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Tierpfleger
Willibald Rudolf, 59, Kronberg
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Er hat Oberarme wie andere Leute Schenkel, und das karierte, kurzärmelige Oberhemd spannt über dem prallen Bauch. Braungebrannt ist er, die Wangen glänzen rosig. Von früh bis spät schuftet Willibald Rudolf an der frischen Luft, jeden Tag. Er ist ein unscheinbarer Typ mit einem großen Herzen. Willibald Rudolf nimmt sich selbst nicht wichtig, für ihn zählen nur die Tiere im Opelzoo.

Beispielsweise die Nilpferde Tana und Max. Es ist 8 Uhr morgens, und die beiden müssen gefüttert werden. "Komm Tana, komm!" ruft Rudolf. Er steht am Gehege, schlägt mit der Hand gegen das grüngestrichene Gitter, blickt gespannt auf den grünen, 18 Grad warmen, spiegelglatten Tümpel. Nichts. Die Nilpferde sind untergetaucht. Doch plötzlich gerät die Wasseroberfläche in Wallung, erst nur ein bisschen, dann schwappen Wellen über den Beckenrand: Max und Tana tauchen auf, schwerfällig wackeln sie aus dem Bassin und öffnen gierig ihre Mäuler.

Willibald Rudolf packt einen Kohlkopf und wirft ihn Tana in den Rachen. "Die fressen am Tag 36 Stück, so als Snack zwischendurch", sagt Rudolf und legt Max einen Kohlkopf auf die Zunge, die sich anfühlt wie ein nasser Schwamm. Während die Tiere vor sich hin mampfen, erklärt der Tierpfleger: Donnerstags säubert er das eine Nilpferd-Becken, freitags das andere. Die Tiere sitzen so nie auf dem Trockenen. Denn am Putztag lässt Rudolf das Wasser ab und spritzt mit dem Hochdruckreiniger den Kot von den Kacheln.

Füttern und Säubern - das sind die Aufgaben von Willibald Rudolf. Seit 1964 macht er das schon, zuständig ist er für das Steinbock-Revier. In diesem Gebiet leben nicht nur die Nilpferde, sondern auch Beos und Fruchttauben, Weißhand-Gibbons und Wisente, Rotgesichtsmakaken und Damhirsche. Früher hatte Rudolf Angst vor Tieren, inzwischen glaubt er zu wissen: "Tiere sind besser als Menschen. Sie sind dankbar, wenn man ihnen etwas Gutes tut."

In der Futterküche seines Reviers sitzt Willibald Rudolf an einem Tisch und schnippelt Äpfel und Bananen. Die Stückchen werden vermengt mit Müsli. Gesund und lecker - und für die Vögel. Auf dem Herd kochen Reis und Nudeln. Die Affen lieben sie al dente. Im Kühlschrank liegen tote Eintagsküken: ein Fressen für die Kraniche. Auch für das Herz des Pflegers ist gesorgt. An der Wand hängt ein Lady-Di-Gedächtniskalender.

Von Zeit zu Zeit verwandelt sich Rudolf selbst in ein Tier. Zum Beispiel jetzt im Gehege der Steinböcke. Der Mann in der abgeschnittenen Jeans und den braunen Slippern verdreht die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen ist, geht schräg Richtung Futterkrippe und setzt dabei die Füße über Kreuz. "Wenn der Bock so auf dich zukommt, kannst du nur die Beine unter die Arme nehmen und abhauen", doziert Rudolf. Die Flucht ergreifen muss er aber nur dann, wenn der Steinbock in der Brunft ist. "Der denkt, ich will was von seinen Weibern."

Willibald Rudolf liebt seine Arbeit. Er sagt: "Wenn's regnet, denk ich mir: ,Morgen scheint wieder die Sonne.' Im Winter arbeite ich auch gern, da ist die Luft trocken und klar. Außerdem werde ich selten krank, die Arbeit härtet ab." Letzte Frage: Hat er eigentlich Haustiere? "Nein, mir reichen die im Zoo."

Jeder wissenschaftlich betriebene Zoo bildet Tierpfleger aus. Eine Lehre dauert drei Jahre, Voraussetzung: Hauptschulabschluss. Die Abschlussprüfung hält die Industrie- und Handelskammer ab. Ein Geselle verdient durchschnittlich zwischen 2000 und 2500 Mark netto. Im Kronberger Zoo gibt es zur Zeit zwei Lehrlinge. (prmg)

FR vom 1.9.1998

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