SPORT-Geschichte -Museum |
Das Deutsche Sportmuseum - Eine Bereicherung der Museenlandschaft
von Andreas Grote
Was haben Kaufhausbesucher und Museumsbesucher gemeinsam? |
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Welche Aufgaben hat ein Sportmuseum? |
Kann Marktforschung beim Sportverständnis helfen? |
Wie sinnvoll ist ein "hands on"-Museum? |
Zunächst möchte ich wieder zum Ernst der Situation zurückkehren und ein deutliches Ja dazu sagen, dass ein Deutsches Sportmuseum notwendig ist. Ich habe aber einige Bedenken und Vorschläge, die auch nicht zuletzt aus dem Material und aus dem Gang der Diskussion in den letzten Tagen erwachsen sind. Erlauben Sie mir aber zunächst einmal eine kurze Information über das, was das Institut für Museumskunde eigentlich macht.
Das Institut ist 1979 bzw. 1980 gegründet worden, ist aber, wie ich schon sagte, bereits seit 1971 dringlich aus dem deutschen Museumswesen und aus der Ecke der Kultusministerien gefordert worden. Auch hier ist es erstaunlich, warum es solch eine zentrale Einrichtung noch nicht gab; in der DDR gab es so etwas schon seit 1965, natürlich mit einer vollkommen anderen Zielsetzung, aber ein zentrales Institut existierte dort. Wir haben die Gründung auch damit rechtfertigen können, dass wir mit unseren Erfahrungen nun endlich den wissenschaftlich fundierten Nachweis erbringen können, dass das Museumswesen ein bedeutender kulturpolitischer Faktor in Deutschland ist! 54 Millionen Besucher wurden uns 1981 gemeldet, und das von etwa 1700 Museen bei einer Gesamtzahl von über 2000. Schon allein diese Information illustriert den Zusammenhang, von dem wir sprechen. Es ist ein weiteres gewichtiges Argument auch für den Deutschen Sportbund, sich so bald wie möglich eines so bedeutenden bildungspolitischen Instrumentes zu versichern, wie es ein Museum ist, mit Breitenwirkung wohl gemerkt.
Wir kümmern uns zunächst um die reine Statistik: Meine Mitarbeiter zeigen langsam Frustationserscheinungen, sagen: "Wir sind ja nur noch ein museumsstatistisches Institut." Das ist aber nur einer der Arbeitsaufträge, die wir von Bund und Ländern bei der Gründung bekommen haben; wir kümmern uns um die Medien im Museum, wir kümmern uns um sozialwissenschaftliche Aspekte der Besucherstruktur, wir erforschen das Verhalten von Besuchern in Museen, Ausstellungen usw. und wir sammeln und studieren Museen im Kontext, d.h. wir dokumentieren Ausstellungen sowie parallel dazu Einrichtungen von Kaufhäusern und Warenhäusern. Diese spielen für die Einrichtung von Museen eine ganz bedeutende Rolle. Die Herren, die aus dem Kölner Raum kommen, wissen, dass Herr Hugo Borger immer wieder erklärt hat, das Römisch Germanische Museum sei ein Warenhaus der Geschichte und orientiere sich in seiner Ausstellung am Warenhaus. Da ist eine ganz unmittelbare Hierarchie oder Deszendenz zu sehen, die Designer, die im Museum tätig sind, sind ja vor allen Dingen Ausstellungsdesigner und daher an der Problematik der Manipulation von Menschen durch Reize, die man ihnen in den Weg stellt, professionell interessiert.
Nebenbei kümmern wir uns auch noch um Sicherheitsfragen: Wir haben Forschungsprojekte auf diesem technischen Gebiet laufen, ich komme vielleicht später darauf noch zu sprechen. Es gibt große Schwierigkeiten mit den Erläuterungsfragen und Sicherheitsfragen, Brandschutz usw. Schreckliche Probleme entstehen auch durch Versicherungen, Leihgaben, Transportfragen, Fragen des Schwingungsverhaltens von Ausstellungsstücken in alten Häusern, wo der Schwerlastverkehr vorbeigeht. Alle diese Dinge werden von uns mit Hilfe entsprechender Institute der Technischen Universität bearbeitet. Wir sind in ganz Deutschland verstreut, vor allen Dingen aber sind wir sehr eng, eigentlich täglich mit den regionalen Museumsverbänden zusammen. Wir machen z.B. Untersuchungen darüber, ob es sinnvoll, finanzierbar und machbar ist, Inventare auf elektronische Datenverarbeitung umzustellen. Hier haben wir auch einen Arbeitsauftrag von den Regierungen, die ihrerseits wieder von den Länderparlamenten aufgefordert worden sind, solche Untersuchungen anzustellen.
Unsere Datei ist auf EDV umgestellt. Hier stoßen wir immer wieder auf ganz neue Probleme des Datenschutzes; das sind äußerst komplizierte Spezialprobleme.
Wir sind für alle Museen aller Sparten da. Diejenigen, die in den Genuss unserer Umfragen kommen, werden merken, dass wir auch etwas liefern. Wir haben jetzt diese erste Erhebung für 1981 gemacht; eine ganz interessante Unterlage, mit allen Mängeln behaftet, die eine Statistik hat. Es ist jedenfalls die erste, die alles, was sich Museum nennt in deutschen Landen, zu erfassen suchte.
Die interessanten Mitteilungsblätter des Deutschen Sportmuseums (DSM) enthalten, wie wir schon festgestellt haben, bereits eine Fülle von Hinweisen, was dieses Museum einmal sammeln und zeigen wird und was es sonst noch für Aktivitäten entwickeln sollte und könnte. Ich darf hier kurz auflisten, was dort zu lesen ist:
Angesichts der oben angeführten Schwerpunkte haben Planer nicht umsonst darauf hingewiesen, dass im Vordergrund die Ausrichtung auf wechselnde Sonder- und Wanderausstellungen zu historischen und aktuellen Problemen und Themen stehen müsste. Im einzelnen wird auf Themen wie Sportstättenbau, Sportmedizin, Sport und Technik, Sport und Design usw. hingewiesen, nicht zu vergessen, Sport und Entwicklungsländer.
Diese Eckdaten und die bisherigen Planungen sind für sich genommen sehr einleuchtend, aber sie können für mich als Museumsmann noch nicht allein als Rechtfertigung für die Errichtung einer ständigen Schau oder eines Museums herhalten und genügen. Ein Sportarchiv mit einer Ausstellungsabteilung könnte die genannten Aufgaben ebenfalls wahrnehmen. Es muss noch mehr hinzukommen, und hier haben uns die Berichte der ausländischen Kollegen sehr wertvolle Hinweise geben können. Ich möchte Ihnen jetzt nicht einen langatmigen Vortrag über Sinn und Wesen von Museen sowie deren Aufgaben halten; ihre Aufgaben gehen ja weit über die eines Archivs hinaus, besonders in der Gewichtung der Arbeitsfelder Sammeln, Erhalten und Konservieren, Forschen und Einordnen sowie Ausstellen. Gerade dieser letzte Aspekt muss betont werden. Das Museum ist in viel stärkerem Maße öffentlicher Raum als etwa das Archiv.
Erlauben Sie mir, hier in loser Folge eine Reihe von Gedanken und Anregungen zu formulieren, die ihnen vielleicht die Bedingtheiten der Museumsarbeit besser vor Augen führt.
Nun, ich gehe jetzt wieder an den Anfang zurück. Das Ergebnis dieser Ausführungen ist sicherlich klar: Es Ist nämlich die konstituierende Eigenschaft eines Museums, eine Sammlung von Kulturgut zu enthalten. Die Sammlung ist zuerst da, und dann entsteht daraus in einer gewissen Zwanghaftigkeit ein Museum oder nicht. Jedenfalls ohne Sammlung kein Museum.
Ich möchte hier also als erste Frage formulieren: Wie sieht das Sammelprogramm des Deutschen Sportmuseums eigentlich aus, und welche Bestände sind bereits vorhanden?
Zweitens: Wie steht es mit der wissenschaftlichen Leitung dieses Museums? Wie mit der wissenschaftlichen Begleitung?
Drittens: Wer trägt eigentlich das Museum? Jetzt nicht so sehr vom Materiellen her gesehen; so etwas findet sich. Wo ein Wille ist, ist in der Regel auch ein Weg der Finanzierung. Sondern wer hat dieses Museum zu seiner Sache gemacht? Denn ohne den breiten Rückhalt kann eine solche nationale Gründung, die ja doch offenbar mit dem Namen "deutsch" beabsichtigt ist, weder leben noch sterben. Ich möchte übrigens als Fußnote mitteilen, dass es in deutschen Landen eine ganze Reihe von Museen gibt, die "deutsch" heißen. Der Name "deutsch" ist nicht geschützt, ebenso wenig wie die Bezeichnung "Museum". Jeder kann drei Sachen zusammentragen und zum Museum erklären, und jeder Gemeindevorsteher oder jeder Privatsammler - ich kann Ihnen einige eklatante Beispiele dafür nennen - kann also erklären, sein Museum, seine Sammlung sei das "Deutsche Museum" für dies und jenes. Da gibt es z.B. ein "Deutsches Museum für Mechanische Musikinstrumente", das ist eine Privatsammlung. Ich bin sicher, dass dieser Name natürlich begeistert von der betreffenden kleinen Gemeinde aufgegriffen wird. Da hat man doch wirklich eine Rolle in deutschen Landen. Doch sieht der Mann mit gewisser Missbilligung, dass a) schon mehrere andere derartige Sammlungen in deutschen Landen vorhanden sind, vielleicht sogar noch bedeutendere und b) ständig andere Leute sich erfrechen, ähnliche Sammlungen neu zusammenzustellen. Aber der Sammler hat dann wenigstens das Prärogativ, dass er die "deutsche" Sammlung für mechanische Musikinstrumente besitzt. Also ich möchte immer von Personen absehen, aber das war ein so schönes Beispiel! Es gibt ein Deutsches Ledermuseum in Offenbach. Nun gut, das hat den Vorteil, denselben Vorteil, den das Deutsche Sportmuseum zukünftig für sich in Anspruch nehmen kann, nämlich dass es das einzige Fachmuseum für Leder ist, das es in deutschen Landen gibt. Das Deutsche Sportmuseum wird hoffentlich das einzige große Sportmuseum sein in deutschen Landen.
Wenn also viertens eine Sammlung vorhanden ist und ein Programm für das Museum vorliegt, dann muss darangegangen werden, die Probleme und Fragen in Angriff zu nehmen, die hinsichtlich des Standortes und der Unterbringung der Einrichtung bestehen. Ich frage so stringent bzw. beginne bei diesen Fragen, um Ihnen klar zu machen, dass erstens die Gründung eines Museums nicht ausgeht von einer Theoriediskussion aufgrund derer man dann beginnt zu sammeln, sondern dass Sammlungen in der Regel vorhanden sind, die bewahrt und erschlossen werden müssen. Ich möchte also gleich sagen, dass der Sammelauftrag dieses Museums in meinen Augen durch den Namen des Museums schon in hinreichender Weise festgelegt wird. Gehen wir also bitte nicht daran, dem zukünftigen fachlichen Leiter dieses Museums in irgendeiner Weise das Feld zu beschneiden. Das Feld definiert sich nämlich schon aus den Möglichkeiten des Sammelns, die dieser Mann überhaupt noch hat, denn wir wissen ja doch alle, das Kultur beständig vernichtet wird. Das haben wir ja gerade auch gehört. Es ist also das Sammelziel so zu sehen, dass alles potenziell gesammelt werden sollte und könnte, was zum Sport gehört und was an Sammelbarem bzw. Darstellbarem überhaupt vorhanden ist. Das halte ich für eine legitime Vorgabe für dieses Museum.
Ich würde ganz gerne solch einen Ablauf vortragen, wie so ein Museum aus der Taufe gehoben worden ist, und wie das vielleicht im Bereich des Deutschen Sportmuseums sich auch darstellen könnte.
Es gibt also ein Deutsches Sportmuseum bzw. eine Initiative. Diese Initiative sollte, um sie zum Laufen zu bringen, in die Organisationsform einer Stiftung gebracht werden. Um dem nationalen Charakter gerecht zu werden, sollten im Kuratorium nicht nur die Dachverbände, der wissenschaftliche Sachverband und die Sportindustrie, sondern auch die Kulturpolitik Sitz und Stimme erhalten. Und dann gibt es noch viele andere Dinge zu beachten, z.B. das Lokale. Wenn es in Köln sein soll, dann wird man Kölner Bereiche nicht außer acht lassen, damit die Stadt sich auch damit identifiziert usw. Ich werde darauf gleich noch zurückkommen. Dann müsste ein Kuratorium ernannt bzw. berufen werden. Wer das tut, weiß ich nicht. Und diese beruft einen wissenschaftlichen Beirat. Dieser wissenschaftliche Beirat hat nun die eigentliche Vorarbeit zu machen. (Wir befinden uns immer noch im Vorfeld des Museums.) Er sollte die Eckdaten setzen für die eigentliche Programmarbeit. Der Arbeitsplan des Deutschen Sportmuseums sollte also abgesteckt werden. Vor allem sollte dieser Beirat das machen, was ich immer "Trauerarbeit" nenne, er müsste nämlich Gutachten einholen bei Leuten, die er für sachkundig hält. Und diese Gutachten müssen ausgewertet werden. Das Museum muss außerdem möglichst schnell gegründet werden. Wir sitzen jetzt schon dreimal hier zusammen, vorher hat es auch schon eine jahrelange Vorbereitungsarbeit gegeben. Das Institut für Sportgeschichte reibt sich also ständig in organisatorischen Problemen usw. auf. Ein Gebäude wird uns hier gezeigt. Ich finde das ausgezeichnet, dass es schon so etwas gibt. Aber Sie sehen ja, das Gebäude ist leer. Der Architekt hat mangels Programmvorgaben nur einige Richtungen angegeben, wie das Publikum sich in das Gebäude hineinbewegen kann. Aber was in dem Gebäude laufen soll, ist noch nicht zu ersehen. Das Gebäude an sich wird sich sicherlich sehr schnell als viel zu klein herausstellen. Was mir als Museumsmann auffällt, ist mal wieder, dass der Lagerraum im umgekehrten Verhältnis zu den tatsächlichen Verhältnissen steht. Normalerweise ist die Schausammlung ein Zehntel von dem, was dann im Keller liegt. Also müsste man eigentlich die Schausammlung in den Keller verlegen und das übrige zum Magazin erheben. Ich würde sagen, man solle das in einem Wettbewerb machen, wobei aber die Architekten möglichst präzise Programmvorgaben bekommen müssen, denn nichts ist entsetzlicher, als wenn Architekten Wolkenkuckucksheime bauen. Man nennt das dann immer Ideenwettbewerb; daraus nehmen dann die Bauverwaltungen ihre Ideen, das ist richtig, aber Architektur ist es dann eigentlich nicht mehr.
Die Gründung erfolgt also, und jetzt kommt die Ernennung eines fachwissenschaftlichen Direktors. Der Mann muss mit allen Wassern gewaschen sein.
Wir machen so eine Gründung ja auch nicht aus der Retorte, weil schon ein Haufen Objekte vorhanden waren. Hier in Berlin im Museum für Verkehr und Technik erlebten wir eine Sache, die aus dem Boden gestampft worden ist, aber schon mit ungeheuren Mengen an materiellen Vorgaben, erstens an diesem Gelände, zweitens an der großen Sammlung; mehrere Privatsammlungen in Berlin wurden da eingegliedert. Ein Verkehrsmuseum gab es schon in der Urania. Es sind dazugekommen Oldtimer-Sammlungen und andere. Auf der anderen Seite ist dadurch natürlich auch immer das Rettende nah, weil es alte Eisenbahner gibt, die sich nichts Schöneres für ihren Lebensabend vorstellen können, als Messing zu putzen und mit dem Ölkännchen an ihren Lokomotiven herumzufummeln.
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