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Pyrotechnikerin
Ursula Balzer, 48, arbeitet in Bergen-Enkheim
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Im Hof von Ursula Balzer in Bergen-Enkheim kommt das Rauchen gleich nach den sieben Todsünden. Zwei große Schilder verbieten "strengstens" den Zigarettenkonsum, und man könnte an eine private Anti-Raucher-Kampagne denken, hätte man das Firmenemblem am Eingang nicht gesehen: Feuerwerkerei Anton Schwab. Kein Wunder also, dass Firmeninhaberin Ursula Balzer an ihrem Wohn- und Geschäftssitz in der Voltenseestraße keine Glimmstängel duldet. Schon gar nicht am Ende des Jahres, wo Lager und Verkaufsraum voll mit Silvester-Krachern sind.

Ein Funke würde vielleicht genügen, um die "Dicke Berta" zur Entfaltung ihres Silberschweifs mit roten Sternchen (im Fachjargon: Bombetten) zu veranlassen. Auch könnte es zum Ausbruch des Drei-Phasen-Vulkans Pina Colada kommen. Goldene und rote Effekte soll der Neuling des Sortiments in die Luft zaubern können - doch das soll er lieber nach dem Verkauf unter freiem Himmel und in der Silvesternacht tun.

1970 übernahm Ursula Balzer zusammen mit ihrem Mann die Feuerwerkerei in Bergen-Enkheim. Seit seinem Tod führt sie das Geschäft allein. Mittlerweile ist aber auch ihr Sohn unter die Pyrotechniker gegangen. "Wer einmal dabei gewesen ist, fängt sofort Feuer", ulkt Ursula Balzer und lacht herzhaft über den eigenen Scherz. Das kommt oft vor, wenn die 48jährige über ihren Beruf plaudert und dabei eine Sprachrakete nach der anderen zündet.

Dass Ursula Balzer als Kind eher ängstlich war und allerhöchstens mal eine Wunderkerze in die Hand nahm, mag man heute nicht mehr glauben. Hat sie doch schon vor Jahren bei der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie die "Lizenz zum Feuern" erworben.

Um Pyrotechniker zu werden, muss man mindestens 21 Jahre alt sein. Eine weitere Vorbedingung für den pyrotechnischen Lehrgang bei der Berufsgenossenschaft: Man muss bei 26 großen Feuerwerken assistiert haben. Der Kurs selbst vermittelt vor allem die Vorschriften des Sprengstoffgesetzes. Denn anders als der Privatmann, der an Silvester ein paar Raketen abschießt, unterliegen große Feuerwerke strengen Richtlinien und müssen genehmigt werden.

Ein Pyrotechniker müsse aber nicht nur über das technische Know-how verfügen, sondern vor allem sorgfältig und verantwortungsbewusst arbeiten, warnt Ursula Balzer. Sich selbst und andere niemals in Gefahr bringen, ist ihre oberste Maxime.

Wie zum Beweis hält sie alle zehn Finger in die Luft. Der linke Ringfinger ist mit einem verdächtigen Pflaster umwickelt. Doch die Pyrotechnikerin winkt ab: "Harmloser Haushaltsunfall. Ich hab' mich am Küchenmesser geschnitten." (ki)

Wer mehr über den Beruf Pyrotechniker/in wissen möchte, erhält Informationen beim Berufsinformationszentrum (BIZ) Frankfurt, Fischerfeldstraße 10-12, oder wendet sich direkt an die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie, Dörrenbergweg 36-38, 35 321 Laubach, Telefonnummer 0 64 05 / 92 07 82 . Der Ansprechpartner dort ist Peter Wunderlich.

FR vom 30.12.1998

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