netSCHOOL SPORT-Geschichte Wintersport

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Stefanie Arlt: "Von den Nordischen Spielen über die olympischen Wintersportwettbewerbe (1908 - 1920) zu den ersten Olympischen Winterspielen in Chamonix. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des olympischen Wintersports unter besonderer Berücksichtigung französischsprachiger Quellen" (Auszüge)

1   Einleitung

Schon beim Gründungskongreß des IOC 1894 in der Pariser Sorbonne wurde beschlossen, welche Sportarten künftig im Programm der Olympischen Spiele vertreten sein sollten.
Bereits zu jener Zeit dachte man daran, Wintersport in den Sportartenkanon aufzunehmen.
In den ersten Jahren nach der Erneuerung der Olympischen Idee sprachen überwiegend technische und klimatische Bedingungen gegen eine Durchführung von Wintersportwettbewerben.
Ab 1901 waren es die Nordischen Spiele und deren Organisatoren, die sich gegen olympischen Wintersport aussprachen sondern auch noch in späteren Jahren.
Die skandinavischen Länder, die den Wintersport als eine Art Eigentum für sich beanspruchten, hatten nicht nur bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm Einfluß auf das Sportprogramm.
Dies macht vor allem eine Untersuchung der einzelnen IOC-Tagungen, die einmal im Jahr stattfanden, und Kongresse deutlich. So gab es in den Jahren 1896 - 1924 lediglich zwei Olympiaden, die Eissport in ihr Programm aufnahmen. Dies waren 1908 London und 1920 Antwerpen. Die für 1916 geplanten Olympischen Spiele in Berlin mußten kriegsbedingt ausfallen. Ansonsten hätte es eine Reihe an Wintersportwettbewerben im Schwarzwald gegeben.
Erst der Beginn der zwanziger Jahre sollte den Durchbruch für das Unternehmen "Olympische Winterspiele" bedeuten. Und gerade der französischen Wintersportstation Chamonix sollte die Ehre zuteil werden, die ersten Winterspiele zu veranstalten.

"[...] Chamonix, seule station française véritablement digne par
son importance et ses installations d'une telle manifestation [...]."
DRIGNY, E.-G.: La clôture de la saison des sports d'hiver en France.
In: Le Miroir des Sports 4 (1923) 140, S. 146.

Dieser kurze Abriß der Geschichte der Olympischen Winterspiele mag zwar schon auf das eine oder andere Hindernis hinweisen, das sich dem Siegeszug des Wintersports in den Weg stellte, doch eine detaillierte Auflistung der Fakten wird unter Punkt 2 gegeben.
Dieser Arbeit liegt das Ziel zugrunde, die vielschichtigen Faktoren, die für eine um 28 Jahre verzögerte Aufnahme des Wintersports in das Olympische Geschehen verantwortlich waren, darzulegen und kritisch zu beleuchten.
Des Weiteren sollen die zunächst nur als Wintersportwoche geplanten Spiele von Chamonix mit Hilfe diverser Zeitschriften und Zeitungen in Erinnerung gerufen werden. In diesem Zusammenhang soll auf die Darstellungsweise der Spiele durch die Presse eingegangen werden.
Handelte es sich damals nur um eine gewöhnliche Wintersportwoche wie jene, die schon seit 1907 mehr oder minder regelmäßig in Chamonix veranstaltet wurde, oder war bereits zur damaligen Zeit eine Beziehung zu Olympia festzustellen?
Denn nicht ohne Grund wurden die Wettbewerbe von Chamonix nachträglich als die I. Olympischen Winterspiele anerkannt.

Chamonix erfuhr nicht nur durch die zunehmende Popularität des Wintersports einen Wandel, das Erscheinungsbild des ehemals auf Bergführungen und Landwirtschaft fixierten Ortes und seiner Bevölkerung wurde auch vor allem durch die Winterspiele von Chamonix wurde geprägt. Ein Ausbau der Infrastruktur und ein Bedeutungszuwachs der Hotelleriebetriebe waren die Folge.

"Les sports d'hiver, dont l'attrait a le don de transformer immédiatement tout débutant en fanatique, voient annuellement grossir le nombre de leurs fervents, et les installations olympiques, dont Chamonix a naturellement hérité, permettant désormais aux amateurs du patin, du ski ou du bobsleigh, de trouver en France les avantages des grandes stations suisses.[...] Les stations françaises, ainsi que nos grands groupements de tourisme, ont compris l'intérêt qui s'attache au développement de la pratique des sports d'hiver et ont mis sur pied, cette année, un attrayant calendrier, qui aura le don de satisfaire aussi bien les touristes étrangers que les sportifs français. [...] Chamonix constituera naturellement, du fait de ses installations, le grand centre français de sports d'hiver et doit connaître, cette saison, un succès d'autant plus complet que le programme envisagé est d'importance et digne des remarquables exhibitions que mettent, chaque année, sur pied les importants centres suisses."

DRIGNY, E.-G.: Le bienfait des Jeux de Chamonix de 1924.
In: Le Miroir des Sports 5 (1924) 236, S. 434.

Das sind zahlreiche Faktoren, die im Rahmen dieser Arbeit untersucht und interpretiert werden sollen.

 

Exkurs: Ablauf der Untersuchung
März 2000:   Vorstellung der Thematik bei Prof. Dr. N. Müller
April - Juli 2000: Literaturrecherche an den Universitäten Mainz und Köln
05. - 08. Juni 2000: Literaturrecherche im Archiv des Museums des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne
Juli - September 2000: Literatursichtung und Vorauswertung des Materials
Oktober 2000 - Januar 2001: Verfassen der Arbeit
08. November 2000: Anmeldung der Arbeit beim Landesprüfungsamt
08. Februar 2001: Abgabe der Examensarbeit

Während der Monate April bis Dezember 2000 fanden telefonische Gespräche mit der École Nationale de Ski (ENSA), der Stadtverwaltung und mit der Vereinigung der "Amis du Vieux Chamonix" in Chamonix und dem Departementarchiv Hochsavoyens in Annecy statt.

 

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E-Mail:   netSCHOOL Redaktion ; 2003