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Metaller
Domenico Corato, 44, Butzbach
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Tonnen von Stahl bewegt Domenico Corato täglich. Und dennoch muss der 44jährige Metaller bei seiner Arbeit viel Fingerspitzengefühl an den Tag legen. Der gebürtige Italiener bedient in der Butzbacher Weichenbau Gesellschaft mbH (BWG) die Richtpresse in der Endmontage. Er bringt Eisenbahnschienen und Weichenteile in die richtige Form.

Domenico Corato kommt ursprünglich nicht aus dem Metallgewerbe. In Italien erlernte er den Schreinerberuf. 1966 kam er nach Deutschland. Bereits ein Jahr später fing er bei der Weichenbau Gesellschaft in Butzbach an, ließ sich umschulen und arbeitete schließlich an der Richtpresse.

Eine verantwortungsvolle wie diffizile Aufgabe: Die Stahlteile, die Corato formt, sind bis zu fünf Tonnen schwer und können bis zu 54 Meter lang sein. Sie werden zunächst auf dem "Olympischen Feuer", wie die Arbeiter den riesigen Gaskocher nennen, erhitzt. Normale Bauteile müssen 150 Grad Celsius heiß sein, bevor sie gebogen werden. Per Kran werden die Schienen dann auf die Richtpresse, Coratos Arbeitsplatz, gehoben. Manchmal müssen vier Leute mithelfen, um die stählernen Kolosse zu bewegen. Je nach Material und Größe dauert es zwischen fünf Minuten und vier Stunden, bis die Eisenbahnschiene zurechtgebogen ist. Domenico Corato muss darauf achten, dass der Druck der Presse richtig dosiert ist. Maximal 500 Tonnen drücken auf den erhitzten Stahl. Eine falsche Handbewegung, und die Schiene bricht. Corato arbeitet sich Meter für Meter vor, bewaffnet mit Lineal und Zollstock. In der Regel hilft ihm ein Kollege.

Viel Gefühl, Augenmaß und vor allem Erfahrung zählen zu den Attributen, die ein Arbeiter an der Richtpresse mitbringen muss. "Die Schienen biegen sich ziemlich stark durch. Angst darf man bei dieser Tätigkeit keine haben", weiß Endmontagemeister Klaus-Dieter Sieger und zeigt auf eine am Boden liegende, durchgebrochene Eisenbahnschiene. Bereits feinste Haarrisse können zum Bruch des Stahls führen.

Weil die Arbeit körperlich viel abverlangt, finden sich unter den 130 gewerblich Beschäftigten der BWG keine Frauen. Zusammen mit den 70 Angestellten beschäftigt der Betrieb in Butzbach 200 Mitarbeiter. Auszubildende hat die Weichenbau Gesellschaft momentan keine. Im nächsten Jahr sollen wieder welche eingestellt werden, erklärt Betriebsleiter Axel Zimmer. Bei Neueinstellungen lege man Wert darauf, dass die Bewerber einen Montagegrundberuf erlernt hätten. Nur die älteren Mitarbeiter stammten auch aus branchenfremden Berufen. So auch Akkordarbeiter Domenico Corato, der 26 Mark in der Stunde verdient. Zwischen sieben und acht Stunden geht er täglich ans Werk. Mit seiner Arbeit ist der 44jährige hochzufrieden. "Ich hab' hier einen sicheren Arbeitsplatz", erklärt der Italiener und wuchtet die nächsten Tonnen Stahl auf die Presse. (lac)

FR vom 15.4.1998

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