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Walter Dreser

Wie kämpfe ich mit meinen Eltern in der Pubertät?
Was können wir alle dabei lernen?
Wie können wir alle gestärkt aus diesem Kampf heraus kommen?

„Schrecklich, wie es bei uns zugeht!“

Standfeste Eltern sehen Meinungsunterschiede in der Pubertät ihrer Kinder als Bereicherung

Wir haben zwei Söhne, 14 und 16 Jahre alt. Unser Ältester ist eigentlich recht vernünftig, und wir waren bisher stolz, die Klippen der Pubertät ganz gut durchsegelt zu haben. Bei dem zweiten knallt es aber jetzt fast täglich, besonders zwischen ihm und dem Vater. Er wirft ihm vor, er interessiere sich nur für seine schulischen Leistungen. Mir hat er sogar vorgeworfen, wie ich einen so unmöglichen Mann hätte heiraten können. Versuche ich zu schlichten, wirft mein Mann mir vor, ich sei zu nachgiebig und zu sehr auf der Seite meines Sohnes.

Antwort vom Diplom-Psychologen Walter Dreser:

Was Sie durchleben ist etwas sehr Normales. Häufig sind die ältesten Kinder eher auch die vernünftigeren Kinder und „verwöhnen“ manchmal die Eltern, die dann ganz überrascht sind, wenn erst das zweite Kind die ganz normale Lebendigkeit eines pubertierenden Jugendlichen zeigt und tut, was pubertierende Jugendliche tun müssen, nämlich die Autorität der Eltern infrage stellen.

Damit umzugehen, müssen die Eltern dann natürlich auch erst üben. Die Jugendlichen mit ihrem Vorsprung an Vitalität und Kampfgeist drängen die Eltern in die Enge. Deren Sorge, jetzt könne auf einmal alles schief gehen, lässt sie oft abwertend reagieren.

Häufig passiert es, dass diese Abwertung wie bei Ihnen dann auch zwischen dem Elternpaar stattfindet. Ohnehin ist die Zeit der Pubertät der Kinder ja eine Zeit, wo beide Eltern auch mit eigenen Unsicherheiten und Enttäuschungen beschäftigt sind. Selber hat man nicht alles geschafft, wünscht, dass die Kinder es vielleicht besser haben, und wird dann so unverschämt infrage gestellt. Für die Bewältigung dieser kritischen Zeit mag folgende Sichtweise helfen:

  1. Die Vitalität der Jugendlichen ist ein großer Schatz, der ihnen helfen kann, den eigenen Weg zu finden. Dass sie mit diesem Überschuss an Energie versuchen, Grenzen zu übertreten, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite brauchen sie standfeste Eltern, die zu ihrem Erfahrungsvorsprung stehen und sagen, wo sie der Meinung sind, dass Schluss zu sein hat, das auch einfordern und Konsequenzen folgen lassen, wenn diese Grenzen nicht eingehalten werden. Realistisch ist allerdings auch, dazu zu stehen, dass Eltern nicht alles richtig machen können und auch nicht müssen.
    Sie sollten bereit sein, in der Auseinandersetzung mit den Jugendlichen dazu zu lernen, sich überzeugen zu lassen, wenn der Jugendliche sich als verantwortlich erweist, mit neu zugestandenen Freiheiten umzugehen. Das kann nicht reibungslos geschehen, auch Ansätze brauchen Anerkennung. Gerade die ganz individuellen Stärken des jeweiligen Kindes brauchen die Wertschätzung und Aufmerksamkeit der Eltern für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins.

  2. Es ist wichtig, geduldig mit sich selber umzugehen. Jugendliche wollen, dass die Eltern an sich zweifeln, aber sie brauchen es, dass die Eltern nicht verzweifeln. Es gilt, sich auch auf der Paarebene um Verständnis zu bemühen und sich nicht dadurch das Leben schwer zu machen, dass man sich gegenseitig abwertet. Es ist eine gute Zeit, zu üben, Meinungsunterschiede als Bereicherung zu sehen, um, wenn auch oft mühsam, zu guten Ergebnissen zu kommen.

  3. Humor und Hoffnung sind Qualitäten, die in dieser Zeit besonders wichtig sind. Mit Humor kann man über die eigenen Begrenztheiten lachen. Die berechtigte Hoffnung, dass auch wieder Zeiten respektvolleren Umgangs kommen, hilft über stürmische Zeiten hinweg.

Anregungen zu diesem Thema gibt auch das

 
Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln, Heft 42/2002
 

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