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Vorueberschrift
TV-Optimierer
Jörg Steuernagel, 31, Frankfurt
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Dieser Mann kennt eines ganz genau: das aktuelle Fernsehprogramm. Die bunten TV-Illustrierten sind für Jörg Steuernagel Pflichtlektüre. Aber nicht nur das. Der 31jährige weiß auch, zu welchen Tageszeiten welche Zuschauergruppen vor der Flimmerkiste hocken, und welche Altersgruppen welche Sendungen und Sender bevorzugen. Die entsprechenden Daten bekommt er jeden Tag online direkt in seinen Computer an den Arbeitsplatz gespielt. Lieferant der seitenlangen Zahlenkolonnen ist die Nürnberger Gesellschaft für Konsumentenforschung (GfK). Sie stellt das Basismaterial, mit dem TV-Optimierer Steuernagel jonglieren muss.

Der Job des 31jährigen Mitarbeiters der Mediaagentur MindShare, einer Tochter von Ogilvy & Mather, besteht nämlich darin, anhand der ihm vorliegenden Fernsehnutzungsdaten Werbeplätze für Werbekunden zu buchen. Dabei ist Kunde nicht gleich Kunde. "Der Hersteller von Nassrasierern will schließlich eine andere Zielgruppe über das Fernsehen erreichen als ein Fabrikant von Damenstrumpfhosen", nennt MindShare-Chef Guido Modenbach ein Beispiel.

Steuernagels Kunde heißt Ford. Für den Kölner Autohersteller sichert der 31jährige bei den Sendern ARD, ZDF, RTL, SAT 1, Kabel 1, Pro 7, RTL 2, Vox und Super RTL die lukrativsten Werbeplätze. Das hört sich leichter an, als es ist. Denn auf der einen Seite konkurriert MindShare bundesweit mit rund 50 anderen Mediaagenturen um die 24 000 Werbeplätze, die jeden Monat zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite ist Werbeinsel nicht gleich Werbeinsel. Selbst zur Primetime von 20 bis 23 Uhr herrschen erhebliche Unterschiede. "Da gibt es bei einem Sender welche mit einer Reichweite von 2,8 Prozent, andere, bei denen man 4,9 Prozent der gewünschten Zielgruppe erreicht", erklärt er.

Gewünschte Zielgruppe von Kunde Ford sind die 14-49jährigen. "Als der neue Focus im Oktober rauskam, hat Ford eine riesen Kampagne gestartet. Da musste ich Werbesekunden für sieben Millionen Mark einkaufen." In normalen Monaten darf er immerhin drei Millionen Mark ausgeben. Viel Geld für einen Angestellten.

Doch Werbung ist teuer: "Beim Marktführer RTL kosten 30 Sekunden zur Primetime 127 050 Mark." Billig wird es erst zu später Stunde: von zwei bis sechs Uhr nachts. Da gibt es auch bei RTL die halbe Minute für 1290 Mark. "Allerdings gucken da auch die wenigsten zu", weiß der TV-Optimierer, der eigentlich gelernter Sozialversicherungsfachangestellter ist. "Vor acht Jahren haben ich umgeschwenkt, bin zu einer Werbeagentur und zwei Jahre später zu MindShare gegangen", erzählt er. Eine typische Quereinsteigerkarriere und ein scheinbar lohnenswerter Schritt für den Mann, der sich "learning by doing" in die Aufgabe reingefuchst hat. Auf die Frage nach seinem monatlichen Verdienst antwortet er nur: "Ich nenne keine Zahlen." (prita)

Informationen zu dieser Tätigkeit gibt es bei der Agentur MindShare, Geleitsstraße 25, Frankfurt, Telefon 0 69 / 60 90 53 27 , oder bei anderen Medienagenturen.

FR vom 24.3.1999

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