgrenzen hinaus zu schaffen:
"Le choix de Chamonix, seule station française véritablement digne par son importance et ses installations d'une telle manifestation, a tout d'abord été ratifié. Le traité d'accord conclu entre la municipalité de notre grande station alpestre et le Comité éxécutif nous permet enfin d'espérer posséder, dès la saison prochaine, à Chamonix, le digne pendant des grandes stations suisses de Davos et de Saint-Moritz." |
Vgl. DRIGNY, E.-G.: La clôture de la saison des sports d'hiver en France.
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4.1.1 Gründe für die Wahl von Chamonix
Wie in Punkt 4 bereits angedeutet wurde, galt es von Seiten des Kandidaten, eine Vielzahl von Kriterien zu erfüllen, die einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung garantieren sollten. Lediglich Chamonix konnte all diesen Anforderungen entsprechen und dominierte durch seine
"Dernier avantage matériel, en effet, que Chamonix avait mis en valeur dans son dossier de candidature, elle était la seule de toutes les stations françaises à être desservie directement de Paris, depuis 1901, avec un seul changement au Fayet, par le chemin de fer, à l'époque le moyen de transport le plus rapide et le plus confortable à longue distance." |
Vgl. PALLIÈRE, J.: Les Premiers Jeux d'Hiver de 1924. La grande bataille de Chamonix.
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Ausschlaggebend für die Wahl Chamonix als Veranstaltungsort der Internationalen Wintersportwoche war,
wie bereits in Punkt 4 erwähnt,
die parallele Durchführung der Wintersportwoche und der VIII. Olympischen Sommerspiele in demselben Land.
Dieser Beschluß war für Chamonix von Vorteil,
denn ohne dieses Ergebnis des Lausanner Kongresses von 1921 wäre die Wahl des Veranstaltungsortes
vermutlich auf eine Schweizer Skistation gefallen, da diese für die damalige Zeit bessere Voraussetzungen boten.
"Il manque malheureusement à nos stations françaises d'être mises en valeur,
de posséder les installations nécessaires pour la pratique parfaite du bobsleigh,
du patinage et d'être connues enfin de la clientèle étrangère.
Nos comités d'initiative, en limitant trop leurs efforts financiers,
ne sont pas parvenus non seulement à attirer l'étranger,
mais encore à faire connaître aux Français les vivifiants plaisirs des multiples sports d'hiver.
(...) Nos grands centres de sports d'hiver sont actuellement Chamonix et le mont Revard dans les Alpes,
Font-Romeu et Luchon-Superbagnères dans les Pyrénées,
Morez dans le Jura; mais ces stations voient malheureusement encore leurs installations sportives beaucoup trop primitives
pour soutenir la comparaison avec la Suisse.
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DRIGNY, E.-G.: L'ouverture de la saison des sports d'hiver en France.
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Die Erkenntnis, nicht mit der Schweiz konkurrieren zu können, hielt sich bis in das Vorjahr der Internationalen Wintersportwoche.
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