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aus: Sekundarstufe II, Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen, Richtlinien und Lehrpläne, 1999

Vorwort

Die bisher vorliegenden Richtlinien und Lehrpläne für die gymnasiale Oberstufe sind im Jahre 1981 erlassen worden. Sie haben die Arbeit in der gymnasialen Oberstufe geprägt, sie haben die fachlichen Standards für neue Fächer erstmalig formuliert und so die Grundlage für die Vergleichbarkeit der Abituranforderungen gesichert.

Die Überarbeitung und Weiterentwicklung muss bewährte Grundorientierungen der gymnasialen Oberstufe sichern und zugleich Antworten auf die Fragen geben, die sich in der Diskussion der Kultusministerkonferenz seit 1994 im Dialog mit der Hochschulrektorenkonferenz und in der Diskussion der Schulen und der pädagogisch interessierten Öffentlichkeit herausgebildet haben und aus deren Beantwortung sich die Leitlinien der Weiterentwicklung ergeben.

Hierbei sind folgende Gesichtspunkte wesentlich:

Lernen in diesem Sinne setzt eine deutliche Obligatorik und den klaren Ausweis von Anforderungen, aber auch Gestaltungsspielräumen für die Schulen voraus. Die Richtlinien und Lehrpläne sollen die Arbeit in der gymnasialen Oberstufe steuern und entwickeln. Sie sichern durch die Festlegung von Verbindlichkeiten einen Bestand an gemeinsamen Lernerfahrungen und eröffnen Freiräume für Schulen, Lehrkräfte und Lerngruppen.

Die Richtlinien und Lehrpläne bilden eine Grundlage für die Entwicklung und Sicherung der Qualität schulischer Arbeit. Sie verdeutlichen, welche Ansprüche von Eltern, Schülerinnen und Schülern an die Schule gestellt werden können und welche Anforderungen die Schule an Schülerinnen und Schüler stellen kann. Sie sind Bezugspunkt für die Schulprogrammarbeit und die regelmäßige Überprüfung der eigenen Arbeit.

Allen, die an der Entwicklung der Richtlinien und Lehrpläne mitgearbeitet haben, danke ich für ihre engagierten Beiträge.

(Gabriele Behler)

Ministerin für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen

 

1.3 Erziehung und Unterricht in der gymnasialen Oberstufe

1.3.1 Wissenschaftspropädeutik

Wissenschaftspropädeutisches Lernen ist ein besonders akzentuiertes wissenschaftsorientiertes Lernen, das durch Systematisierung, Methodenbewusstsein, Problematisierung und Distanz gekennzeichnet ist und das die kognitiven und affektiven Verhaltensweisen umfasst, die Merkmale wissenschaftlichen Arbeitens sind. Wissenschaftspropädeutisches Lernen setzt Wissen voraus.

Ansätze wissenschaftspropädeutischen Arbeitens finden sich bereits in der Sekundarstufe I. Das Lernen in der gymnasialen Oberstufe baut darauf auf.

Wissenschaftspropädeutisches Lernen umfasst systematisches und methodisches Arbeiten sowohl in den einzelnen Fächern als auch in fachübergreifenden und fächerverbindenden Vorhaben.

Im Einzelnen lassen sich folgende Elemente wissenschaftspropädeutischen Lernens unterscheiden:

Grundlagenwissen

Wissenschaftspropädeutisches Lernen setzt ein jederzeit verfügbares, gut vernetztes fachliches Grundlagenwissen voraus, das eine Orientierung im Hinblick auf die relevanten Inhalte, Fragestellungen, Kategorien und Methoden der jeweiligen Fachbereiche ermöglicht und fachübergreifende Fragestellungen einschließt. Wissenschaftspropädeutisches Lernen baut daher auf einer vertieften Allgemeinbildung auf, die sich auf ein breites Spektrum von Fachbereichen und Fächern bezieht, und trägt umgekehrt zu ihr bei (vgl. Kapitel 2.3 und 2.4).

Selbstständiges Lernen und Arbeiten

Wissenschaftspropädeutisches Lernen ist methodisches Lernen. Es zielt darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler grundlegende wissenschaftliche Erkenntnis- und Verfahrensweisen systematisch erarbeiten.

Der Unterricht muss daher so gestaltet werden, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, eine Aufgabenstellung selbstständig zu strukturieren, die erforderlichen Arbeitsmethoden problemangemessen und zeitökonomisch auszuführen, Hypothesen zu bilden und zu prüfen und die Arbeitsergebnisse angemessen darzustellen.

Reflexions- und Urteilsfähigkeit

Wissenschaftspropädeutisches Arbeiten erfordert problem- und prozessbezogenes Denken und Denken in Zusammenhängen. Die Schülerinnen und Schüler sollen sachgemäß argumentieren lernen, Meinungen von Tatsachen, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden, Prinzipien und Regeln verstehen, anwenden und übertragen können. Sie sollen die Grenzen und Geschichtlichkeit wissenschaftlicher Aussagen erkennen und den Zusammenhang und das Zusammenwirken von Wissenschaften kennen lernen. Schließlich geht es um das Verständnis für grundlegende wissenschaftstheoretische und philosophische Fragestellungen, Deutungen der Wirklichkeit, um ethische Grundüberlegungen und um die Reflexion des eigenen Denkens und Handelns.

Grundlegende Einstellungen und Verhaltensweisen für wissenschaftliches Arbeiten

Es gilt, Verhaltensweisen zu entwickeln und zu pflegen, mit denen wissenschaftliches Arbeiten als ein spezifischer Zugriff auf Wirklichkeit erlebt und begriffen werden kann. Wissenschaft soll auch als soziale Praxis erfahrbar werden, die auf spezifische Weise eine Verständigung über unterschiedliche Positionen und Sichtweisen hinweg ermöglicht. Dazu ist Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft erforderlich. Voraussetzung für wissenschaftspropädeutisches Arbeiten sind Verhaltensweisen wie Konzentrationsfähigkeit, Geduld und Ausdauer, das Aushalten von Frustrationen, die Offenheit für andere Sichtweisen und Zuverlässigkeit.


1.3.2 Persönliche Entfaltung und soziale Verantwortlichkeit

Persönliche Entfaltung und soziale Verantwortlichkeit bestimmen den Erziehungsauftrag der gymnasialen Oberstufe. Erziehung findet in erster Linie im Unterricht statt; das Schulleben insgesamt muss aber ebenso Ansatzpunkte bieten, um den Erziehungsprozess zu fördern und die Schülerinnen und Schüler in die Arbeit und die Entscheidungsprozesse der Schule einzubeziehen.

Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre individuellen Fähigkeiten weiter entfalten und nutzen.

Schülerinnen und Schüler sollen sich ihrer Möglichkeiten und Grenzen bewusst werden. Dieser Prozess wird dadurch unterstützt, dass durch ein Spektrum unterschiedlicher Angebote und Wahlmöglichkeiten, Anforderungen und Aufgabenstellungen sowie durch Methoden, die die Selbstständigkeit fördern, Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Fähigkeiten zu entdecken, zu erproben und ihre Urteils- und Handlungsfähigkeit zu entwickeln. Hierbei soll auch den Grundsätzen einer reflexiven Koedukation Rechnung getragen werden, die die unterschiedlichen Erfahrungen, Verhaltensweisen und Einstellungen von Jungen und Mädchen berücksichtigen.

Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mit Werten, Wertsystemen und Orientierungsmustern auseinander setzen können, um tragfähige Antworten auf die Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens zu finden.

Die in Grundgesetz und Landesverfassung festgeschriebene Verpflichtung zur Achtung der Würde eines jeden Menschen, die darin zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grund- und Menschenrechte sowie die Prinzipien des demokratisch und sozial verfassten Rechtsstaates bilden die Grundlage des Erziehungsauftrages der Schule. Die Schule muss den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit geben, sich mit den Grundwerten des Gemeinwesens auseinander zu setzen und auf dieser Grundlage ihre Wertpositionen zu entwickeln.

Die Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen, mit der eigenen Religion und mit anderen Religionen und religiösen Erfahrungen und Orientierungen, ihrer jeweiligen Wirkungsgeschichte und der von ihnen mitgeprägten gesellschaftlichen Wirklichkeit, sollen auch dazu beitragen, Antworten auf die Fragen nach dem Sinn der eigenen Existenz zu finden.

Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre sozialen Kompetenzen entwickeln und in der aktiven Mitwirkung am Leben in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen unterstützt werden.

Die Schülerinnen und Schüler müssen ihre Bereitschaft und Fähigkeit weiterentwickeln können, sich mit anderen zu verständigen und mit ihnen zu kooperieren. Dies ist sowohl für das Leben in der Schule als auch in einer demokratischen Gesellschaft und in der Staaten- und Völkergemeinschaft von Bedeutung. Es geht um eine kritische und konstruktive Auseinandersetzung mit gesellschaftlich und politisch begründeten, religiösen und kulturell gebundenen, ökonomisch geprägten und ökologisch orientierten Einstellungen und Verhaltensweisen sowie um die Entwicklung von Toleranz, Solidarität und interkultureller Akzeptanz.

Dabei ist auch ein Verhalten zu fördern, das auf Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frau und Mann und auf die Veränderung überkommener geschlechtsspezifischer Rollen zielt.

Der Unterricht thematisiert hierzu Geschichte und Struktur unserer Gesellschaft, ihre grundlegenden Werte und Normen, ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme. Er vermittelt Einblicke in politische Entscheidungsprozesse und leitet dazu an, Entscheidungs- und Einflussmöglichkeiten wahrzunehmen.

Die Schülerinnen und Schüler sollen auf ein Leben in einem zusammenwachsenden Europa und in einer international verflochtenen Welt vorbereitet werden.

Die Welt, in der die Schülerinnen und Schüler leben werden, ist in hohem Maße durch politische, wirtschaftliche und soziale Verflechtungen bestimmt. Ein Leben in dieser Welt erfordert Kenntnisse und Einblicke in die historischen, politischen, sozialen und ökonomischen Zusammenhänge. Es benötigt Verständnis für die eigene Kultur und für andere Kulturen, für interkulturelle Zusammenhänge, setzt Fremdsprachenkompetenz, Medienkompetenz, Erfahrungen im Ausland und die Bereitschaft, in einer internationalen Friedensordnung zu leben, voraus.

Die Schülerinnen und Schüler sollen bei ihrer Studien- und Berufswahl unterstützt werden.

Die gymnasiale Oberstufe soll Qualifikationen fördern, die sowohl für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife als auch für die Studien- und Berufswahl von Bedeutung sind, wie beispielsweise die folgenden Fähigkeiten: Ein breites Verständnis für sozial-kulturelle, ökonomische, ökologische, politische, naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge; die Fähigkeit, die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen zu können; ein Denken in übergreifenden, komplexen Strukturen; die Fähigkeit, Wissen in unterschiedlichen Kontexten anzuwenden; die Fähigkeit zur Selbststeuerung des Lernens und der Informationsbeschaffung; Kommunikations- und Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit.

In der gymnasialen Oberstufe muss darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Arbeit, eine Orientierung über Berufsfelder und mögliche neue Berufe, die systematische Information über Strukturen und Entwicklungsgesetzmäßigkeiten des Arbeitsmarktes ermöglicht werden. Dies kann durch Angebote von Betriebspraktika sowie Betriebserkundungen und -besichtigungen, durch studienkundliche Veranstaltungen und die Einrichtung von Fachpraxiskursen geschehen. Dabei arbeiten die Schulen mit den Hochschulen, den Arbeitsämtern und freien Trägern aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammen.

2.1 Gleichwertigkeit der Fächer

Gleichwertigkeit der Fächer bedeutet nicht, dass die Fächer gleichartig sind - Die prinzipielle Gleichwertigkeit der Fächer ist darin begründet, dass jedes Fach Gleiches oder Ähnliches sowohl zum wissenschaftspropädeutischen Lernen als auch zur persönlichen Entfaltung in sozialer Verantwortlichkeit beitragen kann.

2.3 Aufgabenfelder

Aufgabenfelder bündeln und steuern das Unterrichtsangebot der gymnasialen Oberstufe.

Die Unterscheidung der folgenden drei Aufgabenfelder ist das Ergebnis bildungstheoretischer, didaktischer und pragmatischer Überlegungen. Die Aufgabenfelder werden bezeichnet als

Die eher theoretischen Begründungen orientieren sich an den Bemühungen, bildungstheoretisch relevante Sach- und Problembereiche und wissenschaftstheoretische Schwerpunktsetzungen zu unterscheiden sowie bildungsgeschichtliche Traditionen aufzugreifen und modifiziert fortzuführen.

Die Aufgabenfelder sind durch folgende Gegenstandsbestimmungen gekennzeichnet:

Das Fach Sport trägt, ausgehend von der körperlich-sinnlichen Dimension des Menschen, zu einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung bei. Auf der Basis unmittelbar erlebter sportlicher Handlungssituationen soll der Sportunterricht zur aktiven Teilhabe an der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur und zur kritischen Auseinandersetzung mit ihr befähigen.

.......
Die Aufgabenfelder können die Abstimmungen und Kooperation in der Schule erleichtern, wenn es darum geht,

Die drei Aufgabenfelder sind ein Steuerungsinstrument, weil mit Hilfe einer Zusammenfassung verschiedener Unterrichtsfächer zu Fächergruppen Wahlfachregelungen getroffen werden können, die einer zu einseitigen Fächerwahl entgegenwirken. Jedes der drei Aufgabenfelder muss von den Schülerinnen und Schülern durchgehend bis zur Abiturprüfung belegt werden. Keines ist austauschbar.

3.2 Fachübergreifendes und fächerverbindendes Lernen

So wichtig es ist, durch systematische fachliche Arbeit fachliche Kompetenzen zu fördern, so bedeutsam ist es, die Fachperspektive zu überschreiten. Durch fachübergreifendes und fächerverbindendes Lernen wird eine mehrperspektivische Betrachtung der Wirklichkeit gefördert, und es werden damit auch übergreifende Einsichten, Fähigkeiten, Arbeitsmethoden und Lernstrategien entwickelt, die unterschiedliche fachliche Perspektiven für gemeinsame Klärungen und Problemlösungsstrategien verbinden und so zur Kenntnis der komplexen und interdependenten Probleme der Gegenwart beitragen. Deshalb gehört das Überschreiten der Fächergrenzen, das Einüben in die Verständigung über Differenzen und über Differenzen hinweg neben dem Fachunterricht zu den tragenden Prinzipien der gymnasialen Oberstufe.

Wissenschaftspropädeutisches Lernen erfordert beides: das fachliche Arbeiten, seine Reflexion und das Denken und Handeln in fachübergreifenden Zusammenhängen.

3.3 Gestaltungsprinzipien des Unterrichts

Lernen ist ein individueller, aktiver und konstruktiver Aufbau von Wissen, der maßgeblich durch das verfügbare Vorwissen und den entsprechenden Verständnishorizont beeinflusst wird. Lernen heißt auch: Fähigkeiten und Fertigkeiten, Neigungen und Interessen, Einstellungen und Werthaltungen zu entwickeln. Umfang, Organisation, langfristige Verfügbarkeit machen die Qualität des Wissensbestandes aus. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler tragen für den Aufbau eines solchen Wissens eine gemeinsame Verantwortung. Eine aufgabenorientierte Strukturierung des Unterrichts durch die Lehrkräfte ist genau so wichtig wie das Schaffen offener Lern- und Arbeitssituationen. Dabei ist zu bedenken, dass übermäßige Engführung eines Frontalunterrichts den sachbezogenen Handlungsspielraum der Schülerinnen und Schüler ebenso einengt, wie völlig offener Unterricht mit einer Fiktion vom "autonomen Lernen" überfordert.

Der Unterricht soll folgenden Prinzipien folgen:

Lernprozesse sollen sich am Leitbild aktiven und selbstständigen Arbeitens orientieren. Wenn Lernende sich aktiv mit den Lerngegenständen auseinander setzen, werden ihr Wissenserwerb und ihre Methodenkompetenz gefestigt und erweitert. Das heißt für den Unterricht, Aufgaben zu stellen, die die Schülerinnen und Schüler vor die Notwendigkeit stellen, auf erworbenes Vorwissen und Können Bezug zu nehmen. Sie müssen Inhalte und Methoden wiederholen, im neuen Zusammenhang anwenden und ihre Lernprozesse reflektieren können, um fachliche und überfachliche Lernstrategien langfristig aufzubauen. In der methodologischen Reflexion werden Lernen und Erkenntniserwerb selbst zum Lerngegenstand.

Lernprozesse sollen Gelegenheit für kooperative Arbeitsformen geben. Je mehr die Notwendigkeit besteht, eigene Lernerfahrungen und -ergebnisse mit den Problemlösungen anderer zu vergleichen, zu erörtern, sie dabei zu überprüfen und zu verbessern, desto nachhaltiger ist das Lernen.

Teamfähigkeit herauszubilden heißt für den Unterricht, arbeitsteilige und kooperative Arbeitsformen zu initiieren und dabei zu einer Verständigung über die Zusammenarbeit und die Methoden zu kommen, Arbeitsergebnisse abgestimmt zu präsentieren und gemeinsam zu verantworten.

Lernprozesse sollen durch komplexe Aufgabenstellungen geleitet werden. Solche Aufgaben bedingen multiperspektivische und mehrdimensionale Sichtweisen, sie tragen zur Methodenreflexion bei und erfordern die Erstellung von Produkten, die individuelle oder gemeinsame Lernergebnisse repräsentieren und einer Selbst- und Fremdbewertung unterzogen werden. Referate, Facharbeiten, Ausstellungen, Aufführungen etc. können herausragende Ergebnisse solcher Aufgabenstellungen sein.

Der Unterricht soll auf Anwendung und Transfer der zu erwerbenden Fähigkeiten und Kenntnisse zielen. Transfer ist zu erwarten, wenn die Lerngegenstände mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und authentischen Handlungssituationen verbunden sowie unabhängig von bekannten Kontexten beherrscht werden. Das heißt für den Unterricht, solche Probleme und Fragestellungen zum Gegenstand zu machen, die Zugriffe aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven erfordern. Die jeweiligen Sichtweisen können relativiert und in Bezug auf ihren spezifischen Beitrag zur Problemlösung beurteilt werden. So werden Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit von Erkenntnissen und Verfahren deutlich. Anwendung und Transfer werden auch in Projekten und in Vorhaben zur Gestaltung und Öffnung von Schule und in Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern gefördert.

Der Unterricht darf nicht ausschließlich linear erfolgen, sondern muss die Vernetzung eines Problems innerhalb des Faches, aber auch über das Fach hinaus sichtbar machen. Es wird darauf ankommen, Formen der Organisation von Lernsituationen, die sich an fachlicher Systematik orientieren, durch solche Arrangements zu ergänzen, die dialogisches und problembezogenes Lernen ermöglichen. Insbesondere sollen die Schülerinnen und Schüler in diesem Zusammenhang mit Themen und Arbeitsmethoden des fachübergreifenden und fächerverbindenden Arbeitens vertraut gemacht werden.

1 Pädagogische Grundlegung für den Schulsport

1.1 Auftrag des Schulsports

Mit dem Schulsport kommt die Institution Schule ihrer Verantwortung für den Aufgabenbereich Körper und Bewegung, Spiel und Sport nach. In Spiel und Sport ereignet sich das pädagogisch Bedeutsame zunächst in und durch Bewegung, womit zugleich die Körperlichkeit der Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise angesprochen wird. Darauf beruhen die Sonderstellung und die Unverzichtbarkeit dieses Aufgabenbereichs in der Schule.

Schulsport ist jedoch in seinen pädagogisch bedeutsamen Wirkungen nicht auf die körperliche und die motorische Dimension der Entwicklung beschränkt, sondern versteht sich als wichtiger Ansatzpunkt ganzheitlicher Erziehung. Die Bewegungen, um die es im Schulsport geht, aktualisieren immer auch soziale Bezüge, Emotionen, Motive, Kognitionen und Wertvorstellungen. Insofern verdienen Unterrichts- und Erziehungsprozesse im Schulsport nachdrücklich das Attribut "ganzheitlich". Auch darauf beruht angesichts der Lebens- und Lernbedingungen der Heranwachsenden der unersetzliche Wert dieses Aufgabenbereichs.

Wenn der Aufgabenbereich hier Schulsport genannt wird, so ist darin "Sport" in einem weiten Sinne zu verstehen. Als Sport wird jener Teil unserer Kultur verstanden, in dem die körperbetonte, spielerisch-sportliche Bewegung in unterschiedlichen Formen und Zugangsweisen Gestalt angenommen hat. Neben diesem verbreiteten, weiten Begriffsverständnis begründet auch die sprachliche Zweckmäßigkeit des Terminus diese Entscheidung. Dennoch wird an verschiedenen Stellen auch das mit "Sport" Gemeinte durch Formulierungen wie "Bewegung, Spiel und Sport" umschrieben. Dadurch wird die pädagogisch wünschenswerte inhaltliche Weite dieses Aufgabengebiets unterstrichen. Schulsport soll den Blick für die Gesamtheit von Bewegung, Spiel und Sport in unserer Gesellschaft öffnen. Er umfasst daher schulrelevante Ausschnitte aus diesem Feld der Möglichkeiten und steht für die Vielfalt pädagogisch wünschenswerter, hier vermittelbarer Erfahrungen und Qualifikationen.

Die Rahmenvorgaben für den Schulsport wie auch die Lehrpläne Sport der einzelnen Schulformen und Schulstufen entfalten gemeinsam die hier zugrunde liegende fachdidaktische Position. Sie besteht darin, Bewegung, Spiel und Sport sowohl als Mittel individueller Entwicklungsförderung einzusetzen, als auch durch den Schulsport die Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur zu erschließen. Deshalb wird als pädagogische Leitidee des Schulsports folgender Doppelauftrag formuliert:

Entwicklungsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport
und
Erschließung der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur

Sich körperlich ausdrücken, Bewegungen gestalten (B)

Der menschliche Körper, insbesondere der Körper in Bewegung, ist Träger von Botschaften der Person. Vor allem junge Menschen definieren sich über ihren Körper; ihr Körperkonzept ist ein wesentlicher Teil ihres Selbstkonzepts. Es ist eine der anerkannten Entwicklungsaufgaben des Jugendalters, im Einklang mit der eigenen Körperlichkeit leben zu lernen. Sie schließt auch ein, dass Jugendliche urteilsfähig gegenüber Vorgaben werden, wie man aussehen und sich bewegen sollte.

Der Sport bietet in der Schule mehr Anlässe als jedes andere Fach, die Ausdrucksmöglichkeiten des Körpers zu erproben und zu reflektieren. Die Identifikation mit der eigenen Bewegung bringt es mit sich, dass Arbeit am Bewegungsausdruck immer auch Arbeit am Ich ist. Die Aufgabe des Sportunterrichts kann darin bestehen, junge Menschen bei dieser Arbeit zu unterstützen. Das schließt ein, dass sie auch lernen:   Ich bin mehr als mein Körper.
 

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