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Croupier Michael Wondruschka, 43, Wiesbaden |
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Kein Stäubchen auf dem Smoking, das Hemd blütenweiß, die
Fliege in dezentem schwarz und die Schuhe glänzend gewienert: Tadellos die
Dienstkleidung von Michael Wondruschka, der lässiger gewandet nicht an seinem
Arbeitsplatz aufkreuzen dürfte. Er ist Croupier in der Wiesbadener Spielbank.
Extravaganzen im Outfit bleiben den Gästen vorbehalten.
Gepflegtes Auftreten und vollendete Manieren gelten als unverzichtbar für den Job am Spieltisch. "Und man braucht enorme Konzentrationsfähigkeit", sagt Michael Wondruschka, der seit 21 Jahren die Spieler zum "Faites vos jeux" auffordert. Zahlen- und Personengedächtnis sind unerlässlich, um nach jedem Spiel ohne den Hauch eines Zweifels denen die Jetons zuzuschieben, die mit Fortuna im Bunde waren. Fingerfertigkeit ist von Vorteil, wenn es gilt, die Plastik-Chips mit Grandezza aufzunehmen. Allein die Vorstellung, "dass die Jetons mit einem machen, was sie wollen", sind dem Profi am grünen Filz ein Greuel. Bevor Wondruschka mit Rateau und Jetons zu hantieren lernte, war er kaufmännischer Angestellter und im Arbeitsamt beschäftigt. Das, erinnert sich der 43jährige, sei ihm auf Dauer "zu wenig kreativ" erschienen. Er sattelte um und hat den Wechsel nie bereut. Auch wenn der Freundeskreis immer kleiner wurde, weil er arbeiten musste, wenn sich die Kumpel trafen. Auch wenn Nachtarbeit und Dienst an Sonn- und Feiertagen zu flexibler Freizeitgestaltung zwingen. Auch wenn das monatliche Salär von der Großzügigkeit der Gäste abhängt: Längst nicht jeder glückliche Gewinner folgt dem internationalen Brauch, den 35. Teil seiner Siegerprämie in den Tronc zu werfen - jenen Trinkgeld-Topf, aus dem alle Mitarbeiter der Spielbank von der Garderobiere bis zum Casino-Chef bezahlt werden. Wobei allerdings ein Mindestgehalt garantiert wird: 2800 Mark brutto für die Berufseinsteiger. "Alte Hasen" gehen mit 6000 bis 7000 Mark netto nach Hause. Die Welt der Zocker ist längst nicht mehr nur Männerdomäne, seit ein paar Wochen werden in der Wiesbadener Spielbank auch Frauen zu Croupiers ausgebildet, sieben nehmen derzeit an dem drei Monate dauernden Lehrgang teil. Das Einstiegsalter sollte zwischen 21 und 25 Jahren liegen, Sprachkenntnisse sind von Vorteil. In der Region gibt es noch Spielbanken in Bad Homburg und in Mainz. Der Croupierberuf gilt offenbar als attraktiv: Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber übertrifft das Angebot an Arbeitsplätzen. Allerdings stecken viele während des Einführungskurses auf: Sie haben die Belastungen des Berufs unterschätzt. (maf) |
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FR vom 1.4.1998 |
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