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Taxifahrerin
Silke Jahn, 31, Frankfurt
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Silke Jahn entspricht dem Klischee. Sie ist Taxifahrerin mit abgeschlossenem Studium der Sozialarbeit. Eigentlich wollte sie das "nur mal ein Jahr" machen und ist dann wie so viele ihrer Kollegen "hängengeblieben", sagt sie. Aber das aus gutem Grund. Seit zehn Jahren fährt sie die Menschen durch Frankfurt, weil ihr der Job Spaß macht. "Du kannst dich mit Leuten unterhalten und weißt nie, was der Tag bringt." Vor allem aber schätzt Silke Jahn ihre Freiheit: "Ich kann mir meine Zeit so einteilen, wie ich will und niemand sagt mir, was ich zu tun habe."

Silke Jahn ist zugleich seit siebeneinhalb Jahren ihr eigener Chef. Seitdem besitzt sie ein Taxi und beschäftigt mittlerweile drei Fahrer. Ihre Aufträge bekommt sie von der Taxizentrale 33. Silke Jahn schätzt, dass von den 1712 zugelassenen Taxis in Frankfurt gut 1000 Einzelunternehmern wie ihr gehören. Taxifahrer gibt es aber in allen Arbeitsverhältnissen, als Unternehmer, Angestellte oder Aushilfe. Dennoch machen sie alle den gleichen Job und sind am Umsatz, den sie einfahren, beteiligt. Ein Angestellter bekommt zwischen 40 und 50 Prozent. Hinzu kommt das Trinkgeld.

Taxifahren kann jeder, der über 21 Jahre alt ist und seit zwei Jahren einen Autoführerschein besitzt. Einzige Prüfung ist der so genannte Taxischein. Dabei muss man ein einwandfreies Führungszeugnis und Gesundheitsattest vor- sowie seine Ortskenntnis beweisen. Das alleine macht aber keinen guten "Kutscher" aus. Man sollte hilfsbereit und höflich sein und gerne mit Menschen umgehen. "Das A und O ist Besonnenheit. Man darf sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen", meint Silke Jahn.

Obwohl sie sich an viele nette und witzige Gespräche erinnert, erlebt die junge Frau auch oft erschütternde und unangenehme Situationen. "Man glaubt nicht, wie viele Einsame und Kranke es in dieser Stadt gibt." Es gibt auch Leute, die lassen sich Essen, Alkohol oder Zigaretten per Taxi in die Wohnung bringen. "Die sind oft total verwahrlost und vereinsamt. Ich bin die einzige Person, mit denen sie an diesem Tag oder in dieser Woche sprechen." Andere steigen ins Taxi und laden ihren ganzen Kummer bei den Fahrerinnen und Fahrern ab.

Manche Fahrgäste sind Silke Jahn nicht geheuer, wie ein junger Mann mit Pitbull. "In diesem Fall fange ich von mir aus ein Gespräch an, um die Leute besser einschätzen zu können." Der Fahrgast stellte sich dann als der "netteste Gast" an dem Abend heraus.

Gerade nachts kann Taxifahren riskant sein. Kutscher werden hin und wieder überfallen. Silke Jahn erinnert nur einen Fall in den letzten Jahren. Sie selbst fährt jetzt nur noch tagsüber, ist aber acht Jahre nur nachts gefahren und hatte keine Angst. Nachts ist sie sogar lieber gefahren. "Die Leute sind lockerer, denn sie haben frei."

Nur eines stört Silke Jahn an ihrem Beruf: Er ist nicht besonders anerkannt. Gäste fragen sie oft abwertend: "Das machen Sie doch nicht hauptberuflich?" Tut sie doch, obwohl sie auch als Sozialarbeiterin arbeiten könnte. (sad)

Weitere Informationen: Taxivereinigung Frankfurt, Telefon 0 69 / 23 25 68, Taxi-Ausbildungs-Zentrum Frankfurt, Telefon 0 69 / 23 58 34, Taxi-Union Frankfurt, Telefon 0 69 / 25 28 30.

FR vom 4.11.1999

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