netSCHOOL WIRTSCHAFT & SCHULE Anwenden & Können

 zurück zu WIRTSCHAFT Titelseite
 Bewerbung und Psychologie
BEWERBUNGS-STRATEGIE 
  Überblick 

Absagen geben wichtige Hinweise

" . . . müssen wir Ihnen leider mitteilen . . ." Silber und Bronze werden im Wettbewerb um einen Job nicht vergeben. Wer den ersten Platz verfehlt, erhält stattdessen meist eine standardisierte und leider manchmal auch recht lieblose Absage. Zunächst zu jenen "unglücklichen" Bewerberinnen und Bewerbern, die zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden und dann doch den ersten Platz verfehlen. Das Anschreiben, der tabellarische Lebenslauf und die Zeugnisse sind auf jeden Fall überzeugend, sonst wäre man ja nicht so weit gekommen. Es muss also "vor Ort" etwas schief gegangen sein. Und wenn dies häufiger passiert, kann wohl von einem "systematischen" Fehler ausgegangen werden.

Ein Fall aus der Praxis: Der Bewerber Thomas H. schien das Rennen zu machen - bis zu der Bemerkung, dass er auf Grund des lukrativen Jobs seiner Ehefrau nicht unbedingt auf ein Einkommen angewiesen sei. Wer den Anschein erweckt, dass er sich dies alles eigentlich gar nicht "antun" müsse, verstimmt jene Gesprächspartner, deren finanzielle Lage weniger komfortabel ist. Unzweckmäßig ist auch der Hinweis auf andere Bewerbungsaktionen, die demnächst zur Entscheidung anstünden. Manche Bewerber glauben, sich damit für den potenziellen Arbeitgeber noch interessanter zu machen - in Wirklichkeit klingt das eher nach Erpressung.

Rekonstruieren Sie nach jedem Vorstellungstermin Ihr Gesprächsverhalten, und überprüfen Sie es auf Unebenheiten in der Selbstdarstellung - am besten gemeinsam mit einem Freund oder Bekannten. Nach einer Absage sollten Sie selbstverständlich die Gründe erfragen - wenn Sie Glück haben, bekommen Sie nicht nur eine schonende, sondern vor allem eine für Ihr weiteres Vorgehen hilfreiche Antwort. Nun zu jenen, die gar nicht erst die Chance erhalten, sich persönlich vorzustellen. Wer nach einer gewissen Zeit das Gefühl hat, eigentlich nur sich selbst zu schreiben, stelle sich folgende Fragen: Bewerbe ich mich wirklich auf die richtigen Stellenangebote? Ist das Anschreiben überzeugend und adressatengerecht formuliert? Stimmt die werbliche Optik der Unterlagen?

Bei den zwei letzten Fragen hilft das Vier-Augen-Prinzip weiter, also der kritische Blick anderer, die es gut mit einem meinen. Was optimiert werden kann, sollte dann auch optimiert werden. Manchmal sind es nur Nuancen, die dazu führen, dass man im Ranking auf einem undankbaren elften Platz landet, weil nur die ersten zehn Bewerber eingeladen werden. Nun zur Gretchenfrage: Bewerbe ich mich auf die richtigen Stellenangebote? Viele Berufseinsteiger ignorieren Sätze wie "Sie verfügen über entsprechende Berufs- und Branchenerfahrung". Solche K.-o.-Kriterien sind für Nachwuchskräfte zwar betrüblich, lassen sich aber nicht durch andere Vorzüge aus der Welt schaffen. "Sie sind zwischen 28 und 38 Jahre alt." Dies ist ein unerfreulicher Satz für alle, die ein wenig in die Jahre gekommen sind. Wer nicht unentwegt an diese Tatsache erinnert werden möchte, sollte auf derartige Stellenangebote nicht reagieren.

"Klasse statt Masse" - diese Regel gilt auch für die eigene Bewerbungsstrategie. Konzentrieren Sie sich auf jene Angebote, die mit Ihrem Profil stimmig zu sein scheinen, und machen Sie das im Anschreiben und tabellarischen Lebenslauf deutlich. Und noch etwas: Personalleiter und Personalberater, die für ihre Tätigkeit geeignet sind, suchen nicht die besten aller Kandidaten, sondern jene, die zu einer bestimmten Aufgabe passen. Die Botschaft einer Absage lautet also "passt nicht". Als Bewerber darf man getrost hinzufügen, dass diese Einschätzung auch im Auge des jeweiligen Betrachters liegt.

 

Wer sich vorbereitet, braucht Psycho-Tests nicht zu fürchten

Psychotests muten immer noch geheimnisvoll und bedrohlich an. Man ist Objekt einer Prozedur, die man nicht so recht durchschaut, und man hat im Vergleich zum Interview keine Chance zum Dialog. Wer sich hier nicht in eine "Opferrolle" begeben will, mag Folgendes bedenken: Viele Einstellungstests taugen herzlich wenig. Sie behaupten nur, die Intelligenz oder Persönlichkeit eines Menschen zu erfassen, können dies aber auch nicht annähernd belegen. Jeder kann sich für derartige psychodiagnostische Verfahren halbwegs fit machen und damit eine wichtige Schlüsselqualifikation unter Beweis stellen - nämlich die Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf Bewährungssituationen angemessen vorzubereiten.

Einige Anmerkungen zur Güte von psychologischen Testverfahren. Die folgenden Kriterien müssen wenigstens halbwegs erfüllt werden:

Objektivität: Hier haben Tests zweifellos ihre Stärke. Durchführung und Auswertung sind standardisiert und damit vom Diagnostiker weitgehend unabhängig. Der "Nasenfaktor" (Sympathie oder Antipathie), der im Vorstellungsinterview gewiss manchmal den Ausschlag gibt, spielt bei psychologischen Testverfahren keine Rolle.

Zuverlässigkeit (Reliabilität): Dieses Gütekriterium muss jedes brauchbare Messinstrument zumindest einigermaßen erfüllen. Wenn man mit einem Zollstock die Größe eines Menschen feststellt und diese Messung am nächsten Tag wiederholt, sollte in etwa derselbe Wert dabei herauskommen. Psychotests können hier meist nicht mithalten: Bei vielen Verfahren kommt am Montagmorgen etwas ganz anderes heraus als bei der Testwiederholung am Dienstagabend - und zwar bei ein und demselben Probanden.

Gültigkeit (Validität): Wer sich auf eine Waage stellt und 70 Kilogramm abliest, kann sicher sein, dass es sich um eine Aussage über das Merkmal "Körpergewicht" handelt. Wird aber mit der Frage "Schlafen Sie schnell ein, wenn Sie zu Bett gehen?" tatsächlich eine Persönlichkeitseigenschaft wie "Emotionale Belastbarkeit" gemessen? Wer hier als Bewerber mit "Nein" antwortet, verdient im Zweifelsfall einen Punkt für Naivität.

Über die meisten Psychotests ist nicht bekannt, was sie eigentlich messen - schon aus dem banalen Grund heraus, dass sie durchschaubar und damit manipulierbar sind. Wer sich hinsichtlich der Gütekriterien auskennt, die ein halbwegs brauchbares "Instrument der Menschenkenntnis" erfüllen muss, kann zwar durch Psychotests um einen begehrten Job, aber nicht um sein Selbstvertrauen gebracht werden.

Nun zur Vorbereitung. Nehmen Sie die Sache sportlich und trainieren Sie. Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader ("Testtraining 2000") und viele andere Buchautoren bieten tolle Möglichkeiten, sich fit zu machen. Es ist absolut legitim, den Spieß umzudrehen und alles zu tun, um die bisweilen fragwürdigen Methoden der Psychoexperten zu durchschauen und gegebenenfalls auch zu unterlaufen. Dies hat nichts mit Schummeln, sondern sehr viel mit Sozialkompetenz und der Fähigkeit zu tun, sich brauchbare Informationen zu verschaffen.

Abschließend soll noch ein Sonderfall erwähnt werden: Psychologische Eignungstest können durchaus angezeigt sein, um ein persönliches Stärken-Schwächen-Profil für die persönliche Berufsfindung und Karriereplanung zu erstellen. Eine Fälschungsabsicht kann hier ausgeschlossen werden, und ein Vorabtraining würde ja auch keinen Sinn machen.

Und welcher "Psychotest" ist der beste? Man fahre mit dem Bewerber oder der Bewerberin (am Steuer) während der Rushhour in die City, lasse ihn oder sie einen Parkplatz suchen und gehe anschließend gemeinsam in ein gutes Restaurant. Wo das Leben konkret ist, lernen wir uns einigermaßen kennen. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt: Der beste Test ist die Probezeit.

 

Der Arbeitsvertrag kann einiges verderben

Das Ziel aller Bemühungen einer Bewerbungsaktion ist ein guter Arbeitsvertrag. Bei seinem Abschluss besteht grundsätzlich Formfreiheit, das heißt, er kann auf Grund einer mündlichen Vereinbarung zu Stande kommen oder ganz schlicht dadurch, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt. Dennoch sollte man sich grundsätzlich an die Regel "Wer schreibt, der bleibt" halten. Für seriöse Unternehmen ist der schriftliche Arbeitsvertrag eine Selbstverständlichkeit, und natürlich sind die wesentlichen Inhalte vorab gemeinsam besprochen worden.

Wenn das Schriftstück eines schönen Tages vor einem liegt, kann man sich allerdings noch einiges vermasseln. Vor lauter Freude darüber, erfolgreich das Rennen gemacht zu haben, halten sich manche mit dem Kleingedruckten gar nicht erst auf, sondern unterschreiben spontan. Andere trauen sich nicht, kritische Punkte oder Ungereimtheiten anzusprechen, weil sie fürchten, sich damit bereits vor dem Start unbeliebt zu machen. Beides könnte man später bitter bereuen. Und dann sind da noch jene Vabanque-Spieler, die die Unterschrift hinauszuzögern versuchen, weil sie noch auf ein anderes Unternehmen hoffen, bei dem sie sich beworben haben.

Wenn man dann nachfragt, wann denn mit der Rücksendung des unterschriebenen Vertrages zu rechnen sei, erhält man bisweilen die Auskunft, dass der Anwalt das Dokument noch sorgfältig prüfen müsse. Natürlich kann man sich juristisch beraten lassen, aber man muss seinem zukünftigen Arbeitgeber ja nicht ausdrücklich mitteilen, dass man ihm im Zweifelsfall misstraut.

Auf der sicheren Seite im Umgang mit dem neuen Arbeitsvertrag befindet sich, wer die folgenden Grundregeln beherzigt:

  1. Zwischen dem gründlichen Lesen und der Unterschrift sollte wenigstens eine Nacht liegen.

  2. Freunde oder gute Bekannte sollten sich den Vertrag ebenfalls genau ansehen.

  3. Unklarheiten oder eventuelle Abweichungen vom dem, was mündlich vereinbart wurde, muss man unbedingt ansprechen.

Was wird in einem Arbeitsvertrag eigentlich geregelt?
Unter anderem sollten vor allem die folgenden Fragen beantwortet werden:

  1. Wann geht es los?

  2. Wie lautet die Beschreibung der Position, und mit welchen eventuellen Vollmachten ist sie ausgestattet?

  3. Wie ist das Aufgabengebiet definiert?

  4. Wie hoch ist die Vergütung, und wie setzt sie sich zusammen?

  5. Wo wird der Schreibtisch stehen?

  6. Wann endet die Probezeit?

  7. Wie viel Urlaub wird gewährt?
Wurde im Vorstellungsgespräch ein Dienstwagen zugesagt, dann sollte dieser auch im Vertrag erwähnt werden. Für manche Arbeitnehmer könnte auch das Thema Nebentätigkeiten wichtig sein. Also vorher klären und schriftlich fixieren, unter welchen Bedingungen Nebentätigkeiten gegebenenfalls akzeptiert werden. Man kann sich hier spätere Konflikte ersparen. Nicht zuletzt enthält ein Arbeitsvertrag Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Abschließend noch eine Warnung und eine Empfehlung. Die Warnung: Nicht nachverhandeln oder nachbessern wollen. Was im Vertrag so steht, wie es mündlich vereinbart wurde, darf nicht wieder infrage gestellt werden. Die Empfehlung: Wenn Sie den von Ihnen unterschriebenen Arbeitsvertrag zurücksenden, fügen Sie bitte ein kurzes Begleitschreiben an. Es bietet eine gute Gelegenheit, diese wichtige Zäsur im Leben gegenüber sich selbst und den neuen Partnern mit einigen stilsicheren Sätzen zu würdigen.

Quelle: http://berufswelt.welt.de/berufswelt/db/serien/strategie/index.htx

Bewerbung und Psychologie - Überblick 

 zurück zu WIRTSCHAFT Titelseite


Anregungen, Kritik und Kommentare    Redaktion netSCHOOL 2001