netSCHOOL Wirtschaft Wissen Berufsreportagen

Briefträger
Günter Krausgrill, 41, Frankfurt
[ Überblick Berufsreportagen ]
Schon während seiner Studentenzeit hat Günter Krausgrill nebenbei als Aushilfsbriefträger gejobbt. Heute, 22 Jahre später, ist er hauptberuflich als Zusteller tätig. Seit vier Jahren geht er täglich im Frankfurter Stadtteil Bornheim seine Runde, zehn Kilometer, bei Wind und Wetter, schneidender Kälte und sengender Hitze.

Drei Stunden braucht der 41-Jährige im Schnitt, bis er alle Briefe und Sendungen zugestellt hat. In seinem dicht besiedelten Bezirk wohnen so viele Menschen, dass deren Post gar nicht in Krausgrills Handwagen passen würde. Deshalb muss er während seiner Tour noch zweimal aus Depots "nachladen". 70 Millionen Briefe - das ist die beeindruckende Tagesleistung aller 82000 Briefträger im Bundesgebiet. Er selbst, schätzt Krausgrill, bringt es etwa auf 2000 Sendungen täglich.

Tendenz: steigend. Denn fast täglich muss er mittlerweile so genannte Werbebriefe oder Info-Post zustellen, Angebote von Lotterien oder Reiseveranstaltern, die an alle Haushalte verteilt werden. "Für uns bedeutet das deutlich mehr Arbeit", sagt der routinierte Briefträger. Dem Postler machen auch die vielen Treppen zu schaffen, die er täglich steigen muss. "Wenn man wegen der Kälte draußen in dicken Winterklamotten unterwegs ist, kommt man dabei ganz schön ins Schwitzen", erzählt er.

Um sechs Uhr morgens beginnt der Arbeitstag. Drei Stunden etwa braucht Krausgrill, bis er die Sendungen des Tages für die Zustellung vorbereitet hat; ebenso lange ist er dann draußen unterwegs. Mit dem Einwerfen der letzten Postkarte ist der Dienst noch lange nicht zu Ende: Dann muss der Zusteller, zurück am Stützpunkt, Einnahmen verbuchen und nicht zugestellte Sendungen (Einschreiben etwa, deren Empfänger er nicht angetroffen hat) einsortieren. "Dafür brauche ich in der Regel noch einmal zwei Stunden." Vor 15 Uhr kommt er selten nach Hause. Zeiten, in denen schnelle Briefträger schon mittags die Füße hochlegen konnten, sind vorbei.

Weil Krausgrill als ehemaliger Student so etwas wie ein Quereinsteiger bei der Post ist, musste er nicht die Ausbildung zur Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr (FBF) absolvieren, die seit 1995 Voraussetzung für angehende Briefträger ist. In zwei Jahren Lehrzeit erfahren die Azubis alles über die Funktionsweise des Brief- und Frachttransports, den Aufbau des Postleitzahlensystems sowie die verschiedenen Formen der Zustellung von Briefen, Paketen und Päckchen. Gleichzeitig werden sie in den Niederlassungen praktisch ausgebildet, begleiten regelmäßig einen erfahrenen, älteren Kollegen auf Tour, wobei sie selbst schon einmal einen Teil der Briefe einwerfen dürfen.

Im ersten Lehrjahr verdient der angehende Briefträger 1106,67 Mark im Monat, im zweiten dann 1194,14 Mark. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit einer kaufmännischen Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer. Darauf kann eine Ausbildung zum Postverkehrskaufmann oder zur -kauffrau aufbauen.

Jährlich gibt es bei der Frankfurter Post 32 FBF-Lehrstellen für Haupt- oder Realschulabsolventen. Die sieben besten Azubis dürfen sich bei der Post zu Postverkehrskaufleuten weiter qualifizieren. Für Schulabbrecher hat die Post zusammen mit der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) die Aktion "JUMP" (Jugend mit Perspektive) gestartet. In den Niederlassungen Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden sollen je sechs junge Leute in einem mehrmonatigen Praktikum auf die FBF-Ausbildung vorbereitet werden. Dabei werden sie von Sozialpädagogen betreut. (old)

Weitere Infos gibt es kostenlos unter der Azubi-Infoline 0180 / 1001111.

FR vom 1.2.2001

  zum Überblick Berufsreportagen


Anregungen, Kritik und Kommentare    Redaktion netSCHOOL 2001