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Schadenreguliererin Irene Weitz, 52, Frankfurt |
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Wenn der Kunde nervös auf und ab rennt, weil seine
Lagerhalle abgebrannt ist, muss der Schadenregulierer einen kühlen Kopf
bewahren. In wenigen Stunden ist er am Unglücksort und versucht den Hergang
festzustellen, steht dem Unternehmer mit Rat zur Seite und leistet manchmal
mit einem Scheck finanzielle Soforthilfe. Ein verantwortungsvoller Job im
Versicherungsgewerbe. Der Weg dorthin beginnt in der Regel mit der Ausbildung
zum Versicherungskaufmann. Irene Weitz arbeitet seit etwa 30 Jahren in diesem
Geschäft. Inzwischen ist sie Leiterin der Abteilung Sachschaden für
Industriekunden der Zürich-Agrippina-Versicherungsgruppe und hat zehn
Mitarbeiter. Die 52jährige ist immer dann zur Stelle, wenn es für die
Versicherung richtig teuer wird und der Schaden in die Millionenhöhe geht.
Morgens noch am Schreibtisch, im Laufe des Tages schon irgendwo in Deutschland
unterwegs, um etwa eine Druckerei zu besichtigen, die unter Wasser steht.
"Der Schadenregulierer hält im Notfall alle Fäden in der Hand", erzählt sie. Er beauftragt Firmen mit Aufräumarbeiten, bestellt Sachverständige zum Unglücksort, spricht mit Angestellten und der Unternehmensleitung. Am Ort ist der Schadenregulierer Einzelkämpfer. Er trifft viele Entscheidungen selbst und hat die Erlaubnis, Schecks auszustellen. Es liegt auch im Interesse der Versicherung, dass der Betrieb möglichst schnell wieder seine Arbeit aufnehmen kann. Wenn etwa die Lagerhalle abgebrannt ist, kann der Regulierer auch schon mal ein Zelt bestellen. "Jeder Ausfalltag kostet uns schließlich Geld". Zum Schadenregulierer müssen sich Angestellte der Zürich-Agrippina hocharbeiten. Erfahrene Mitarbeiter gebe es auf dem Arbeitsmarkt selten. "Wir müssen unseren Nachwuchs selbst heranziehen", sagt die Abteilungsleiterin. Wer sich bei der Schadenabwicklung im Innendienst bewährt, begleitet zunächst erfahrene Mitarbeiter. Dann kommen die ersten Aufträge, die er alleine abwickelt. "Irgendwann haben wir einen erfahrenen Mitarbeiter für unser Team." Auch Seminare zum Thema "Erfolgreich Verhandlungen führen" müssen die Angestellten absolvieren, erzählt die Abteilungsleiterin. Ihre Schadenregulierer sind selten jünger als 30 Jahre. Denn in diesem Beruf zählt langjährige Erfahrung im Versicherungsgeschäft. Die Ausbildung zum Versicherungskaufmann ist Mindestvoraussetzung für das Berufsfeld des Schadenregulierers. Die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, stehen nach Angaben des Arbeitsamtes Frankfurt gut. "Die Versicherungen suchen dringend Nachwuchs", sagt Berufsberaterin Christa Kolbe. Weitz sieht inzwischen aber auch gern das Aufbaustudium zum Versicherungsfachwirt, in dem Grundkenntnisse des Versicherungsrechts, Volks- und Betriebswirtschaftslehre vermittelt werden. Ihre Mitarbeiter müssen am Unglücksort kompetent sein und verstehen, wie Betriebe funktionieren. Deutschlandweit beschäftigt die Versicherungsgruppe mehr als 80 Schadenregulierer. "Der Job ist spannend", sagt die 52jährige. Die Herausforderung bestehe darin, sich immer wieder in neue Fälle einzuarbeiten. "Die Versicherten kommen aus verschiedenen Branchen." Aber auch die Kehrseite kennt die Abteilungsleiterin gut, wenn Kunden etwa sonntags bei ihr anrufen oder sie gegen Mitternacht immer noch an der Unglücksstelle steht. "Man muss flexibel sein", machte sie die Erfahrung. Wer darauf besteht, regelmäßig nachmittags Tennis zu spielen, sei bei ihr an der ganz falschen Adresse. (prszy) Nähere Informationen zum Beruf des Versicherungskaufmanns erteilt das Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes Frankfurt unter der Telefonnummer 069 / 21 71 22 22 . |
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FR vom 28.7.1999 |
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