Ganzheitliches Lernen | |||
Aus: „Schatzbuch des ganzheitlichen Lernens“, Don Bosco-Spectra-Verlag, 2001, 3. Auflage
Charmaine Liebertz
Übersicht |
Ein ungewöhnlicher Liebesbrief Wir drehen einen Stummfilm Die bewegte Geheimsprache Kopfkino - Mentales Training Auf Kriegsfuß! Die Mind-Map-Methode |
Die folgenden Übungen, Spiele und Methoden regen ganzheitliches Lernen an und machen Spaß,
sie können und sollten natürlich dem Alter der Schüler und der Zielsetzung angepasst werden.
Hier ist ein Paarspiel, das wichtige Fähigkeiten schult: sich und andere bewusst wahrnehmen, mit Freude neue Sinnesreize aufnehmen, den Tastsinn schulen, Körperkontakt fördern und besser behalten.
„Wisst ihr, dass man Briefe nicht nur lesen, sondern auch fühlen kann,
vor allen Dingen wenn darin liebe Worte stehen?
Versucht es mal:
Benutzt als Schreibunterlage den Rücken eures Tischnachbarn
und schreibt mit eurem Finger langsam und in großen Buchstaben eine liebe Botschaft.
Habt ihr erraten, was in dem Liebesbrief steht?
Wenn nicht, dann versucht es nochmals, aber diesmal deutlicher!“
Variante
Auf diese Weise können nicht nur Buchstaben und Worte eingeübt werden.
Auch kleine Rechenaufgaben oder geometrische Formen lassen sich so spannend vermitteln. (S. 76)
Bei diesem Gruppenspiel wird die Aufmerksamkeit gesteigert, die Sinne geschärft, die Gedanken und Gefühle geordnet, mehrkanalig gelernt, Kreativität und vernetztes Denken gefördert und Informationen nachhaltig gespeichert:
Erzählen Sie den Kindern von der guten alten Stummfilmzeit,
in der die Schauspieler durch Gestik, Mimik und stumme Lippenbewegungen agierten.
Die Filmdialoge erhielten im Nachhinein eine Text-Untertitelung und während der Stummfilm lief,
sorgte ein kleines Live-Orchester im Kino für seine musikalische Untermalung.
Die Eigenproduktion eines kleinen Stummfilms ist eine ausgesprochen lustige Konzentrationsübung.
Zunächst werden Gruppen von je drei bis fünf Kindern gebildet.
Gemeinsam denken sie sich einen kleinen Werbespot oder eine kurze Filmsequenz aus,
die sie später allen vorführen. In jeder Gruppe werden mehrere Rollen verteilt:
die stummen Schauspieler, der Sprecher und der Geräuschemacher.
Aufgabe der Schauspieler ist es, ihre Filmrollen mitviel Mimik, Gestik und stummen Lippenbewegungen darzustellen.
Um ihre stummen Aktionen zu beleben, sind Worte erforderlich.
Dies ist Aufgabe des Sprechers, der synchron zu den Lippenbewegungen der Schauspieler den Text spricht.
Aber die Schauspieler sind nicht nur stumm, sie bewegen sich auch geräuschlos,
z. B. leise Schrittabfolge, lautloses Räuspern oder Händeklatschen.
Nun ist es Aufgabe des Geräuschemachers,
dieses Schauspiel zum richtigen Zeitpunkt mit den passenden Geräuschen zu unterlegen.
Wenn z. B. die Schauspieler lautlos lachen, muss er lautstark lachen.
Es bedarf also einer intensiven Absprache in der Gruppe über Text, Geräusche, Bewegungen und Timing.
Und damit alles perfekt wirkt,
ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und genauer Abstimmung zwischen den Filmemachern erforderlich.
Die abschließende Kurzfilm-Vorführung wird für die Zuschauer garantiert ein Riesenspaß!
Tipp
So mancher Lernstoff kann als Stummfilm-Vorlage dienen!
Die eingeübten Stummfilme eignen sich übrigens ausgezeichnet zur Vorführung auf dem nächsten Schulfest. (S. 103)
Das folgende Gruppenspiel steigert die Aufmerksamkeit, schärft die Sinne, ordnet Gedanken und Gefühle, fördert mehrkanaliges Lernen, unterstützt Kreativität und vernetztes Denken und sorgt für nachhaltiges Speichern von Informationen. Wie bei allen Spielen gibt es endlose Variationen.
Alle Kinder stehen im Kreis und lernen zunächst das bewegte ABC:
A: beide Arme in die Luft strecken | J: jucken | S: Hände als Fernglas formen | ||
B: ein Bein heben | K: Hand küssen | T: auf die Schenkel trommeln | ||
C: aus beiden Armen formen | L: lachen | U: umarmen | ||
D: der Körper duckt sich | M: an den Mund fassen | V: Vogelflug mit Armen nachahmen | ||
E: essen, Kaubewegungen | N: an die Nase fassen | W: Wange streicheln | ||
F: Finger bewegen | 0: an beide Ohren fassen | X: Beine stehend überkreuzen | ||
G: gähnen | P: den Po vorstrecken | Y: beide Arme nach oben strecken und auf einem Bein stehen | ||
H: hüpfen | Q: wie ein Frosch quaken | Z: zappeln | ||
I: kleinen Finger heben | R: den Rücken zudrehen |
Erst wenn die Kinder dieses Bewegungsalphabet beherrschen,
können sie einzeln in die Kreismitte treten und zunächst ein kurzes Wort als bewegte Geheimsprache vorführen.Wer es entschlüsselt, darf ein weiteres vorführen.
Tipp
Die Kinder müssen jeden Buchstaben einzeln und nacheinander als Bewegung vorführen.
Wenn sie mehrere Bewegungen gleichzeitig zeigen,
dann ist die Reihenfolge der Buchstaben unklar und das Wort nicht entschlüsselbar.
Variante
Natürlich lassen sich auch ganze Sätze in Geheimsprache bilden.
Dann müssen die Kinder allerdings schon sehr geübt sein. (S. 99)
Das Kopfkino eignet sich bei Kindern und Erwachsenen besonders zur Ausschaltung äußerer Reize, Genießen von Stille, positivem Abbau von Stress und Ängsten, Entwicklung von Kreativität und Selbstvertrauen und Auftanken von Energiereserven für effektiveres Lernen. Die Übungsziele können sehr unterschiedlich sein, bis hin zum gezielten ganzheitlichen Lernen.
Mentales Training eignet sich für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.
Beginnen Sie zunächst mit der Wahl Ihres Übungsziels.
Wollen Sie sich entspannen? Dann begeben Sie sich in Gedanken an Ihren Lieblingsort,
in Ihr ganz persönliches ,Wolkenkuckucksheim', z. B. ans Meer.
Je mehr Sinne Sie dabei aktivieren, um so intensiver wird Ihre mentale Entspannungsreise.
Wollen Sie Stress reduzieren?
Dann können Sie stress- und angstbesetzte Anlässe
z. B. eine Prüfung mental entschärfen, wenn Sie sich Schritt für Schritt die Situation veranschaulichen:
„Wo werde ich sitzen, wie werde ich reagieren, was wird der Andere sagen und tun?“
Wollen Sie die Selbstheilungskräfte mobilisieren?
Dann lassen Sie Ihren Körper und seine Problemzonen vor Ihrem geistigen Auge transparent werden:
„Ich spüre, wie das Blut in mein rechtes Bein hinunter fließt und wieder herauf,
die Helferzellen werden aktiv ...“ Vorsicht:
Diese Übung ist kein Ersatz für schulmedizinische Behandlung,
sie vermag jedoch den Heilungsprozess zu unterstützen!
Und so wird's gemacht:
Geeigneten Ort wählen und Augen schließen:
Suchen Sie einen Platz zu Hause oder im Freien, an dem Sie sich wohl fühlen.
Von hier aus sollten Sie nun immer die Regie für Ihren mentalen Film führen.
Schließen Sie die Augen und wählen Sie eines der drei Übungsziele (s.o.).
Schlüsselsatz aussprechen:
Wählen Sie einen Schlüsselsatz, mit dem Sie von nun an immer Ihre Übung beginnen,
z. B. „Jetzt gehe ich in mein Wolkenkuckucksheim“ oder „Jetzt widme ich mich meinem Magenproblem.“
Bauch-Brust-Atmung und gewählte Übung durchführen:
Füllen Sie beim Einatmen erst den Bauch dann die Brust.
Leeren Sie beim Ausatmen erst den Bauch dann die Brust.
Halten Sie dabei den Rhythmus 6-3-6-3 ein (~ = Übung S. 117 „Mit der Welle atmen“).
Wiederholen Sie dies mindestens dreißigmal, dann sinkt der Adrenalinspiegel.
Ihre Angst- und Stress-Stimmung lässt nach.
Jetzt können Sie sich beruhigt Ihrem Übungsziel widmen.
Übung beenden:
Kommen Sie behutsam in die Realität zurück,
spannen Sie alle Muskeln fest an,
öffnen Sie langsam die Augen und dehnen Sie Ihren Körper genüsslich.
Tipp
Kurze Übungen täglich sind effektiver als lange Übungen gelegentlich! (S. 124)
Das folgende Partnerspiel könnte und sollte ein Ritual werden. Rituale strukturieren den Alltag, gliedern das Leben, stabilisieren soziale Bindungen, geben Identität und Sicherheit und wirken therapeutisch. Bei diesem spielerischen Ritual werden Konfliktlösungen initiiert, Werte und Gefühle geordnet und stabilisiert, Erziehung und Unterricht strukturiert, Zeitgefühl entwickelt, Lebenszyklen betont, Sozialbindungen und Mitverantwortung gefördert und Identität, Kreativität und Lebensfreude gesteigert.
Oft genug geschieht es, dass zwei oder mehr Kinder Ihnen nach einem Streit aufgeregt zu schildern versuchen,
was passiert ist. Keiner der kleinen Streithähne lässt den anderen ausreden,
jeder hat eine andere Version des Vorfalls und darüber entfacht ein neuer Streit.
Da Sie bei dem Vorfall nicht anwesend waren, sind sie darauf angewiesen,
dass jeder der Beteiligten in Ruhe erzählen kann, was er auf dem Herzen hat.
Mündliche Appelle an die Streithähne helfen da wenig!
Ein handgroßer Schaumstoffball vollbringt als
„Schlichtball“ dagegen wahre Wunder:
„Nur wer den Schlichtball in der Hand hält, darf reden.
Alle anderen Streithähne hören zu. Wer seine Meinung gesagt hat, reicht den Ball an den nächsten weiter!“
Der Streit ist zwar damit nicht behoben, aber die Kinder lernen, wichtige Kommunikationsregeln einzuhalten.
Bei länger anhaltenden, schwelenden Streitfällen und negativen Stimmungen sollten Sie das
„Kriegsbeil“ ausgraben.
Ziehen Sie demonstrativ einen Hammer aus Plastik (zu Karneval überall erhältlich) hervor:
„So, nun reicht's. Ich beobachte schon seit Wochen, dass Lisa und Tim sich unentwegt hänseln und streiten.
Für euch beide ist das Kriegsbeil jetzt ausgegraben.
Seht zu, dass wir es ganz schnell und feierlich wieder vergraben können!“
Von nun an liegt das Kriegsbeil tagtäglich für alle sichtbar im Raum.
Beide Streithähne müssen selbstständig Problemlösungswege finden,
um wieder ein positives Miteinander herzustellen, ob durch Gespräche, Spiele oder gemeinsame Unternehmungen.
Wenn beide Kinder glauben, das Ziel erreicht zu haben, verkünden sie:
„Unser Kriegsbeil kann vergraben werden!“ Nun feiern alle Kinder diese frohe Botschaft.
Tipp
Sie werden feststellen, dass die Streithähne den Schlichtball wütend in ihren Händen zerdrücken
und dabei schon viele Aggressionen Ioswerden.
Wenn das Kriegsbeil ausgegraben ist, lassen Sie die Streithähne zunächst ruhig ein wenig ,zappeln'.
Sie sollen selbst nach Problemlösungen ringen oder Kinder um Rat fragen,
die schon Erfahrungen mit dem Kriegsbeil gemacht haben. Sie werden staunen, wie kreativ ihre Kinder sind!
Das anschließende Vergraben des Kriegsbeils sollte immer auf dieselbe (ritualisierte) Weise gefeiert werden.
Es muss ein sehr motivierendes Angebot sein, z.B. ein gemeinsamer Tanz auf dem Schulhof oder ein kleiner Ausflug.
Variante
Wenn die Kraftausdrücke der Kinder mal Überhand nehmen, hilft ein anderes kleines Ritual weiter:
„Bitte gebt alle bösen Wörter vor der Tür ab!“
Die Kinder sprechen Ihre Schimpfworte in einen vor der Tür stehenden Karton,
wo sie in der Zwischenzeit ,recycelt' werden.
„Und am Schluss holt Ihr euch aus dem Karton ein liebes Wort mit auf den Nachhauseweg.“
(S. 164)
Eine der wichtigsten Methoden, rechte und linke Gehirnhälfte mit ihren unterschiedlichen Denkweisen zu nutzen, ist neben dem verwandten Clustering das Mind-Mapping (siehe auch: Lutz von Werder). Hier werden Aufnahmebereitschaft und Aufmerksamkeit ausgelöst und gesteigert, Gedanken und Gefühle geordnet und Kreativität und vernetztes Lernen entwickelt.
Unser Gehirn entwickelt tagtäglich geistige Landkarten und Denknetze,
um die Flut an Eindrücken und Informationen aus der Umwelt zu strukturieren und zu verarbeiten.
Die Engländer Tony Buzan24 und Peter Russell25 entwickelten eine effektive Lern- und Arbeitstechnik,
die der ganzheitlichen und vernetzten Arbeitsweise unseres Gehirns gerecht wird:
Die Mind-Map-Methode. Ob zum Vorbereiten von Referaten, zum Aufsatzscheiben,
aber auch um z. B. den Inhalt eines Buches wiederzugeben:
Mind- Mapping ist eine hervorragende Vorbereitung. Und wie geht das?
Ganz einfach, hier die wichtigsten Regeln:
Setzen Sie das zentrale Thema als Kreis oder Ellipse in die Blattmitte!
Zweigen Sie vom zentralen Thema die wichtigsten Hauptgedanken wie Äste ab!
Organisieren Sie von den jeweiligen Hauptästen die weiterführenden Gedanken wie Zweige!
Verwenden Sie zu Beginn Substantive, dies spart Zeit und Platz.
Schreiben Sie die Kernaussagen an die jeweiligen Äste und Zweige!
Schreiben Sie in Druckschrift, denn durch das oft schwierige Entziffern der Schreibschrift verlieren Sie leicht den Überblick!
Verdeutlichen Sie Abhängigkeiten und Verbindungen mittels Strichen.
Heben Sie Wichtiges mit Farbe hervor!
Spontane Ideen festhalten. Notieren Sie Gedanken und Eingebungen, die Sie nicht sofort einordnen können, am Ast „Sonstiges“!
Benutzen Sie Symbole und Zeichen, um Bestimmtes hervorzuheben, z. B. ein Ausrufezeichen für Vorsicht oder ein Fragezeichen für Unklarheiten.
Entwickeln Sie eigene Symbole!
Tipp
Benutzen Sie diese Methode so oft wie möglich in Ihrem Unterricht,
denn sie fördert das vernetzte Denkvermögen der Kinder
und hilft ihnen komplexe Lerninhalte geistig zu durchdringen.
Das Mind-Mapping kann gemeinsam in der Gruppe oder bei geübten Kindern auch eigenständig erarbeitet werden.
24 Buzan, T., Nichts vergessen! Kopftraining für ein Supergedächtnis, München 1994.
25 Russell, P. ,Der menschliche Computer', München 1991.
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