WIRTSCHAFT & SCHULE Portraits |
Manfred Maus ein Unternehmerportrait | [ zurück zur WIRTSCHAFT Titelseite ] |
Portrait |
---|
Bundesverdienstkreuz Eine steile Karriere Auf der Suche nach Wert und Mehrwert |
Manfred Maus hat nicht nur mit den "Obi-Heimwerkermärkten" ein riesiges Unternehmen mit der besonderen Franchise-Organisationsform aufgebaut, sondern er bringt auch seine Ideen und Grundsätze, z. B. die individuelle Betrachtung von Kunde und Mitarbeiter, fruchtbar in das gesamte Wirtschaftsleben ein.
Dabei ist besonders imponierend, dass er andere am eigenen wirtschaftlichen Erfolg "teilhaben" lässt, indem er ihnen Unterstützung und Know-How zukommen lässt, und darüber hinaus die Vermittlung wichtiger Werte - auch menschlicher, z. B. die Wahrheitsliebe, - für ihn wichtig ist!
Bundesverdienstkreuz, 28.5.1999
Manfred Maus, Geschäftsführer OBI Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wurde M. Maus am 28. Mai 1999 verliehen. Seine Verdienste im einzelnen:
|
[ Seitenanfang ]
aus: Kölner Stadt-Anzeiger, 24.02.2001
Eine steile Karriere
Nach seiner Lehre in einer Eisenwarenhandlung studierte Manfred Maus in Wuppertal Betriebswirtschaft. 1958 trat er in die Firma "Lux" ein. Der Öko-Manager des Jahres 1998 ist u a. Vizepräsident der IHK- Köln, Ehrenpräsident das Deutschen Franchise-Verbandes und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Branchenführer in Deutschland
Die Baumarkt-Kette "Obi" hat im Jahr 2000 mit 23 000 Mitarbeitern einen Umsatz in Hohe von 8,2 Milliarden Mark, davon 6,5 Milliarden im Inland erwirtschaftet. Damit ist "Obi" Branchenführer in Deutschland. Das in Deutschland, Italien, Österreich, Polen, Schweiz, Slowenien, Tschechien, Ungarn und China tätige Unternehmen zählte im vergangenen Jahr 100 Millionen zahlende Kunden.
Seit dem Gründungsjahr 1970 wuchs die Zahl der Baumärkte auf 438 Geschäfte.
Mittlerweile gehört zu fast jedem Baumarkt ein Gartencenter.
"Obi" hat einen Bekanntheitsgrad von 69 Prozent.
[ Seitenanfang ]
Manfred Maus
Auf der Suche nach Wert und Mehrwert
Die Arbeit ist mehr als ein Job, das Geschäft mehr als Rendite: der Gründer der Obi-Baumärkte und seine Philosophie
Und Udo Jürgens singt das hohe Lied von Liebe und Geborgenheit. Aus dem Fernsehlautsprecher breitet sich wohlig-süß und etwas hymnisch ein breiter Klangteppich aus, und Wind streicht dem Sänger durch das Haar. Udo Jürgens sitzt - irgendwo in der Schweiz - an seinem Flügel in freier Natur. Und Manfred Maus sitzt in Wermelskirchen, sieht das Video und strahlt: "Das ist die totale Emotion."
Das ist das Obi-Lied, exklusiv komponiert und getextet für den Baumarkt-Riesen aus dem Bergischen: "Mehr als nur vier Wände, an die man Bilder hängt." Manfred Maus, Gründer, Bewahrer und Beschützer des Horts für Heimwerker, fühlt sich verstanden. Der Schlagersänger hat in Musik gegossen, was den 66-jährigen Geschäftsmann sein Leben lang umtreibt: "Sinn stiften", "Sinn geben", "Werte vermitteln" - und Geborgenheit verkaufen. Ein blendendes Geschäft. "Obi" setzte im vergangenen Jahr mit 23 000 Mitarbeitern 8,2 Milliarden Mark um.
Eine Geste aus der Zeit, als Mütter mit dem Messer noch ein Kreuz in den Brotlaib ritzten und die Ministranten für den Pfarrer das Holz hackten: Manfred Maus begrüßt seine Gäste mit einem Diener, nicht übertrieben tief, doch wahrnehmbar. Ein Konservativer mit kräftigem Händedruck. Dann ein prüfender Blick in die Augen des Gegenübers. Maus kommt sofort zur Sache: "Unsere oberste Maxime: zufriedene Kunden, nur dann kann ein Unternehmen überleben. Das alles hat mit Werten zu tun, die man nicht mehr mit 25 Jahren lernt. Die lernt man in der Kindheit."
"Werte" - kein Thema wohl auf dieser Welt, das Manfred Maus nicht auf "Werte" abklopft. Werte, etwa Wahrheit. "Bübli", erinnert sich der Obi-Herr an die Worte seine Großmutter, "Bübli, sag immer die Wahrheit." Und das", sagt Maus, "gilt auch für das Geschäftsleben. Ziehe nie einen Kunden oder Partner über den Tisch". Und dann breitet der bekennende Katholik die Arme aus wie ein Pfarrer, der seine Gemeinde segnen will, und wiederholt, kunstvoll Kunstpausen setzend: "Sag immer die Wahrheit!"
Man hört heraus: Manfred Maus will sich, kann sich und hat sich schon ungezählte Male mitgeteilt: Wirtschaftsbossen und Jungunternehmern, Einzel- und Großhändlern, Studenten und Kardinälen.
Maus in aller Welt. Manfred Maus hat - nicht nur inhaltlich - etwas zu sagen. Das war schon immer so: "Bei den Ministranten war ich der Oberministrant, in der Fußballmannschaft der Kapitän, in der Schule der Schülersprecher." Und bei seinem ersten Arbeitgeber, dem Werkzeuggroßhändler "Lux" in Wuppertal, schnell Teilhaber. Das war Mitte der fünfziger Jahre und die Erfüllung des ersten Lebenstraumes des Brauereidirektor-Sohnes aus Gottmadingen am Bodensee: "Ich wollte immer einen eigenen Laden haben."
Doch Maus wollte mehr. In der festen Überzeugung, dass die Eisenwarenhändler herkömmlichen Zuschnitts keine Zukunft haben würden, reiste er in den sechziger Jahren quer durch Deutschland, um ihnen eine Vergrößerung des Sortiments zu predigen: Nicht nur Schrauben und Nagel, Bohrmaschinen und Sägen sollten sie anbieten, auch Holz und Farben, Tapeten und Fliesen. So sollten sie ihre Zukunft sichern. Den Herrschaften war ihre Zukunft egal. Maus nicht. Er selbst konnte zwar nicht in dieses Geschäft einsteigen. Ein Großhändler, der seinen Kunden Konkurrenz macht, wäre von ebendiesen boykottiert und damit ruiniert worden - ein Dilemma.
Wie gut, dass es den Zufall gibt. Eine Reise nach New York und ein Tag zum Vergessen; Termine, die abgesagt werden, ein Tag zum Spazierengehen. Ein Tag, der zur Geburtsstunde für "Obi" wird. Der Zufall lenkt Maus' Schritte an einem Gebäude vorbei, in dem, so weist es ein Plakat aus, die "american management association" zum Thema Franchise tagt, Maus tagt einfach mit und lernt, wie die "Coca-Colas" und "McDonald's" ihr Geschäft betreiben. "Einmal denken und Hunderte Male anwenden ist effektiver als Hunderte Male denken und Hunderte Male anwenden." Manfred Maus, ist fasziniert. Die Geschäftsidee ist da und einen Namen für das Baby hat er auch schon: "Obi".
Den hat er einem französischen Zeitungsartikel entnommen, in dem über einen Lebensmittelhändler, einen Metzger und einen Baustoffhändler aus Toulon berichtet wird, die einen Baumarkt eröffnen wollten: der Name vom Begriff "Hobby" abgeleitet: "Obi". Maus setzt sich ins Flugzeug, verhandelt mit den Herren und erwirbt den Namen "Obi" für 10 000 Franc (damals gut 8000 Mark).
In Hamburg eröffnet Maus 1970 den ersten Heimwerker-Markt. Er will beweisen, dass es funktioniert.
Es funktioniert, und zwar so: Der Franchise-Geber hat die Geschäftsidee, prüft die Standort-Qualität, besorgt Wareneinkauf und Einrichtung und kümmert sich um Werbung, Personal und Buchhaltung. Der Franchise-Nehmer führt nach diesen Vorgaben sein Geschäft auf eigene Kasse und zahlt 2,5 Prozent des Umsatzes an den Franchise-Geber.
So sehr Maus auch von dieser Idee fasziniert ist, es dauert, bis er seine Faszination auf andere übertragen kann. So reist er wieder vom Norden Deutschlands in den Süden, Klinken putzend für das Maussche Missionswerk Obi werbend, hartnäckig, geduldig, "auch am Erfolg zweifelnd" - dann aber doch überzeugend. Heute führt die Obi-Zentrale in Wermelskirchen weltweit 438 Baumärkte.
"Erfolg ist ohne Sinn und Werte nicht denkbar." Das ist das Credo des deutschen Franchise-Papstes Manfred Maus, "Sinn", sagt er, "motiviert. Und ein Symbol für Sinn ist der olympische Geist." Und dann zählt er auf, als seien die Worte in Stein gemeißelt:" Siegen wollen, kämpfen, fair sein, besser sein, diszipliniert sein, sich mit anderen messen!" Das Symbol der Olympischen Spiele, die fünf Ringe, wird von Obi vermarktet. Das ist die fruchtbare Allianz von Sinn und Geschäftssinn.
"Sich mit anderen messen" Maus lässt messen. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die der Kunden, und er stellt fest: Dort, wo die Mitarbeiter sich wohl fühlen, fühlen sich ebenso die Kunden wohl - und die Bilanzen auch. Manfred Maus misst auch selbst, jeden Mittag in der Kantine der Obi-Zentrale. Beim Essen erfährt er so manches über die Befindlichkeit seiner Leute, findet Gelegenheit über Werte, Sinn und Geschäft zu reden und fühlt sich den Obianern auf eine freundlich-distanzierte Art nahe.
Manfred Maus ist fraglos ein Patriarch, einer mit Ecken und Kanten, einer, der "Engelsgeduld" an den Tag legen kann, und einer, dem Zornesausbrüche nicht fremd sind: "Wenn mich einer missbraucht; taktiert oder lügt, dann kann ich brüllen, dann kann ich gnadenlos hart sein. Dann kann es geschehen", fügt er leise hinzu", dass ich den ein oder anderen Grundwert mal vergesse." Die Rigorosität, mit der Maus entscheiden kann, erfuhr ein Geschäftsführer, der "um eine Gehaltserhöhung pokern wollte". Maus gab ihm fünf Minuten Zeit, sein Büro zu räumen und den Schlüssel an der Pforte abzugeben.
Es scheint als nage diese Auseinandersetzung noch heute an dem Obi-Gründer. Sein Traum, durch "gelebte Unternehmenskultur Menschen an die Firma zu binden", hatte sich in diesem Fall nicht erfüllt. Maus war tief enttäuscht. "Geld", sagt er, "kann doch nicht alles sein."
Hinter diesem Satz steckt mehr als reine Sparsamkeit, wenngleich ebendiese in der Obi-Zentrale durchaus spürbar ist. "Ich bin gegen jede übertriebene Repräsentation und gegen Statussymbole auch. Das kostet doch nur das Geld unserer Kunden", argumentiert Maus. "Sehen Sie, ich brauche kein eigenes Flugzeug wie manche meiner Kollegen. Linie reicht und der ICE auch. Ich brauche auch kein Fünf-Sterne-Hotel, für mich tut's ein gutes Bett. Und ein Pferd und eine Yacht? Ich wandere gern. Das ist doch auch schön. Und überdies: Wenn ich im Luxus leben würde, dann würde ich meinen Leuten doch etwas anderes vorleben, als ich ihnen predige." Und Maus predigt: den Kunden, dass ihr Heim mehr ist als vier Wände, an die man Bilder hängt; den Mitarbeitern, dass Obi mehr ist als, nur ein Job; den Franchise-Nehmern, dass ihr Geschäft mehr ist als nur Rendite.
Wert und Mehrwert, das ist die Welt des Manfred Maus. Und in manchem Geschäft lässt sich beides verbinden. Udo Jürgens, zum Beispiel, wollte für Obi nicht komponieren. "Die Abneigung gegen Leute, die mit einem Koffer voller Geld ein Lied kaufen wollen", erinnert sich Maus, "war spürbar." Er hat mit Jürgens diskutiert, vier Stunden lang. "Dann stand der Udo auf, gab mir die Hand und sagte: "Du bist ein Pfundskerl, darf ich dich duzen?" Maus war am Ziel - geschäftlich, menschlich und glücklich war er auch. Wert und Mehrwert.
Für Manfred Maus hätte Udo Jürgens auch ein anderes Lied schreiben können: "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an." Zwar ist "Mister Obi" im vergangenen Jahr von der Geschäftsführung in den Aufsichtsrat gewechselt, doch hat er nach wie vor die Zügel in der Hand - "Soll ich etwa spazieren gehen?" Große, zukunftsweisende Entscheidungen werden nicht ohne ihn getroffen. In den kommenden Tagen reist er nach Moskau, um dort das Terrain für Obi zu sondieren, und im März eröffnet er in China zwei Baumärkte. Den Bürgermeister von Schanghai kennt er sehr gut. Mit ihm verhandelt er gerade über seinen nächsten Coup: der Transrapid, der den Flughafen mit der City der chinesischen Metropole verbinden soll, braucht noch einen zugkräftigen Namen: Geht es nach Manfred Maus, wird er "Obi-Express" heißen.
Wolfgang Brüser
zurück zur WIRTSCHAFT Titelseite | [ Seitenanfang ] |