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Lernen mit beiden Gehirnhälften |
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Denkmethoden
Die nachfolgenden Auszüge aus dem sehr lesenswerten Buch von Prof. Lutz von Werder „Creative Thinking / Die Ideenfabrik“,
Die effektivsten Denkmethoden großer Philosophen für Schule, Studium und Beruf, Schibri-Verlag, 2003,
erläutern und vertiefen durch konkrete Übungen vierzehn einfache und sechs komplexe Methoden
für das Finden von Ideen.
Neben der einführenden Einleitung ist die Methode „Selbstgespräche führen“
hier exemplarisch ausgesucht worden.
Die einfachen Methoden sind:
Fragen, Assoziieren, Intuieren, Träumen, Imaginieren, Selbstgespräche führen,
Mit Gedanken experimentieren, Erfahrungen machen, Definieren, Abstrahieren, Sprache analysieren, Entwicklung denken, Lesen, Schreiben.
Die komplexen Methoden sind:
Dialogik, Dialektik, Phänomenologie, Hermeneutik, Meditation, Tagebuch.
Das Problem der Denkmethoden als Basis des Schreibens von Referaten und Hausarbeiten
Die Pisa-Studie von 2002 hat gezeigt, viele junge Deutsche können nicht kreativ denken.
Allerdings ist die Lehre vom Denken an Gymnasien und Universitäten in Deutschland wenig präsent.
Die Versuche der Vermittlung von Denkmethoden beschränkt sich meist auf Bücher,
die nicht nur eine unzulässige Systematisierung der kreativen Denkmethoden vollziehen,
sondern auch im Bereich des bloßen Beschreibens dieser Methoden verbleiben.
Anregende Übungen zur Praxis des kreativen Denkens als Basis
des Schreibens von Hausarbeiten und Referaten lassen sich selten finden.
Kreatives Denken ist gleichzusetzen mit philosophischem Denken und so kann man behaupten,
dass die besten Kenner der Denkmethoden die Philosophen und Philosophinnen sind.
Sie werden deshalb in diesem Buch zu Wort kommen.
K. Wuchterl zum Beispiel, der Methoden-Philosoph,
unterscheidet die Denkmethoden der Gegenwartsphilosophie in analytische, hermeneutische und pragmatische Methoden.
(K. Wuchterl: Methoden der Gegenwartsphilosophie. Bern, 1999, 3. Aufl.)
H. Schlicksupp, der Kreativitätsforscher,
unterscheidet dagegen folgende kreative Denkmethoden: Brainstorming, Brainwriting,
Methoden der schöpferischen Orientierung, Methoden der schöpferischen Konfrontation,
Methoden der systematischen Strukturierung, Methoden der systematischen Problemspezifizierung.
(H. Schlicksupp: Ideenfindung. Würzburg, 1992, S. 62ff.)
Allerdings ist die Darstellung von kreativen Denkmethoden bei beiden Autoren sehr abstrakt.
Sie berücksichtigen überhaupt nicht den alltäglichen Lebenskontext des kreativen Denkens.
Das kreative Denken vollzieht sich im Alltag eben nicht geradlinig von einem Ausgangspunkt zu einem Ziel hin.
Derartige Methodendarstellungen suggerieren die vollständige Planbarkeit des kreativen Denkens.
Sie verweisen den Denkenden auf einen starren Handlungsplan. Kreatives Denken ist aber eben nicht standardisierbar.
Es gibt keine Methode, die die Unsicherheit kreativen Denkens beseitigen könnte.
Jeder Denkende muss im Hinblick auf Denkmethoden die völlige Freiheit der Wahl haben.
Die philosophischen Denkmethoden dürfen niemals als geschlossenes System auftreten.
Philosophische Denkmethoden besitzen folgende Aspekte:
-
Sie unterstützen die Ideenfindung
-
Sie regen das kreative Selberdenken an.
-
Sie begleiten den Kreativitätsprozess.
-
Sie unterstützen die Denkpraxen durch Schreiben, Lesen, Abstrahieren und Dialog.
-
Sie erweitern die Denkfähigkeit des Gehirns und erschließen sowohl die linke als auch die rechte Gehirnhälfte.
Das vorliegende Buch basiert in der Darstellung des kreativen Denkens auf den Prämissen der philosophischen Lebenskunst.
Die philosophische Lebenskunst versteht den Menschen als „Ursachensucher“ (Lichtenberg),
als „Sinnsucher“ (G. Simmel), als „Streber nach Überflüssigem“ (Ortega y Gasset),
als „Geistwesen“ (M. Scheler), als „Wissenserstreber“ (Aristoteles),
als „Gestalter“ (Marx), als „Schaffenden“ (Nietzsche), als „Spieler“ (Schiller),
als „Freier in seiner Wahl“ (Jaspers), als „Hypothesentier“ (Popper),
als „Metaphysikbedürftigen“ (Schopenhauer), als „sublimierendes Tier“ (Freud)
und als „Wanderer zur absoluten Idee“ (Herder).
Die kreative Lebenskunst wendet sich an alle Menschen, besonders an Schüler und Studenten,
den natürlichen Verfechtern des Kreativen.
Ihre Kreativität sollte auch in ihre Referate und Hausarbeiten einfließen.
Deshalb werden alle in diesem Buch vorgestellten Methoden der kreativen Ideenfindung
auf die Erarbeitung von Referaten und Hausarbeiten zugeschnitten.
Die von vielen Philosophen beschriebenen Denkmethoden sprengen jedes beschränkte Methodensystem.
Die Methoden des kreativen Denkens regen zum Finden von Ideen an.
Dabei zeigt sich, dass die Prozesse der Ideenfindung im Kreativitätsprozess,
im Leseprozess und im Schreibprozess einander sehr ähnlich sind.
Dazu eine Grafik:
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Ideenfindung im |
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Kreativitätsprozess |
Leseprozess |
Schreibprozess |
1. |
Ideen erfassen |
Eigene Fragen zum zu lesenden Text sammeln |
Ideen sammeln, Thesen aufstellen |
2. |
Ideen entwickeln |
Schnelles Lesen des Textes, um seine Grundidee zu erfassen |
Gliedern der Ideen |
3. |
Ideen darstellen |
Langsames Lesen, um die gestellten Fragen zu beantworten |
Schreiben und belegen der Ideen |
4. |
Ideen überprüfen |
Zusammenfassung der Leseideen durch Beantwortung der Leitfragen |
Die Ideen im Text verbessern und überarbeiten |
Diese Ähnlichkeit in den Methoden des kreativen Denkens lässt sich damit begründen,
dass beim Finden von Ideen in allen drei Denkprozessen in
Phase 1 und 2 die rechte und in
Phase 3 und 4 die linke Gehirnhälfte zum Zuge kommt.
Beim Denken ist also in allen Kreativitätsprozessen erst das Unbewusste und dann das Bewusstsein gefordert.
Zudem sind die von Philosophen beschriebenen Methoden meistens sehr lebens- und alltagsnah.
Sie lassen sich allenfalls als einfache und komplexe Methoden differenzieren.
Das wird deshalb auch in diesem Buch praktiziert.
Da alles Denken auf Barrieren stößt,
werden auch einfache Methoden zur Auflösung von Denkblockaden vorgestellt.
Die vorgestellten Denkmethoden können als ganzer Kurs des „Kreativen Aufstiegs“ (H. Lenk)
in den schulischen oder universitären Unterricht eingebettet werden.
Die Denkmethoden können aber auch als einzelne Übungen in den Unterricht bei jedem Thema einfließen.
Sie sind schließlich aber auch für das Selbststudium von Schülern und Studenten gedacht,
wenn sie zur Entwicklung von Basisqualifikationen im Denken Anstrengungen machen wollen.
Außerdem sollte jeder Leser / jede Leserin diese Methoden ausprobieren,
die ihm zur Lösung eines gerade vorliegenden Themas, auch als Referat oder Hausarbeit, geeignet zu sein scheinen.
Wie man/frau in dieser Denk- und Ideenfabrik arbeiten kann
Die Methoden des kreativen Denkens lassen sich zur Lösung
und zur Produktion vielfältiger Ideen in Schule und Hochschule nutzen.
Allerdings gehört zur kreativen Nutzung das Üben.
Üben heißt: Probleme, die auftreten und bewusst werden, sollten mithilfe der kreativen Denkmethoden gelöst werden.
Es gibt für diese Übung drei Denkwege durch die Ideenfabrik dieses Buches:
Referat oder Hausarbeit
Die meisten Schüler und Studenten suchen anhand eines vom Lehrer oder Hochschullehrer gestellten Referates
oder einer Hausarbeit nach Ideen für ihr Thema. Die Ideenfabrik ist so konstruiert,
dass aufsteigend von einfachen zu komplizierten Methoden,
Ideen zu jedem gestellten Thema in Schule und Universität produziert werden können.
Zu diesem Zweck heißt der erste Weg:
Probieren Sie erst die einfachen und dann die komplexen Denkmethoden aus,
bis Sie genügend Ideen für Ihr Thema gefunden haben.
Wissenschaftliches Lernthema aus jedem Fach
Viele Schüler und Studenten werden durch den Unterricht bzw. das Studium auf Probleme aufmerksam.
Sie fragen dann, mit welchen Methoden sie diese Probleme lösen können.
Der zweite Weg heißt:
Diese Gruppen von Benutzern der Denkfabrik sollten hauptsächlich die einfachen Denkmethoden benutzen,
um sich mit neuen Ideen für ihr Lernthema vertraut zu machen.
Philosophisches Thema aus der eigenen Lebenskunst
Alle Schüler und Studenten werden in Pubertät und jungem Erwachsenenleben
mit einer Vielzahl von existentiellen Problemen konfrontiert.
Oft werden diese Probleme verdrängt oder völlig unmethodisch in gängige Denk-Klischees eingeordnet.
Unsere Denkfabrik gibt mit vielen kurzen biografischen Hinweisen die Ursprünge vieler Denkmethoden
aus den Lebenskrisen großer Denker an.
Der dritte Weg lautet:
Lesen Sie sich durch die ganze Denkfabrik und üben Sie die Methoden,
die Ihnen von Seiten der vorgestellten Denker zur Entwicklung von Ideen
zur Lösung Ihrer existentiellen Probleme passend erscheinen.
Kreative Denkmethoden gehören in jede Schule und in jede Universität.
Die vorliegende Ideen- und Denkfabrik gibt jedem/jeder Lehrer/in und Hochschullehrer/in die Möglichkeit,
Denkmethoden passend auszuwählen.
Mit diesen Methoden können sie dann ihre Schüler und Studenten zu wichtigen Themas ihres Faches Ideen produzieren lassen.
Kurse im kreativen Denken sollten eigentlich in jeder Schule und Universität angeboten werden,
wenn es um die Entwicklung der heutigen Schlüsselqualifikationen „Kreativität“ geht.
Diese Schlüsselqualifikation steht immer im Zentrum der Kunst, das Lernen zu lernen.
Die Schlüsselqualifikation „Kreativität“ wird dem Besucher unserer Denkfabrik bedeutend vertrauter werden.
Viel Spaß bei dem großen Abenteuer des Kreativen Denkens. (S. 7-12)
Selbstgespräche führen
Seit der Antike wird Denken als Selbstgespräch verstanden, so auch bei Platon.
Das Mit-Sich-Sprechen erscheint als wichtiges Medium des Denkens.
Dieses Denken geschieht oft in der Einsamkeit und zeigt,
dass der Denkende in sich gegangen ist und Distanz zur Welt gewonnen hat.
Im Selbstgespräch kommt es auch zur kritischen Abrechnung mit den eigenen Gedanken.
In längeren Selbstgesprächen kommt es zur Ich-Spaltung:
Ich 1 führt die Rede, Ich 2 die Gegenrede.
Innere Erregung und tiefes Nachdenken äußern sich ganz spontan im Reden mit sich selbst.
Das Überführen der inneren Rede über ein Thema in einen äußeren Text
stellt einen wichtigen Schritt in der Abfassung eines Referates oder einer Hausarbeit dar.
(Vgl. Wygotski, L.S.: Denken und Sprechen. Frankfurt 1969)
Selbstgespräche bewusst machen
Do it yourself: Übung:
Beobachten Sie Ihre alltäglichen Selbstgespräche bewusster.
Stellen Sie fest, was für Grundgedanken sich häufig im Selbstgespräch
über Ihr Referat oder Ihre Hausarbeit bei Ihnen spontan einstellen.
Achten Sie darauf, was für Einfälle Ihr Selbstgespräch produziert:
kurz vor dem richtigen Aufwachen, noch im Halbschlaf oder kurz vor dem Einschlafen,
beim Dösen nach dem Essen am Mittag, beim Duschen unter der Brause, beim Joggen usw.
Listen Sie die freien Einfälle auf,
die Sie im Laufe des heutigen Tages im Selbstgespräch über Ihr Thema gefunden haben.
Sie werden sich über Ihren Gedankenreichtum im Selbstgespräch wundern.
Ordnen Sie Ihre Einfälle und benutzen Sie sie für die weitere Arbeit an Ihrem Thema.
Selbstgespräch über Grundlagen
Der chinesische Philosoph Konfuzius (551- 479 v.Chr.), auf dem die gesamte chinesische Philosophie basiert,
versuchte im Selbstgespräch die Grundlagen der Philosophie zu ergründen.
Er berichtet: „Ich habe schon Tag und Nacht über die gerechte Art zu leben nachgedacht,
nichts gegessen und nicht geschlafen. Ich versuchte selbst darauf zu kommen.
Das hat aber keinen Nutzen. Besser ist es, von anderen zu lernen.“(Konfuzius: Gespräche. Stuttgart 1998, 16, 31)
Übung: do it yourself:
Nach vielen ergebnislosen Selbstgesprächen über das Thema Ihres Referates sollten Sie nun genau prüfen,
von wem Sie über Ihr Thema etwas lernen können. Listen Sie diese neuen Quellen zu Ihrem Thema auf.
Dämonische Selbstgespräche
Mit Sokrates (469-399 v.Chr.), dem Lehrer Platons und dem Erfinder des philosophischen Dialogs auf dem Marktplatz,
erweitert sich die Geschichte der Selbstbefragung.
Sokrates stützte sich beim Selbstgespräch immer auf eine innere Stimme.
In seiner Verteidigung vor dem Gericht, das ihn zum Tode durch den Schierlingsbecher verurteilte,
sagte er über seinen inneren Dialog folgendes: „Mir aber ist dieses von meiner Kindheit an geschehen,
eine Stimme nämlich, welche jedes Mal, wenn sie sich hören lässt,
mir von etwas abredet, was ich tun will, zugeredet hat sie mir nie.“
(Platon: Apologie. In: Ders.: Werke. Reinbek ,196o, Bd. 1, S. 22)
Übung: do it yourself:
Schreiben Sie auf, wovon Ihnen Ihr Gewissen bei der Arbeit an einem Referat oder einer Hausarbeit abrät und abgeraten hat.
Stellen Sie auch fest, was wohl die Gründe des Abratens gewesen sein könnten.
Pragmatisches Selbstgespräch
Für Epiktet (5o-12o n.Chr.), dem stoischen Sklaven-Philosophen,
sollte jeder Philosoph beim Selbstgespräch die Machtfrage stellen.
Er sollte sich fragen: Steht das, was ich gerade im inneren Dialog verhandele,
in meiner Macht oder nicht? Steht es nicht in meiner Macht, sollte ich es fallen lassen,
steht es in meiner Macht, sollte ich mich mit ihm weiter befassen. (Vgl. Epiktet u.a.:
Wege zum Glück. München 1991, S. 17)
do it yourself: Übung:
Klären Sie im Selbstgespräch, was im Hinblick auf Ihr Thema in Ihrer Macht steht und was nicht.
Was Sie im Hinblick auf Ihr Thema und Ihre Arbeitszeit nicht leisten können, sollten Sie gleich vergessen.
Gelenktes Selbstgespräch
Der arabische Philosoph Mansur AI-Halladsch (858-922 n.Chr.) entwickelte das gelenkte Selbstgespräch.
Nachts rezitierte er in zwei Einheiten den ganzen Koran auswendig.
Am Tag rezitierte er dann den ganzen Koran in Zoo Abschnitten.
An die Stelle der Konzentration auf den wichtigsten Gedanken im Selbstgespräch,
setzte AI-Halladsch den gelenkten Monolog eines Schlüsseltextes.
do it yourself: Übung:
Wählen Sie für Ihr Referat einen kürzeren Schlüsseltext aus.
Versuchen Sie, ihn auswendig zu lernen. Rezitieren Sie ihn dann dreimal die Woche.
Schreiben Sie dann die damit gewonnenen Erkenntnisse nieder.
Klärendes Selbstgespräch
Der Zweck der Philosophie ist bei Ludwig Wittgenstein die logische Selbstklärung der Gedanken.
Die Philosophie ist für ihn keine, Lehre, sondern Denktätigkeit.
Das Resultat der Philosophie sind nicht philosophische Sätze, sondern das Klären von Sätzen.
In der Philosophie führt deshalb die Frage „Wozu gebrauchen wir eigentlich jenes Wort,
jenen Satz?“ immer wieder zu wertvollen Einsichten.
(L. Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. Frankfurt 1963, S. Zog)
Übung: do it yourself
Schreiben Sie Ihr Thema fünfmal hintereinander auf.
Versuchen Sie dabei das Thema von Mal zu Mal schärfer und klarer zu fassen.
Betrachten Sie dann Ihre klarste Formulierung Ihres Themas und begründen Sie,
warum Sie jedes Wort in Ihrem Thema benutzt haben.
Fragen Sie, was das eigentliche Ziel Ihres Themas war und geben Sie gleich eine Antwort.
Vom äußeren zum inneren Gespräch
Anna Freud (1895-1982), die berühmte Tochter Sigmund Freuds,
entwickelte „ihre Ideen bei Vorträgen,
um danach die Gedanken in einem Zug und praktisch ohne Korrekturen niederzuschreiben.“
(U.H. Peters: Anna Freud. Frankfurt 1984, S. 139)
Übung: do it yourself
Halten Sie jetzt über Ihr Thema in einem lautlosen Selbstgespräch eine kleine Rede.
Stellen Sie sich dabei auch die Adressaten Ihres Referates vor.
Schreiben Sie nach dem Selbstgespräch Ihre Rede in einem Zug ohne Korrekturen nieder.
Denken als Selbstgespräch
Hannah Arendt (1906-1975), die Erforscherin der Ursprünge des deutschen Systems der Konzentrationslager,
versteht Denken als Selbstgespräch. Sie stellt fest:
-
„Das Denken ist die stumme Zwiesprache des Ichs mit sich selbst.
-
Das Denken will ständig denken. Es will die selbstgewählte Einsamkeit der inneren Zwiesprache.
-
Das Denken ist im Zwiegespräch im Nirgendwo. Der Denkort des Zwiegesprächs ist das Nirgends. Die Denkzeit des Zwiegesprächs ist die Ewigkeit.“
(H. Arendt: Vom Leben des Geistes. München 1993, Bd. 1, S. 193ff.)
do it yourself: Übung:
Stellen Sie fest, wo Sie sind, wenn Sie in innerer Zwiesprache über Ihr Referat nachdenken.
Stellen Sie auch fest, was Sie in innerer Zwiesprache über Ihr Referat denken. Schreiben Sie diese Ideen auf.
Griechische Selbstgespräche bei Denkblockaden
Das antike Selbstgespräch der griechischen Philosophen, das leise oder laut geführt wurde,
entwickelte viele Techniken: „Akte der Beherzigung und Bedenkung, vorbereitende Gedanken,
Hilfsgedanken für kritische Denksituationen, Prozeduren der Wissensprüfung,
der Selbstbeobachtung, Selbstbesinnung und der Selbsttröstung.„
(P. Rabbow: Seelenführung. München 1954, S. 196)
do it yourself: Übung:
Klären Sie, welche Fragen im Selbstgespräch Ihnen bei der Findung von Ideen zum Thema hilfreich sein können.
Z.B.:
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Was sollte ich niemals vergessen?
-
Was sollte ich besonders bedenken?
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Wie kann ich mein Denken in Schwung bringen?
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Welche Gedanken helfen mir bei Denkblockaden?
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Wie prüfe ich mein bisheriges Wissen?
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Was sagt meine Selbstbeobachtung zum Thema?
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Wie finde ich Muße für neue Ideen?
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Wie kann ich mich bei Denkengpässen trösten?
Phantasiegespräche bei Denkblockaden
C.G. Jung (1875-1961), der Schweizer Tiefenphilosoph, entdeckte den dämonischen Dialog in der sokratischen Tradition neu.
“Bald tauchte eine Phantasiegestalt aus dem Unbewussten auf.
Ich nannte sie Philemon.
Philemon war Heide und brachte eine ägyptischhellenistische Stimmung in gnostischer Färbung herauf.
Ich führte Phantasiegespräche mit ihm und er sprach Dinge aus, die ich nicht bewusst gedacht hatte.“
(C.G. Jung: Erinnerungen, Träume, Gedanken. Zürich 1962, S. 186)
Übung: do it yourself:
Schließen Sie die Augen. Geben Sie Ihrem inneren Alter-Ego einen philosophischen Namen.
Führen Sie den Dialog mit ihm schriftlich.
Schreiben Sie mit der schreibgewohnten (rechten) Hand eine Frage zu Ihrem Referat auf
und lassen Sie sie von Ihrem inneren Philosophen beantworten,
indem Sie mit der schreibungewohnten (linken) Hand seine Antworten sogleich notieren.
Literatur zum Selbstgespräch
Burnham, C.C.:: Writing from the Inside out. San Diego 1989
Foucault, M.: Sorge um sich selbst. Frankfurt 1992
Hadot, P.: Philosophie als Lebensform. Berlin 1991
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Darmstadt 1995, Bd. 9, Sp. 386-392, Sp. 330-335, Sp. 406-40
Rabbow, P.: Seelenführung. München 1956
Wygotski, L.S.: Denken und Sprechen. Frankfurt 1969 (S. 44-49)