Eine neue Schule für alle | |||
PISA 2003
Finnisches Zentralamt für Unterrichtswesen
Dezember 2004
Das finnische Schulsystem hat sich zielgerichtet in die Richtung eines integrativen Systems entwickelt zu einer Schule für alle,
die allen Schülern ungeachtet ihres Geschlechtes, ihres sozialen Hintergrundes, ihrer ethnischen Zugehörigkeit usw.
gleichwertige Bildungsmöglichkeiten garantiert wie es die Verfassung verlangt.
Die schulische Gesetzgebung wurde diesem Ziel entsprechend geändert.
Das alte Schulsystem wurde in Finnland durch ein neues Schulsystem nachhaltig ersetzt (seit etwa 30 Jahren).
Die ersten Schritte in Richtung neues System wurden durch die schulpolitischen Entscheidungen zwischen 1964 und 1968 unternommen.
Damals wurde beschlossen, das gegliederte Schulwesen durch eine neunjährige Schule für alle abzulösen.
Die praktische Umsetzung fand in Finnland zwischen 1972 und 1977 gebietsweise statt.
Gleichzeitig übertrug man die Verantwortung fast vollkommen dem Schulträger, also den Kommunen.
Nur einige wenige Sonderschulen sowie die Ausbildungsschulen der Universitäten blieben staatliche Schulen.
Die Schulen folgten einem gemeinsamen zentralen Lehrplan und in Mathematik und in den Fremdsprachen richtete man Niveaukurse ein.
Den Unterricht verfolgte man landesweit durch ein Schulinspektionssystem.
Im Jahr 1985 wurden die Niveaukurse abgeschafft, um für alle Schüler gleichwertige Bildungsgänge zu schaffen.
Gleichzeitig war man bemüht, durch ein erweitertes Unterrichtsangebot sicher zu stellen,
dass die Größe der Lerngruppen ausreichend klein blieben,
wobei man jeweils den Unterricht für den ganzen Schülerjahrgang im Auge behielt.
Gleichzeitig gab man den Schulen und Schulträgern mehr Möglichkeiten,
mehr und mehr über die Organisation des Unterrichts zu entscheiden.
10 Jahre später gingen z.B. viele Schulen zum sog. flexiblen Gruppenunterricht über,
bei dem unterschiedliche Lerner in eigenen Lerngruppen arbeiteten.
Das Wechseln von einer Gruppe in die andere war leicht möglich zu jeder Zeit mitten im Schuljahr und ohne formale Bestimmungen.
In den Zeugnissen galten dieselben Kriterien unabhängig davon, in welchen Lerngruppen der Unterricht stattgefunden hatte.
10 Jahre später im Jahre 1994 fanden weitere große Veränderungen statt.
Die zentrale Administration wurde abgebaut bei allen Angelegenheiten, welche Unterrichtsinhalte und –ziele betraf.
Das Zentralamt für Unterrichtswesen gab nur sehr allgemeine Fächer bezogene Ziele und Inhalte vor.
Die Schulträger und letztlich die Schulen erarbeiteten auf diesen Grundlagen ihre eigenen lokalen Lehrpläne.
In diesen Lehrplänen konnte man lokalen Verhältnissen Rechnung tragen und von der besonderen Umgebung der Schule profitieren.
Zu Beginn der 90-er Jahre verzichtete man auch auf die Genehmigungspflicht von Schulbüchern.
Die zentrale Schulverwaltung vertraute mehr und mehr den Schulträgern und den Lehrern, sowie ihrer Fähigkeit,
die am besten geeigneten Lehrmaterialien anzuschaffen.
Dadurch wurde es möglich, dass sich ein freier Wettbewerb entwickelte
und man sich den Vorgaben der Lehrpläne mehr und mehr verpflichtet fühlte.
Zu Beginn der 90-er Jahre wurde auch die Schulinspektion abgeschafft.
Um die nationalen Bildungsziele umzusetzen verfolgte man systematisch nationale und internationale Evaluierungen der Lernergebnisse.
Seit der Unabhängigkeit des Landes hat Finnland ein Schulsystem aufgebaut, zu dessen charakteristischen Eigenschaften Konsens,
kostenfreier Unterricht, Schulessen und sonderpädagogischer Unterricht nach dem Prinzip der Inklusion gehört.
Für Finnlands Schulen sind die sehr geringen Unterschiede zwischen den Schulen bezeichnend.
Diese können durch per Zufallsauswahl erfolgte Evaluierung erklärt werden sowie dadurch,
dass man keine Rangfolge oder Rankinglisten erstellt und so die sog. guten Lehrer gleichmäßig an allen Schulen findet.
Vor allem darf man nicht vergessen, dass Finnland eine ausgesprochen bildungsfreundliche Gesellschaft ist.
73 % der 25-64-Jährigen haben mindestens eine Prüfung des zweiten Ausbildungsniveaus absolviert
und 33 % (der höchste Anteil in der EU) hat eine Universitäts- oder entsprechende Hochschulausbildung.
Die Absolvierung der Schule für die Grundbildung (Peruskoulu Klasse 1-9) ist die Voraussetzung für weitere Bildungsgänge.
Nur ca. ein Prozent eines Schülerjahrganges bleibt ohne Abschlusszeugnis der Peruskoulu.
Von diesen „Ausfällen“ holt über die Hälfte nach einer Langzeituntersuchung
diesen Abschluss auf irgendeine Weise und schafft darüber hinaus weitere Qualifikationen.
In Finnland arbeiten die Schulbeamten sehr eng und viel mit den Lehrer-, Fachlehrer und Schulleiterorganisationen zusammen.
Auf diese Weise hat man für Maßnahmen in der Schulentwicklung eine starke Grundlage.
Die finnischen Schüler des 9. Schuljahres, die an der PISA-Studie im Frühjahr 2003 teilgenommen haben,
wurden nach den Lehrplänen aus dem Jahr 1994 unterrichtet.
Der Mathematikanteil bei diesen Lehrplänen gründet im Wesentlichen auf den Leitlinien für den Unterricht in Mathematik,
die von der im Jahr 1992 eingesetzten Planungsgruppe erarbeitet worden war.
Die Gründung dieser Arbeitsgruppe bezog sich auf den internationalen Lernergebnisvergleich Ende der 80-er Jahre,
die sog. Kassel-Studie, auf deren Grundlage u.a. das sog. Leikola-Komitee (1987-89) eine Reform des Mathematikunterrichtes
und zu diesem Zweck die Einsetzung einer speziellen Arbeitsgruppe empfahl.
Die Vorschläge der Arbeitsgruppe zielten auch auf einen auf Lernzielen beruhenden Unterricht,
auf die Klassifizierung mathematischer Information, auf die Betonung der Aneignung mathematischer Kenntnisse
und die Bedeutung des operationalen Gebrauches, auf Problemlösung und ganz besonders auf die Bedeutung verschiedener Lernstile.
Viele der Vorschläge der Arbeitsgruppe übernahm man unverändert
in die Grundlagen für die Lehrpläne (Standards) aus dem Jahre 1994.
Die Entwicklung des naturwissenschaftliches Unterrichtes wurde u. a.
überprüft in den abschließenden Überlegungen des mathematisch-naturwissenschaftlichen Bildungskomitees
(1998-99, Leikolan-Komitee ) und im Protokoll der Evaluationsgruppe für naturwissenschaftlichen Unterricht (1992).
In beiden Papieren wurde vorgeschlagen, den Unterricht grundsätzlich in eine forschende und experimentierende Richtung
weiter zu entwickeln. Darüber hinaus betonte man die Entwicklung von operativem Umgang mit Wissen.
Dies waren die zentralen Grundsätze in den Lehrplänen aus dem Jahre 1994.
Die Grundlagen für die Lehrpläne (Standards) wurden Ziel bestimmt formuliert
und begriffliches Verstehen und die Umsetzung von Wissen wurden zu zentralen Fertigkeiten.
In den Zielen betonte man auch naturwissenschaftliches Verständnis im Zusammenhang mit der Lösung von Umweltproblemen.
Das Programm für das landesweite Entwicklungsprojekt für Mathematik und Naturwissenschaften
wurde 1996 im Unterrichtsministerium bekannt gegeben.
Bereits im Vorjahr wurde vom Zentralamt für Unterrichtswesen (Opetushallitus)
ein gemeinsames mathematisch-naturwissenschaftliches Projekt für allgemein bildende und Berufs bildende Schulen in Gang gesetzt,
an dem anfangs 24 finnischsprachige und zwei schwedischsprachige Pilotkommunen teilgenommen hatten.
Später wurde das Projekt um 80 weitere Schulträger erweitert und dazu kamen noch die Ausbildungsschulen der Universitäten.
Man hatte sich zum Ziel gesetzt, in den Kenntnissen und Fertigkeiten in Mathematik und in den Naturwissenschaften
zu dem besten Viertel der OECD-Länder aufzusteigen und darüber hinaus die Motivation der Schüler
für diese Fächer zu steigern. An diesem Projekt waren viele gesellschaftlich bedeutsame Persönlichkeiten und Gruppen beteiligt,
denn die Sorge um eine genügend große Zahl von gut Ausgebildeten im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften
war bei vielen verbreitet. Viele im Projekt beschriebenen Ziele wurden nicht erreicht,
aber als das Projekt im Jahre 2000 erweitert wurde, waren Anzeichen von qualitativer Entwicklung zu spüren
(u.a. bei der Evaluierung der Lernergebnisse im 6. Schuljahr 2000,
Opetushallitus 2000 und „Unterricht ist nicht langweilig“, Irma Aroluoma 2001).
Die zentrale Projektarbeit von LUMA beruhte auf einer effektiven Lehrerfortbildung,
auf Kooperation innerhalb des Netzwerkes und auf der Erarbeitung von unterstützendem Unterrichtsmaterial.
Das Projekt LUMA brachte auch Forscher, Lehrer, Beamte der Schulverwaltung und Experten der Industrie zusammen.
Und dazu war noch außerordentlich hilfreich die positive Einstellung der Medien zu Mathematik und Naturwissenschaften.
Auch auf kommunaler Ebene entwickelte sich die Weiterentwicklung von Mathematik und Naturwissenschaften zu einem gemeinsamen Projekt,
für das man sich überall nachdrücklich einsetzte.
Ein Ziel bestand auch darin, Mädchen für den naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterricht zu motivieren.
Landesweite Untersuchungen hatten bereits mehrfach gezeigt, dass in Finnland bei den Lernergebnissen
z.B. in Mathematik keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede zu beobachten sind.
Uns ist es bis dahin nicht gelungen, die Mädchen für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht zu motivieren
und das Ergebnis sieht man immer noch bei der Wahl für langen und vertiefenden Unterricht u.a. in der gymnasialen Oberstufe (Lukio),
wobei man in den Schulen, die im LUMA-Projekt teilgenommen hatten eindeutig bessere Erfolge verzeichnen konnte als in anderen Schulen.
Die besten praktischen Erfahrungen und Ideen,
die man im LUMA-Projekt gewonnen hatte verwertete man bei der Erstellung der Grundlagen für die Rahmenlehrpläne (Standards)
in den Jahren 2000-2003.
Der Erfolg von schulischen Großprojekten ist in einem Land von der Größe Finnlands sicherlich leichter zu erreichen
als in Ländern mit einer wesentlich größeren Bevölkerungszahl und mit einer anderen Bevölkerungsstruktur.
In Finnland gibt es im Bereich der schulischen Grundbildung (Klassenstufen 1-9) 600 000 Schüler in knapp 4000 Schulen.
Es gibt ungefähr 40 000 Lehrer, von denen 25 000 in irgendeiner Weise mit dem Fach Mathematik
in der schulischen Grundbildung zu tun haben. Obwohl Finnland von seiner Fläche her ein sehr großes europäisches Land ist,
bestehen doch gute äußere Bedingungen für die Durchführung von schulischen Großprojekten.
Die Schulen und Lehrer sind leicht erreichbar wegen des weit entwickelten Kommunikationsnetzes.
Darüber hinaus sind die Lehrer im Allgemeinen gerne bereit, bei Entwicklungsprojekten mitzuarbeiten,
obwohl man nicht bei allen Projekten finanzielle Unterstützung gewähren kann.
Ein Grund für diese positive Einstellung besteht sicherlich in der Motivation,
das Ansehen des Unterrichtsfaches zu heben und ganz allgemein die eigene Arbeit qualitativ weiter zu entwickeln.
In Finnland gibt es im Bereich der schulischen Grundbildung (Klassenstufen 1-9) keinerlei Schlussprüfungen, aber das Zentralamt für Unterrichtswesen hat die Ergebnisse im Fach Mathematik in diesem Bereich regelmäßig evaluiert. Seit dem Jahr 1998 werden die Lernergebnisse im Fach Mathematik jedes zweite Jahr evaluiert, also bisher bereits vier Mal in der 9. Jahrgangsstufe und einmal in der 6. Jahrgangsstufe. Mit Hilfe der nationalen Evaluierung hat man die Kompetenz im Fach Mathematik überprüft in Bezug zu den in den Grundlagen für die Lehrpläne (Standards) vorgegebenen Zielen. Mit dem Instrument der Evaluierung hat man die mathematische Kompetenz im ganzen Land und in verschiedenen Teilgebieten verfolgt. Die Evaluierung wurde mit Hilfe von repräsentativen Auswahlgruppen durchgeführt, aber die nicht in die Evaluierung einbezogenen Schulen hatten die Möglichkeit an allen Evaluierungen teilzunehmen, indem sie dieselbe Evaluierung beim Zentralamt für Unterrichtswesen bestellen konnten und so denselben Nutzen hatten. Mit Hilfe dieser äußeren Evaluierung haben die Schulen und Lehrer regelmäßig Auskunft bekommen über den Kompetenzstand ihrer Schüler im Vergleich zu anderen und im Verhältnis zu den landesweiten Ergebnissen. Auf Grund dieser Informationen konnte man sowohl auf lokaler als auch auf regionaler Ebene Korrekturen und Änderung in Angriff nehmen, wenn sich dafür Gründe ergeben hatten.
In den vergangenen Jahren hatte man einen deutlichen Schwerpunkt auf die Erforschung von Lernschwierigkeiten gelegt und versucht, aus diesen Ergebnisse Nutzen zu ziehen für praktische Unterrichtsarbeit. Diese Maßnahmen bildeten den Schlüssel für bessere Lernergebnisse schwacher Lerner. Indem man Lernblockaden abbaute, hat man vielen Schülern zu mehr Selbstvertrauen verholfen. Die Anstrengungen der Schule im Bereich Schülerfürsorge haben mitgeholfen, das sich die Lehrer auf das Unterrichten konzentrieren können, obwohl Zeitmangel in den meisten Schulen ein alltägliches Phänomen ist. Für den Mathematikunterricht sind besonders wichtig die Fertigkeiten im Bereich Lesen und Schreiben. Viele Entwicklungsprojekte, welche die Kompetenz der Schüler in diesen Bereichen erhöht haben, haben sich gleichzeitig positiv auf die Entwicklung der mathematischen Kompetenz ausgewirkt.
Die finnischen Schulen konnten offene Stellen für Mathematiklehrer bisher immer mit Lehrern besetzen,
die für diese Aufgabe die entsprechende Eignung mitbringen.
In Finnland verlangt man sowohl von Klassenlehrern (Grundschullehrer für die Klassenstufe 1-6)
als auch für Fachlehrer den höheren Hochschulabschluss (Magister).
Obwohl der Beruf des Mathematiklehrers vielleicht nicht zu den beliebtesten Berufen unter jungen Menschen zählt,
haben sich immerhin bisher hoch motivierte Studenten gefunden, die diese Studienrichtung wählten.
In Zukunft geht eine Großzahl der Lehrer in Pension und es wird nicht leicht sein,
diesen dadurch entstehenden drohenden Lehrermangel durch Fortbildung und Zusatzqualifikationen auszugleichen.
Besonders die Fort- und Weiterbildung der Klassenlehrer zu Fachlehrer für Mathematik war bisher sehr beliebt.
Dazu wählen immer mehr Studenten mit Studienrichtung Klassenlehrer als Schwerpunktfach Mathematik.
Obwohl diese sich auf Mathematik spezialisierten Klassenlehrer nie als Fachlehrer in den oberen Klassenstufen unterrichten werden,
bedeutet die breite und kompetente Fachbeherrschung viel für die Entwicklung des mathematischen Denkens bei den Grundstufenschülern.
Die finnischen Jugendlichen gehörten nach der PISA 2000 Studie zu den besten Lesern der Welt.
Finnland erlangte Spitzenergebnisse vor allem durch die ausgezeichnete Lesekompetenz der Mädchen.
Auch die Jungen zählten zu den besten Lesern der OECD-Staaten,
obwohl der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen am größten ist von allen Ländern.
In Finnland unterstützt man Schüler so,
dass die schwächsten Leseleistungen in Finnland am geringsten sind von allen OECD-Ländern
Finnland hat während der ganzen 90-er Jahre Lesekompetenz entwickelt.
Obwohl die Lesekompetenz in Finnland als gut bekannt ist,
hat man systematisch Lesekompetenz im Blickfeld gehabt und die Lernergebnisse in Muttersprache in nationalen Evaluationen ausgewertet.
Die Unterrichtsbehörde hat in den 90-er Jahren Lesekompetenz zum Hauptthema gemacht, nachdem sich in den Evaluationsergebnissen 1995 gezeigt hat, dass sich das Niveau der Lesekompetenz der 8. Klassen nach unten bewegt hat. Darauf hin wurde 1996 das Schulbibliotheksprojekt gestartet, 1997 zum Lesekompetenzjahr erklärt und zwischen 2001 und 2004 das Lese-Finnland-Pilotprojekt durchgeführt. Man wollte die Lesekompetenz der Finnen nicht schwächer werden lassen. Auf die leisesten Anzeichen, die auf Schwächen schließen ließen, wurde schnell reagiert.
In den Ergebnissen des Zentralabiturs wurde 1996 ein Niveauverlust festgestellt, der zu einer heftigen gesellschaftlichen Diskussion führte, die ernsthaft auf die Bedeutung der Kompetenz in der Muttersprache lenkte.
Für eine verstärkte Förderung der Lesekompetenz haben sich der Verband der Zeitungsverleger, der Verband der Verleger der Wochenzeitschriften, der Verband der Muttersprachenlehrer, der Finnische Bibliothekenverband sowie einzelne Bibliotheken, die Finnische Schulbuchvereinigung sowie die Vertreter der Verlage verpflichtet.
Lese-Finnland war der Name des Pilotprojektes des Finnischen Zentralamtes für Unterrichtswesen in den Jahren 2001-2004.
Sein Ziel war die Verbesserung der Lese- und Schreibkompetenz aller Schüler in den Gesamtschulen und gymnasialen Oderstufen.
In diese Verantwortung stellte man die gesamte Schule, alle Unterrichtsfächer und die gesamte Lehrerschaft.
Obwohl die PISA-Studie 2001 die Lesekompetenz der finnischen Schüler als die beste aller OECD-Staaten herausstellte,
ist man mit etwa einem Fünftel aller Kompetenzen in der Muttersprache nach den Ergebnissen in den nationalen finnischen Evaluierungen,
bezogen auf das finnische Anforderungsniveau, nicht zufrieden.
Die Unterschiede zwischen einzelnen Schülern sind zu groß,
die Jungen sind besonders in der muttersprachlichen Lesekompetenz wesentlich schwächer als Mädchen und vor allem die Fähigkeit,
aus Gelesenem Schlüsse zu ziehen und kritisch zu lesen ist für Schüler schwer.
Eine Gesellschaft wie die finnische braucht bessere und vielseitigere Lesekompetenz.
Gute Lesekompetenz bedeutet in Finnland auch Verhinderung von Ausgrenzung und stellt die Voraussetzung für Lernerfolg dar.
In dem fakultativen Pilotprojekt nahmen 69 Kommunen teil,
6 Ausbildungsschulen der Universitäten sowie eine staatliche Schule teil.
Das Startseminar fand im Mai 2001 statt mit 250 Teilnehmern.
Die Teilnehmer arbeiteten in sechs Feldern:
Entwicklung des Lehrplanes aller Fächer, um die Lese- und Schreibkompetenz sowie das literarische Wissen zu verbessern.
Entwicklung der Schulbibliotheken und Zusammenarbeit zwischen Schule und Bibliothek
Verbesserung der Grundfertigkeiten Lesen und Schreiben als Kooperation zwischen allgemeinem Unterricht und Unterricht für Schüler mit Förderbedarf
Leseverstehen, insbesondere schlussfolgerndes und kritisches Lesen
Verfassen unterschiedlicher Textformen und Schreiben lernen in allen Unterrichtsfächern
Spezielle Entwicklung zur Verbesserung der Lesekompetenz von Jungen
die finnische Kultur schätzt Lesen (Abonnement von Zeitungen, Vorlesen zu Hause) und die Lesekompetenz als Grundlage für Lernerfolg in der Schule wird weithin anerkannt: Die Medien haben aktiv mitgearbeitet, um die Bedeutung von guter Lesekompetenz und vielem Lesen für das Können im Bereich Sprechen und Schreiben zu verbreiten
flächendeckendes Netz von Bibliotheken und die Bibliotheken sind sehr gut ausgestattet; auch Familien benutzen fleißig Bibliotheken (Zeitungen, Bücher, Internet) – die Beschäftigten der Bibliotheken arbeiten im Bereich Lesekompetenz auch in den Schulen mit (Leseanimateure, Lesekoffer)
die soziale Stellung der Mutter stellt sich für die Mädchen ein wichtiges Modell dar: finnische Frauen haben allgemein eine hohe Schulbildung, stehen im Beruf und lesen mehr als Männer
das Fernsehen zeigt viele ausländische Programme mit finnischen Untertiteln ( Kinder und Jugendliche lesen beim Fernsehen und die Lesegeschwindigkeit entwickelt sich dabei)
Surfen im Internet, Versenden von SMS und Rollenspiele haben die Lese- und Schreibgewohnheiten der Jugendlichen in der Freizeit beeinflusst
die Übereinstimmung von gesprochener und geschriebener Sprache erleichtert das Leselernen in der Anfangsphase
die Standards der Lehrpläne legen den Schwerpunkt auf strategische Fertigkeiten von Lesen und Schreiben, die Methoden sind frei, die Bewertung und die Notengebung sind „weich“
eine Vielfalt von Lehrmaterial, jeder Lehrer kann sich sein Lehrmaterial selbst aussuchen
Schüler werden dazu ermuntert selbst auszuwählen: Jugendliteratur, Zeitungen, Medientexte
verhältnismäßig wenige Kinder mit einer anderen Muttersprache, so dass die Kinder allgemein in der Muttersprache lesen lernen (auch die schwedischsprachige Minderheit)
Schulen und Lehrer beteiligen sich aktiv an Leseprojekten
langfristige Kooperation mit Bibliotheken, Zeitungen und Zeitschriften
Die Ergebnissen sind ist in erster Linie und vor allem ein Zeichen dafür, dass das finnische Schulsystem äußerst effizient ist und sich um alle Schülerinnen und Schüler eines Schülerjahrganges in gleicher Weise kümmert. Der Erfolg bei bereits zwei aufeinander folgenden Evaluierungen von Lernergebnissen teilt der Weltöffentlichkeit mit, dass die Bevölkerung Finnlands eine gute schulische Bildung erfahren hat, deren Fertigkeiten in den Bereichen Lesen und Schreiben, in Mathematik und in den Naturwissenschaften Weltspitze darstellen. Das Interesse der Wissenschaft, der Entwicklungsarbeit und der Wirtschaft an unserem Land kann sich erhöhen. Die Anpassung einer Bevölkerung mit einer guten Schulbildung an die Veränderungen einer Gesellschaft gelingt leichter schon deshalb, weil die Weiterbildung von Menschen mit einer guten Ausbildung für neue Aufgaben und Tätigkeiten weniger Ressourcen benötigt als die völlig neue Ausbildung von Menschen.
Die Regierung genehmigte die Stundentafel für den grundbildenden Schulunterricht im Jahr 2001
und sie wird gemeinsam mit den neuen Lehrplänen spätestens im Jahr 2006 in Kraft treten.
In der neuen Stundentafel wurden die Minimalstunden für Mathematik und den Muttersprachenunterricht
um eine bzw. zwei Stunden erhöht und gleichzeitig wurde die Stundentafel neu geordnet.
Das Schulsystem wurde zielgerichtet weiter entwickelt und die Ergebnisse sind nun klar zu erkennen.
Davon unabhängig wird man bei allen anstehenden Entscheidungen besonderes Augenmerk auf deren Auswirkungen
auf das Schulsystem und auf den Ressourcenumfang achten müssen.
Die berufliche Kompetenz der Lehrer muss weiterhin erhalten bleiben
und diese muss durch ständige Fortbildungsmaßnahmen auf den neuesten Stand gebracht werden.
Dieser Bereich verlangt besondere Aufmerksamkeit.
Den Schulen müssen ausreichende Finanzmittel garantiert werden,
um Lernmaterialien und Geräte für den praktischen Unterricht anzuschaffen.
Die Elemente, die sich in den besten Lernergebnissen zeigen,
müssen erforscht werden und gleichzeitig muss überlegt werden, wie diese verbreitet werden können.
Darüber hinaus ist zu überlegen, wie man auf die Herausforderungen der globalen Migration reagieren kann.
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