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Fluglotsin
Ulrike Münzer, 33, Langen
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Ulrike Münzer beugt sich leicht vor und greift zum Mikrofon: "Lufthansa tree, eight, niner, two, guten Tag, auf flight-level niner zero." Kurz darauf meldet sich mit leicht metallisch-klirrender Stimme der Pilot von LH 3892 auf dem Weg von Frankfurt nach Venedig. "Lufthansa tree, eight, niner, two, guten Tag, identified, climb to fligt-level two, four, zero". Auf ihrem Radarschirm kann Ulrike Münzer den Jet verfolgen. Als keines grünes Quadrat wandert LH 3892 auf einer gepunkteten Linie nach rechts unten. Dort irgendwo liegt Schwäbisch Hall, und es wird Zeit, dass die junge Frau den Flieger "wegschickt", wie sie respektlos sagt. Der Kapitän von LH 3892 wiederholt auf Englisch die Anweisung und wird von da an von der Kontrollstelle München an der elektronischen Leine geführt. Denn ohne Einwilligung von "unten" darf kein Pilot den Kurs seiner Maschine ändern.

Ulrike Münzer ist Fluglotsin, eine von 180 in der Streckenkontrolle in Langen bei Frankfurt und eine von etwa 1800 Lotsen in ganz Deutschland. Sie sind die Regisseure des Luftraums, teilen die Starterlaubnis zu, bestimmen, welcher Jet steigen oder sinken muss...

"Vieles ist Erfahrung", sagt Ulrike Münzer, als sie entscheidet, eine auf Frankfurt anfliegende Maschine 20 Grad nach rechts abdrehen zu lassen, um dem Konflikt mit einem gerade in Frankfurt gestarteten Jet zu umgehen. Sie hätte auch den Jumbo einem Umweg fliegen lassen können, doch dann wäre der kurz darauf mit einem dritten Flieger auf Kollisionskurs geraten. "Das kann ich auf dem Radarschirm voraussehen", erklärt die Lotsin: "Das ist der Vorteil der Routine." Mit ihren 33 Jahren zählt Ulrike Münzer bereits zu den "alten Hasen". Weil der Luftverkehr rasant zunimmt, ist auch die Zahl der Lotsen kontinuierlich gestiegen.

Als Ulrike Münzer kurz vor dem Abitur stand, wusste sie nur, dass sie "was anderes machen wollte als die anderen und vor allem keine Schreibtischarbeit". Eine Freundin überredete sie dann zur gemeinsamen Bewerbung bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Ulrike Münzer schaffte den Test im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Hamburg, wo die Fähigkeiten zum räumlichen Vorstellungsvermögen, zur Konfliktbewältigung, Teamarbeit oder Belastbarkeit gecheckt werden. Die DFS sucht weiter Lotsinnen und Lotsen. Interessenten müssen zwischen 19 und 25 Jahre alt sein, Abitur oder Fachhochschulreife besitzen und gute Englisch-Kenntnisse. Nach dem Test im DLR-Zentrum folgen 15 Monate Ausbildung in der Flugsicherungsakademie in Langen; daran schließt sich ein acht- bis 18-monatiges sogenanntes "On-the-Job-Training" in einem Tower oder einer der sechs bundesweiten Kontrollzentralen an.

Die Verdienstmöglichkeiten können sich sehen lassen. Bereits an der Flugsicherungsakademie erhalten die Auszubildenden 1400 Mark im Monat und können zudem im Gästehaus der DFS günstig wohnen. Während der praktischen Ausbildung zahlt die DFS den angehenden Fluglotsen - 14,5 Prozent sind inzwischen Lotsinnen - 4500 Mark brutto. Das Anfangsgehalt eines ausgebildeten Lotsen liegt bei etwa 8000 Mark im Monat.
(gang)

Informationen erteilt die DFS Flugsicherungsakademie, Paul-Ehrlich-Straße 37-39 in 63225 Langen, Telefon 06103 / 707150. Im Internet gibt es unter www.dfs.de einen Link zur Ausbildungsseite.

FR vom 5.4.2000

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