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Lernen mit beiden Gehirnhälften
 

 
Dr. Helmut Schlicksupp
promovierter Wirtschaftsingenieur, zählt zu den Pionieren der Erforschung und Anwendung von Kreativitätstechniken.
Er ist Referent auf nationalen und internationalen Konferenzen und berät seit vielen Jahren namhafte Unternehmen aus allen Branchen.

 

Mind-Mapping

Oft macht sich der Student in Vorlesung und Seminar Notizen, die er später zu Texten verarbeitet. Diese Notizen sind meist nur dürftig geordnet und kaum strukturiert. Der nachfolgende Schreibprozess auf der Basis dieser üblichen Notizen, ist deshalb eine ziemliche Qual und mit vielen negativen Gefühlen verbunden. Das Mind-Map-Writing wird dagegen das Sammeln von Einfällen vor Ort strukturieren und ordnen. Ausgehend von einer Schlüsselidee, die dem zu erarbeitenden Thema (z.B. beim Mitschreiben einer Vorlesung) ein Zentrum gibt, entsteht eine Textstruktur, die sich zu Hause am Schreibtisch ohne Stress und Druck linear niederschreiben lässt.

Die Mind-Map-Methode ermöglicht es dem Studenten, eine Struktur zu finden und die Verbindung zwischen den Teilen der Textstruktur zu entdecken. Sie fixiert das Wortnetz in einer Form, die die Oberfläche der Dinge, ihr Wesen und ihre Beziehung gehirn- und gedächtnisgerecht für den Schreibakt als Landkarte bereitstellt. Die Schlüsselwörter im Mind-Map entwickeln sich vom Zentrum zur Peripherie, deduktiv vom Abstrakten zum Konkreten. „In einem Mind-Map arbeiten Sie auf jedem Sprachniveau und auch mit nichtsprachlichen Informationen, wie Bildern, Farben, Symbolen usw.“ (J. SVANTESSON, a.a.O., S. 22) Die Mind-Map-Methode wurde von TONY BUZAN (ders.: Das Mind-Map-Buch. Landsberg 1996) entwickelt, der schon erkannte, dass diese Technik im Schreibprozess ein ganzheitliches Arbeiten mit beiden Gehirnhälften, der linken logischen und der rechten bildlichen Hälfte, ermöglicht.

Der ständige Dehnfluss des Unbewussten, der durch die äußere Umwelt und die inneren Wünsche stimuliert wird, kann durch die Mind-Map-Schreibmethode eine schriftliche Form finden, die überzeugt. Die dem Mind-Map-Writing verwandte Clustering-Methode von G. L. Rico: Garantiert Schreiben lernen. Reinbek 1993, verfügt nicht über die gleichen analytischen Potenzen wie das Mind-Map.

Der Entstehungsprozess eines Mind-Maps umfasst vier Stufen, die chaotisch beginnen und sich dann analytisch strukturieren. Sehen wir uns diese vier Stufen genauer an:

1. Stufe: Kennwort:

Zeichnen Sie in die Mitte eines Blattes ein
Schlüsselwort, das Ihr Thema gut erfaßt.
2. Stufe: Ur-Mind-Map:

Ziehen Sie um das Kennwort Linien, und schrei-
ben Sie auf diese Linien alle Einfälle, die Ihnen
zu Ihrem Schlüsselwort kommen. Diese Stufe
hat Ähnlichkeit mit den Clustern.
3. Stufe: Struktur-Mind-Map:

Suchen Sie sich aus Ihrem chaotischen Ur-Mind-
Map vier bis fünf Oberbegriffe, die sich in Ih-
rem Ur-Mind-Map als Grundstruktur zu Ihrem
Thema finden lassen. Ordnen Sie diese Haupt-
begriffe auf einem neuen Blatt im Urzeiger-
sinn als Hauptäste rund um Ihr Kennwort.
4. Stufe: Fertiges Mind-Map:

Das Struktur Mind-Map erweitern Sie nun mit
allen Zusatzworten, die sich zu dem Oberbegrif-
fen als Hauptäste des Mind-Maps finden lassen.
Benutzen Sie beim Ausbau des Mind-Map jetzt
Farben und Symbole, um die Struktur Ihres The-
mas gedächtnisgerecht zu gestalten.

Übung:

Da das menschliche Gehirn ganzheitlich assoziativ denkt, der Schreibprozess aber linear sich entwickelt, ist die Mind-Map-Methode die ideale Brücke zwischen den assoziativen Bahnen des Gehirns und den linearen Zeilen des Diskurses auf dem beschriebenen Blatt. Der Schreibprozess, gesteuert von Mind-Maps, hat folgende sechs Entwicklungsschritte, die wir jetzt in einer Grafik vorstellen wollen:

Der Mind-Map-Schreibprozess;
1. Wahl des Themas: Kennwort
2. Ur-Mind-Map: Freie Assoziation
3. Struktur-Mind-Map: Grundstruktur
4. End-Mind-Map: Entwickeltes Textvorbild
5. Mind-Map-Writing: Linearer Text
6. Textüberarbeitung: Fertiger Text

 
Den Mind-Map-Schreibprozess können wir uns aber auch nun noch einmal in einem richtigen Mind-Map vorstellen:

Mind-Map-Schreibprozess

Beachten Sie beim Zeichnen und Schreiben des Mind­-Maps folgende Faustregeln:

Mit Hilfe des Mind-Maps können Schüler und Studenten sich auch das Lesen wichtiger Texte kreativer gestalten.
 

Der Mind-Map-Leseprozess gliedert sich in sechs Schritte:

  1. Schritt: Überblick:
    Verschaffen Sie sich einen Überblick über den Text. Überfliegen Sie den Text, und legen Sie sich ein Leseziel zurecht.
  2. Schritt: Fragen:
    Verwandeln Sie Überschriften in Ihrem Text in Fragen oder identifizieren Sie Schlüsselwörter aus diesem Text.
  3. Schritt: Texttypen:
    Stellen Sie fest, nach welchen der 8 rhetorischen Argumentationsmuster der Text aufgebaut ist: Vergleich, Chronologie, Erzählung, Definition, Entwicklung, Ursache-Wirkung, These-Antithese Argumentation.
  4. Schritt: Erstes Mind-Map zeichnen:
    Fassen Sie die Erkenntnisse der Schritte 1-3 in einem ersten Mind-Map zusammen.
  5. Schritt: Lesen und zweites Mind-Map zeichnen:
    Lesen Sie nun den Text und bauen Sie alle neuen Einsichten in Ihr erstes Mind-Map ein.
  6. Schritt: drittes Mind-Map zeichnen:
    Zeichnen Sie Ihr Mind-Map noch einmal neu, denn „Jedes wiederholte Aufschreiben und jede neue Strukturierung eines Mind-Maps führt zu tieferem Verstehen und Lernen.“ (J. SVANTESSON, a.a.O., S. 89-95)

Stellen wir Ihnen jetzt nochmal ein echtes Lese-Mind-Map vor:

Lese-Mind-Map


 

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