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PHILOSOPHIE

Wie werde ich ein Lebenskünstler?

Nachdenken über das Sein und das Nichtsein

Wenn du denkst, dass du denkst, wenn du fühlst, dass du fühlst, dann ...

Wer bin ich? Was soll ich? Warum bin ich? Was ist der Sinn des Lebens und des Todes? Wie funktioniert die Wirklichkeit? -
Alles Fragen, die wir uns bewusst oder unbewusst ständig stellen, auf die wir Antworten suchen, die letztlich nie abschließend zu beantworten sind und mit denen wir uns aber unser Leben lang auseinandersetzen müssen. Alles Fragen, die mit unserem schulischen, beruflichen oder gesellschaftlichen und privaten Alltag zutun haben. Alles Fragen, die alle Wissenschaftsbereiche ebenso betreffen wie die vielfältigen Probleme des Lebens.

Da ist es schon eine Kunst mit dem Leben zurechtzukommen, eine wirkliche Lebenskunst. Wer wäre nicht gern jemand, den man als "Lebenskünstler" bezeichnen kann, der die Lebenskunst beherrscht? Über so einen Menschen sagt Wilhelm Schmid in seinem empfehlenswerten Buch "Philosophie der Lebenskunst":

"Der, dem Lebenskunst zugeschrieben werden kann, zeichnet sich dadurch aus, dass er ein erfülltes Leben führt. Er ist gründlicher als Andere, da er sich und sein Leben zu reflektieren und die 'Gründe' des Lebens zu verstehen sucht. Er ist vielleicht weitblickender als Andere, da er im weiten Horizont der Vielfalt gemachter und möglicher Erfahrungen lebt, leidenschaftlich und abgeklärt zugleich; einer, dem man Klugheit zutauen kann, der aber neugierig genug bleibt, um immer wieder neue, ungewisse Erfahrungen zu riskieren; einer, der in jeder Hinsicht unterwegs ist. So steht er mitten im Leben und zugleich weit außerhalb, um die Dinge und sich selbst von Außen zu sehen, eine ebenso schmerzliche wie lustvolle Erfahrung." (S. 94)

Die Lebenskunst des Menschen besteht also zu einem großen Teil darin, mit der Gegensätzlichkeit und mit den Widersprüchen des Lebens umgehen zu können und ganz persönlich für sich selbst einen Weg gefunden zu haben: Fragen zu stellen und gleichzeitig zu wissen, dass sie nie endgültig beantwortet werden können, Antworten zu finden, die nur teilweise befriedigen, Probleme zu erkennen oder zu empfinden, deren Lösungen nie vollkommen sind, aber dennoch mit den eigenen Antworten und Lösungen zu guten Ergebnissen und einer Zufriedenheit zu kommen, die für eine ständige Weiterentwicklung offen bleiben.

Schon der berühmte französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623 - 1662) stellte als einer der ersten besonders heraus: "Die ganze Würde des Menschen liegt im Denken." Gleichzeitig aber sagte er: "Die Größe des Menschen ist darin groß, dass er sich als elend erkennt." Pascals Einsichten und Denkweisen wie auch die Erkenntnisse und Gedanken vieler anderer großer Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit werden uns sehr anschaulich von Wilhelm Weischedel in seinem Buch "Die philosophische Hintertreppe" kommentiert und erklärt:

"Der Zwiespalt kennzeichnet das Dasein des Menschen nicht nur, wenn sich dieser im Zusammenhang der Natur betrachtet. Er reicht tief in die menschliche Existenz selber hinein. (...) Die durchgängige Widersprüchlichkeit in Wesen und Dasein des Menschen bringt es mit sich, dass dieser sich nicht eindeutig erfassen kann, ja dass er in einer grundhaften Ungewissheit lebt. 'Wir trachten nach der Wahrheit und finden in uns nur Ungewissheit.' 'Der Mensch ist nichts als ein Wesen voller Irrtum, der natürlich und unaustilgbar ist. Nichts zeigt ihm die Wahrheit.' 'Wir brennen vor Begier, einen festen Stand und eine letzte beständige Grundlage zu finden, um darauf einen Turm zu erbauen, der sich ins Unendliche erhebt; aber unser ganzes Fundament birst und die Erde öffnet sich bis zu den Abgründen.' Nichts kann der Mensch von sich selber her sicher erkennen. 'Ich sehe ringsum nichts als Dunkelheiten.' 'Es ist unbegreiflich, dass Gott sei, und unbegreiflich, dass er nicht sei; dass es, zusammen mit dem Leibe, eine Seele gebe, und dass wir keine Seelen haben; dass die Welt geschaffen sei und dass sie nicht geschaffen sei.' Alles also bleibt im Widerspruch. Daher ruft Pascal den Menschen zu: 'Erkennet, was für ein Paradox ihr für euch selbst seid!' (...) 'Das Herz hat seine Vernunftgründe, die die Vernunft nicht kennt. (...) So wird für Pascal zuletzt zur eigentlich philosophischen Aufgabe, sich dem Glauben (an Gott) zu beugen. 'Der letzte Schritt der Vernunft ist es anzuerkennen, dass es eine Unendlichkeit von Dingen gibt, die sie übersteigen.' 'Nichts ist der Vernunft so gemäß wie diese Verleugnung der Vernunft. 'Es geschieht nur durch die schlichte Unterwerfung der Vernunft, dass wir uns wahrhaftig erkennen können.' Im universalen Scheitern bleibt nur die Selbstaufgabe des Denkens." (S. 128ff)

Die Schwierigkeiten des Menschen mit den Gegensätzen und Widersprüchen unseres Lebens, mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten damit fertig zu werden sollten uns nicht schon am Anfang unseres Weges in und durch die Welt der Philosophie verzweifeln lassen, sondern müssen uns dazu ermuntern unseren eigenen Weg in dieser Welt zu suchen und zu finden. Denn es gehört zu unserer elementaren Lebensaufgabe zu erkennen, dass es ganz natürlich ist, dass die Welt, in der wir leben, voller Gegensätze und Widersprüche ist, ja dass daraus gerade die Vielfalt und Vielschichtigkeit des Lebens resultiert, die das Leben so interessant und lebenswert macht, auch wenn es gleichzeitig dadurch umso schwieriger wird sich darin zurecht zu finden! Wir müssen von Anfang an wissen, dass es nur heißen kann:

Der Weg ist das Ziel!

Schülerinnen und Schülern kann das Fach "Philosophie" grundlegende Orientierung und Hilfestellung bei ihrer individuellen Lebensbewältigung und ihrem eigenen Weltverständnis geben. Ihnen können über hier erlangte Fähigkeiten wichtige Erkenntnisse und Erfahrungsmöglichkeiten eröffnet werden. Querverbindungen zu allen Wissenschaften und Lebensbereichen ermöglichen dann ein ganzheitliches Lernen und Denken, das ihnen als ganzen Menschen wesentliche Lebenshilfe sein kann.

Für Schülerinnen und Schüler ist es dabei sicher interessant zu wissen, welche Vorstellung die Schule vom Fach "Philosophie" hat und welche Inhalte und Fähigkeiten ihnen die Schule vermitteln will. So heißt es in den Richtlinien für die gymnasiale Oberstufe in Nordrhein-Westfalen für Philosophie zur Beschreibung des Faches:

"Philosophie fragt methodisch nach allgemeinen Grundlagen unserer Wirklichkeitsannahmen und unserer Lebens- und Handlungsorientierungen; sie reflektiert deren Voraussetzungen und Konsequenzen. Dazu gehören Fragen nach dem Ganzen, nach dem Wesen der Dinge, nach obersten Zielen und Zwecken, nach Sinn, nach dem Selbstverständnis des Menschen und der sozialen und politischen Ordnungen, nach den Kriterien der Wahrheit und nach der Gültigkeit von Normen. (...) In den Fächern der gymnasialen Oberstufe sind Ausbildung, Sicherung und kritische Reflexion der personalen und sozialen Identität Ziel des Unterrichts. Im Philosophieunterricht werden Fragen der personalen und sozialen Identität in argumentativer Weise so aufgegriffen und behandelt, dass hier letzte Begründungszusammenhänge ausdrücklich thematisiert und diskutiert werden. Insofern leistet die Philosophie einen spezifischen Beitrag zu dem Zielfeld 'Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung'." (S. 26f)

Bei der Erläuterung der Lernbereiche erfährt man, welche Lernziele angestrebt werden:

"Der Philosophieunterricht soll in seiner erkenntnistheoretisch-wissenschaftstheoretischen Dimension (Lernbereich I) den Schülern Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlicher und nichtwissenschaftlicher Deutungen von Wirklichkeit erschließen, die Fragen nach der Gewissheit von Erkenntnissen untersuchen, den Sinn für logische Richtigkeit und argumentative Kohärenz schärfen und die Formen und Möglichkeiten menschlicher Kommunikation reflektieren. Damit hilft er dem Schüler, sich nach dem Komplex divergierender Theorien und Meinungen zu orientieren und eine begründete Position zu finden." (S. 29)

"In seiner metaphysischen Dimension (Lernbereich IV) bringt der Philosophieunterricht Deutungen menschlicher Existenz, der Welt und ihres Ursprungs, die empirisch nicht verifizierbar, aber argumentativ begründet sind. Er diskutiert, was diese Deutungen leisten und welche Fragen offen bleiben. Die Schüler lernen hierdurch, dass es auch jenseits des empirisch Verifizierbaren sinnvolle Fragen und Argumente gibt und dass diese zum Weltverstehen und zur Veränderung menschlicher Verhältnisse beitragen können. Sie werden dadurch angeregt, selbst nach Antworten zu suchen und Sinn zu finden." (S. 30)

Das Nachdenken über "Gott und die Welt", über alles, was das Leben und den Tod betrifft, über alles, was wir wissen oder (noch) nicht wissen - , ist also Wesen und Aufgabe der Philosophie. Daher gehören auch alle Themen und Probleme, mit denen wir uns in Bildung und Wissenschaft auseinandersetzen, grundsätzlich zur "Mutter aller Wissenschaften", der Philosophie. Alle Fachbereiche und Wissenschaften haben eine elementare Verbindung zur Philosophie und umgekehrt. Wir müssen nur ständig bereit sein diese Verbindungen herzustellen und im Sinne einer besseren Erkenntnis, eines wirklichen Verstehens ein wahrhaft ganzheitliches vernetztes Lernen zu ermöglichen!

Dieser ganzheitliche Ansatz ist uns in unserer heutigen Zeit großer Spezialisierung in allen Wissenschaftsbereichen leider verloren gegangen. Wir sind zu sehr damit beschäftigt Einzelprobleme zu bewältigen, als dass wir auch noch grundlegende und übergeordnete Zusammenhänge erkennen können oder wollen. Dadurch ist unser Wissen vielfach Stückwerk, das an der Oberfläche bleibt und die Verbindung zu uns selbst gar nicht erst herstellen kann.

Berühmte Wissenschaftler, Künstler oder vorbildhafte Persönlichkeiten waren und sind dagegen oft auch hervorragende Denker, quasi universelle Genies, und offen für philosophische Fragestellungen, die sie in ihren Wissenschafts- und Lebensbereich erfolgreich mit einbezogen und die dann häufig zu vielfältigen Erkenntnissen und Entdeckungen führten. Aristoteles, Pythagoras, Leonardo da Vinci, Pascal, Goethe oder Einstein - die Liste ließe sich sicher um ein Vielfaches erweitern, je nachdem, unter welchen Gesichtpunkten man sie aufstellt. Entscheidend ist aber für uns, dass alle, die auf diese Liste gehören, uns ein leuchtendes Beispiel dafür sein können, wie kreativ, umfassend gebildet und erfolgreich für sich selbst und sogar für alle anderen Menschen der Mensch sein kann, wenn er sich nicht einengt, sondern umfassende Erkenntnisse und Erfahrungen anstrebt!

Die Philosophie mit ihren fundamentalen Fragestellungen und vielfältigen Problemlösungsstrategien kann uns allen dabei sehr helfen. Jedoch sollte das nicht erst in der Oberstufe unserer Schulen beginnen, sondern bereits viel früher. Auch jüngere Menschen sind schon aufgeschlossen für philosophische Themen und sie sind auf ihre Weise in der Lage sich damit zu beschäftigen. Die Schule sollte sie in dieser Hinsicht unterstützen, Anregungen und Hilfen geben, eine rationale und emotionale "Antenne" dafür vermitteln. So, wie es in dem Bestseller "Sophies Welt" geschieht, wo ein junges Mädchen in die Welt der Philosophie geleitet wird, wo auf faszinierende Weise jungen wie älteren Leserinnen und Lesern deutlich wird, dass ein Leben ohne die Philosophie nicht denkbar ist, weil philosophische Fragestellungen ständig ein Teil unseres menschlichen Lebens sind.

Sofie Amundsen ist ein junges 14-jähriges Mädchen, dessen Großmutter gestorben ist, weshalb sie sich wie viele andere die Frage nach Leben und Tod stellt und dabei zu der wichtigen elementaren Erkenntnis kommt:
"Man kann nicht erleben, dass man existiert, ohne auch zu erleben, dass man sterben muss, dachte sie. Und es ist genauso unmöglich, darüber nachzudenken, dass man sterben muss, ohne zugleich daran zu denken, wie phantastisch das Leben ist." (S. 11f)
Sie hat begonnen neugierig zu sein auf viele philosophische Fragen und ein geheimnisvoller Briefeschreiber beginnt mit ihr einen Streifzug durch die Philosophie von den Anfängen bis heute.

Er schreibt ihr in einem seiner ersten Briefe:

"Die Fähigkeit uns zu wundern ist das Einzige, was wir brauchen, um gute Philosophen zu werden. Alle kleinen Kinder haben diese Fähigkeiten, das ist ja wohl klar. Nach wenigen Monaten werden sie in eine nagelneue Wirklichkeit geschubst. Aber wenn sie dann heranwachsen, scheint diese Fähigkeit abzunehmen. Woher kann das kommen? Kann Sofie Amundsen diese Frage beantworten? Also: Wenn ein kleines Baby reden könnte, würde es sicher erzählen, in was für eine seltsame Welt es gekommen ist. Denn obwohl das Kind nicht sprechen kann, sehen wir, wie es um sich zeigt und neugierig die Gegenstände im Zimmer anfasst. (...)
Ich präzisiere: Obwohl die philosophischen Fragen alle Menschen angehen, werden nicht alle Menschen Philosophen. Aus unterschiedlichen Gründen werden die meisten vom Alltag dermaßen eingefangen, dass die Verwunderung über das Leben weit zurückgedrängt wird. (Sie kriechen tief ins Kaninchenfell, machen es sich dort gemütlich und bleiben für den Rest ihres Lebens da unten.) Für Kinder ist die Welt - und alles, was es darauf gibt - etwas Neues, etwas, das Erstaunen hervorruft. Alle Erwachsenen sehen das nicht so. Die meisten Erwachsenen erleben die Welt als etwas ganz Normales. Und genau da bilden die Philosophen eine ehrenwerte Ausnahme. Ein Philosoph hat sich nie richtig an diese Welt gewöhnen können. Für einen Philosophen oder eine Philosophin ist die Welt noch immer unbegreiflich, ja, sogar rätselhaft und geheimnisvoll. Philosophen und kleine Kinder haben also eine wichtige gemeinsame Eigenschaft. Du kannst sagen, dass ein Philosoph sein ganzes Leben lang so aufnahmefähig bleibt wie ein kleines Kind.

Und jetzt musst du dich entscheiden, liebe Sofie: Bist du ein Kind, das sich an die Welt noch nicht 'gewöhnt' hat? Oder bist du eine Philosophin, die beschwören kann, dass ihr das auch nie passieren wird?" (S. 23ff)

Diese Frage ist an uns alle gerichtet. Und jeder muss sie für sich entscheiden!

Der natürlichen Neugier nachzugehen und sie sich ein Leben lang zu erhalten, ist auch ein wesentlicher Motor des Lernens. Schülerinnen und Schüler befinden sich also in einem natürlichen Prozess, der ihrem Leben besonders angemessen ist. Wenn sie nun erkennen, wie wichtig es ist Fragen in viele Richtungen zu stellen und die Antworten in vielen Fachbereichen zu suchen, da alles Wissen ein Ganzes ist und der Mensch nur als ganzer Mensch fragt und lernt, werden sie erkennen, dass sie universell und ganzheitlich lernen müssen, um wirklich erfolgreich verstehen zu können.

Ganzheitliches und universelles Denken und Forschen entwickeln und ermöglichen erst die wirkliche Bildung, die wir für uns und unsere Schülerinnen und Schüler anstreben. Mit netSCHOOL soll es ein Stück leichter werden dieses Ziel zu erreichen. Vernetztes ganzheitliches Lernen, das alle Lebens- und Lernbereiche verknüpft, das alters- und schulunabhängiges lebenslanges Lernen unterstützt, will netSCHOOL ermöglichen. Auch wenn der Weg dahin sehr weit ist und noch extrem viel Arbeit vor uns liegt, netSCHOOL hat diesen Weg begonnen.

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