Wirtschaft Wissen Berufsreportagen |
Filmvorführer Günter Graef, 67, Frankfurt |
[ Überblick Berufsreportagen ] | |
Unüberhörbar surren die 32 Millimeter schmalen
Polyester-Streifen über die Spulen der Filmprojektoren. Sechs dieser
mannshohen Blechmonster stehen nebeneinander im schlauchförmigen, schwarz
gestrichenen Vorführraum des Berger Kinos. Zwei davon erzeugen den monotonen
Lärm. Es ist düster hier. Ein Reich für Maulwürfe. "Man gewöhnt sich
daran", sagt Günter Graef. Der 67jährige ist Kinofan, liebt die Atmosphäre
in dem mit Technik vollgestopften Raum über den zwei Kinosälen. Seit mehr
als 40 Jahren arbeitet er als Filmvorführer im Bornheimer Lichtspielhaus, das
sein zweites Zuhause geworden ist.
"Die Vorführerei ist mein Hobby", sagt er. Damit verdiene er sich sein Taschengeld. Zweimal die Woche kommt er, macht die Nachmittagsschicht bis 19.30 Uhr oder auch mal die Nachtschicht. "Dann komme ich vor eins nicht ins Bett." Ein lockerer Job ist das nicht gerade. Schließlich laufen immer zwei Filme gleichzeitig. Auch jetzt. Der Kinderfilm "Dooly - der kleine Dino" nähert sich dem Ende. Die Filmspule ist fast abgerollt. Durch ein Fenster kann Graef in den Kinosaal runterschauen. Langsam schließt sich dort der Vorhang. Das Licht im Saal geht an. "Läuft alles ganz automatisch", sagt Graef stolz. Er selbst hat die Silberpapierstreifen auf den Film geklebt, die über einen im Projektor installierten Kontakt laufen, so dass das Licht von alleine an und aus, der Vorhang auf und zu geht. Das Zurückspulen allerdings geht nicht automatisch. Der Filmvorführer nimmt die Spule mit dem abgespielten Film vom Projektor und hängt sie in die nebenstehende Maschine, den sogenannten Turm. Oben steckt er die volle, unten eine leere Spule auf. Beide haben einen Durchmesser von knapp einem Meter. "Schließlich soll auch ein Zwei-Stunden-Film auf eine einzige Spule passen. Früher ging das nicht. Dann mussten wir während des Films bis zu sechsmal die Rollen wechseln." Ein Knopfdruck, und die im Turm eingespannten Räder beginnen zu routieren. "15 Minuten dauert das, dann ist der Film von der einen Rolle ab, auf die andere richtig rum aufgewickelt." In der Zwischenzeit legt Graef schon mal den Werbefilm für die Abendvorführung ein. Anfang und Ende sind jeweils mit einem Klebestreifen gekennzeichnet. Auch eine Aufgabe des Filmvorführers. "Wenn man das vergisst, müssen die Zuschauer sich unter Umständen einen Film auf den Kopf anschauen", sagt er und schmunzelt. Soll alles schon vorgekommen sein. Graef nimmt den robusten Polyester-Streifen mit den durchlöcherten Rändern und führt ihn über die erste Spule, dann über die Filmbühne - das Auge des Projektors - hin zur Tonspule. "Wichtig ist, dass die Tonspur auf dem Streifen in Richtung des Vorführers zeigt", erklärt Graef. Sonst gibt es einen seitenverkehrt gezeigten Stummfilm. Nicht bei Graef. Der versteht seinen Job. Auch in brenzligen Situationen, wenn etwa ein Film reißt oder der Lichtkolben in einem der Projektoren durchbrennt, weiß Graef immer sofort, was zu tun ist. "Nach all den Jahren interessiert mich heute die Technik hier mehr als die Filme", gibt er zu. In seiner Freizeit greift er selbst gerne zur Kamera, hält seine Enkelkinder auf Videobändern fest. Sein Produkt muss sich dann die ganze Familie anschauen. Graef kann halt auch daheim das Filmvorführen nicht lassen. (prita) Wer Filmvorführer werden möchte, sollte sich direkt an ein Kino wenden. Dort lässt sich die Technik je nach Begabung in wenigen Wochen erlernen. |
||
FR vom 17.3.1999 |
zum Überblick Berufsreportagen